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COARBEGH – Watercolours

~ 2021 (Quixote Music) – Stil: Electronic ~


Vor gut einem Jahr durfte ich in einem aufgelassenen Schwimmbad in Ludwigshafen ein besonderes Konzert erleben. Im heutigen Löschwasserreservoir und gleichzeitig Veranstaltungsraum spielten Philipp Jaehne und Pia Darmstaedter, beide bekannt von den Proggies POOR GENETIC MATERIAL, unter ihrem Projetnamen COARBEGH ein stimmungsvolles Konzert.

´Watercolours´ weckt von daher Erinnerungen. Musik, die dort, teils erstmals, zu hören war, ist hier wiederzufinden. Das macht es mir, der elektronischen Klängen eher nicht nahe steht, einfacher, diese CD zu genießen. Es gibt aber auch wenig Musik dieser Art, die mir wichtig ist. JEAN-MICHEL JARRE war Teil des Soundtracks meiner Jugend. TANGERINE DREAM dagegen stecke ich in eine Schublade mit dem Etikett Meditationsmusik. Ja, das ist ein doofes Vorurteil.

Im deutschen Duden findet sich der Begriff „aufräufeln„. Der beschreibt das Auftrennen eines gestrickten Pullovers und das Wiederaufwickeln der Wolle auf einem Knäuel. Ähnliches machen COARBEGH hier mit ihrer Musik. Zwei Stücke aus der Diskographie der Hauptband POOR GENETIC MATERIAL wurden nämlich für ´Watercolours´ umgestrickt. Zum einen entstammt der Titeltrack dem 2006 erschienenen Album ´Spring Tidings´. Zum anderen wurde den beiden Teilen von ´Absence´ vom gleichnamigen Dreher ein dritter Teil zur Seite gestellt.

Durch den gelungenen Einsatz der Flöte erhält ´Watercolours´ eine gewisse Spannung, die rein elektronischer Musik oft eher abgeht. Die Flöte bringt erst Leben in die Sounds und Teppiche, die Philipp erzeugt. Im Promoinfo ist die Rede von schwebenden Soundscapes und einem faszinierenden Klangkosmos. Dem kann ich wenig hinzufügen. Das Duo erzeugt mit Tönen fließende Bilder, ein wenig verwaschen, wie mit Aquarellfarben aufs Papier gebracht. Diese Bilder zu entdecken fällt mir vielleicht auch etwas leichter, da ich beim Hören natürlich immer wieder auch vor dem inneren Auge das Konzert des letzten Jahres vor mir sehe.

Da erinnere ich mich auch an das damals als Improvisation erstmals aufgeführte ´Hometown Lockdown´. Mittlerweile ist es normal, auch in TV-Serien oder in Songs Bezüge zu Corona zu finden. Im letztjährigen September empfand ich das noch als Neuheit. Dazu kamen die Fotos, die Philipp Jaehne selbst im menschenleeren Ludwigshafen schoss.

Und warum sollte ´Starriver´ nicht als Musik in einem Science Fiction-Abenteuer genutzt werden? Oder ´Area 1´ bei einer Sternenreise in einem Planetarium? Oder ´Throught Hopeful Eyes´ in einer Dokumentation über bedrohte Tierarten?

(7,5 Punkte)

https://www.facebook.com/coarbegh

https://coarbegh.bandcamp.com/music