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A KEW’S TAG – Hephioz

~ 2021 (Magic Mile Music) – Stil: Prog/Rock ~


´Hephioz´ ist bereits das dritte Studioalbum des Trios A KEW’S TAG und lässt die Poppigkeit ihres Frühwerkes weit hinter sich, indem sie ihr aktuelles Konzeptalbum immer wieder in rasante Rauschzustände versetzen. Die drei Bandmitglieder aus drei Ecken der heimischen Republik, aus Bremen, Bonn und München, thematisieren die gewöhnlichen Fragen zur Gegenwart, Fragestellungen zu Herrschaft und Rechenschaft, zum Wissensdurst und zur Wissbegierde, und hadern im ewigen musikalischen Zwiespalt zwischen Traditionswahrung und dem Aufbruch der wahrhaftigen Progressivität.

A KEW’S TAG lassen auf ihren Drittwerk derart die Saiten wilde Funken sprühen, dass die aufziehenden Emotionen kaum zu bändigen sind. Johannes Weik (Gitarre), Julian Helms (Gesang & Gitarre) und Florian Weik (Drums) betonen, ihre Kompositionen im halb-akustischen Gewand aufzuziehen, obwohl in ihnen so viel Energie und Elektrizität steckt – gleich dreifach. Gleichwohl verstecken sich KING CRIMSON und GENTLE GIANT ebenso wie die zeitgemäßen Formationen THE HIRSCH EFFEKT, LEPROUS und HAKEN hinter einem völlig anderen Wohnblock, derweil A KEW’S TAG beobachten, wie ´Hephioz´ in der Wildheit des Noise den Baum des Lebens fällt.

Ein musikalischer Ratschlag aus der Sage über den Feuervogel ´Hephioz´ und dessen Verhängnis, als sich ein tragisches Schicksal ereignet, als Freiheitsliebende sein Reich verlassen wollen, könnte lauten: man nehme eine Prise der wohltuenden Gesangsmelodik von den Prog Rockern SOPHISTREE, glätte sie mit der Fortschrittlichkeit von HAKEN, füge die Wildheit und die magischen Blow-Outs von CIVIL DEFIANCE hinzu und erhalte das Schönste seit SECOND RELATION – so könnten A KEW’S TAG mit ihrem ´Hephioz´ auf der Schulter vor der Tür stehen.

 

 

Feuer Vogel frei: Die kurze Eröffnung ´T. R. U. T. H.´ eruptiert umgehend aus der Lieblichkeit heraus in der Garstigkeit des noisigen Lärms. Etwas Hochgesang noch und ein Klavierakkordanschlag beschließt bereits das kleine Stück. Musikalischer Wahnsinn hat einen neuen Namen: A KEW’S TAG. Denn auch im ´Prologue: The Congregation´ scheinen die Finger solange verrückt zu spielen, ehe es der Gesang lieber vorzieht, mitzumischen.

Sogar das Schlagzeug will sich hernach mit heftigen Schlägen im instrumentalen ´[Synopsis]´ – wenngleich es eigentlich heißt „And now the story begins…“ – in den Vordergrund drängen, doch die Saiten sind blitzschnell und frickeln sich ein Wirrwarr-Labyrinth zurecht. Ein echter Liebreiz strahlt zugleich fortwährend aus ´Allure´ heraus, allerdings steigt der Titelsong ´Hephioz´ mit omnipräsenten, schnellen Akustikgitarren weitaus weiter Richtung Wolkenschönheitsklang („Rising high I imagine that life is multiplying, growing strong I imagine my soul is set on fire.“).

Noch am ehesten auf Sichtweite zum Indie Rock wandelt ´Building Stravozphere´, abermals mit fantastischem Gesang gesegnet. Irgendwann explodiert sodann in ´Metamorphioz´ gar das Gemisch aus Violine und Gesang. Dagegen gibt ´The Phi Oziris´ den Anschein von einer gewissen Ruhe, die allerdings in aller Verspieltheit in unerwartete Richtungen irrsinnig ausströmt, um zum Ausklang Stadionchorgesang („Shame does not matter in death.“) zuzulassen. Wahres Gitarrengefrickel darf bei ´Calling-Nemesis´ neben dem wiederholt unbezwingbaren Gesang zu Wort kommen.

´To Reveal A Grieving Goddess´ singt sich zum Percussion-Geklopfe aus der Ruhe in den Sturm („Sing to me!“). Sinfonisch fasst die Komposition neuerlich Fuß, ehe die Lullaby-Melodie („Rest now close your eyes my child, the night will come with wisdom.“) auszurasten droht und zum Orkan heranwächst. Letztmalig wächst schließlich der Rauswerfer ´Epilogue: The Firebird’s Legacy´ zu einem Monster an. Der zweite Anlauf, aus der kurzen Stille aufbrausend, endet in einem sinfonischen Overkill und schwarz-weiß getünchtem Gekreische. Ohnmacht. Dreifaltige Stille.

A KEW’S TAG sind das Lieblichste und Garstigste, das dem Hörer mit Schwingen über die Schwelle gehüpft ist. Wie Phönix aus der Asche auferstanden, tanzen A KEW’S TAG im gleißenden Sonnenlicht.

(9,5 Punkte)

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