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CALLIOPHIS – Liquid Darkness

~ 2021 (Solitude Productions) – Stil: Death Doom Metal ~


Die Leipziger Korallenottern sind, genregemäss nach einem kaltblütigen Abstand von vier Jahren, zurück mit ihrem dritten Gelege, und dürften damit wieder alle Doomster erfreuen, die sich geschmacklich zwischen Death und Funeral Doom mit Fokus auf Atmosphäre, Melodik und extremer Heavyness verorten. Ihr Zweitwerk ´Cor Serpentis´ hat uns, wie hier zu lesen, bereits 2017 sehr gut gefallen und schon damals die stilistische Grundlage gelegt, auf der CALLIOPHIS nun mit ´Liquid Darkness´ weiter aufbauen konnten.

Die Band hat sich erneut gehäutet, der harte Kern ihrer Besetzung ist jedoch gleich geblieben, und das hört man den abermals sechs Songs auch an; sie kommen deutlich selbstbewusster, fokussierter und bei aller Verspieltheit zielgerichteter aus den Boxen, ohne die ihnen eigene Freude am Suchen und Ausprobieren neuer Wege und Windungen zu verlieren.

Nichts geändert hat sich jedoch in Punkto Geschwindigkeit. Ohne jegliche Eile wird schleppende Langsamkeit ausgiebigst und detailverliebt in überlangen Stücken zelebriert, werden Stimmungen ausgelotet (allein der langsame Aufbau des einleitenden Titelstücks!), die sich stets um die zehn Minuten Laufzeit einpendeln, eher melancholisch und düster als wütend sind und trotzdem – wie ihre tierischen Namensgeber – eine ordentliche Dosis Gift versprühen, welches das Opfer lähmend einlullt und scheinbar ewig in einem Traumzustand hält, anstatt bloss mit einem schnellen Biss zu töten.

 

 

Der Schwerpunkt wird bei CALLIOPHIS stets auf Atmosphäre gelegt, und es ist weiterhin das Dreigestirn aus Drums, Gitarre und Gesang, die diese erzeugt, verdichtet und um das sich alles dreht. Genauso wie das Spiel von Schlagzeuger Florian noch freier und vielfältiger wurde, schwingen sich Matthias‘ so packende wie schwebende, vielfältig schimmernde Gitarrenmelodien schwelgerisch und sehr lyrisch in die Höhe und setzen den deutlichen Kontrastpunkt zu Thomas‘ tief gegrowlten, doch stets artikulierten Vocals, die sich weiterhin um literarische und märchenhafte Themen ranken.

Das Quartett ist bei „Solitude Productions“ perfekt aufgehoben, sind sie doch deutlich mehr Funeral als Death Doom, jedoch ohne so abyssal wie beispielsweise AHAB zu sein, und weder so bodenlos verzweifelt wie die nordischen, noch so selbstbezogen wie die britischen Genregrössen, sondern fügt seinen Erzählungen mit einer gewissen gothisch-verhallten Kühle die Position des distanzierten Beobachters aus einer anderen Zeit hinzu. Absolute Heavyness paart sich mit einer schwebenden Leichtigkeit und nie versiegenden Hoffnung in der verflüssigten Dunkelheit, nein Schwärze; wie dicke, zähe Molasse, die an dir haftet, dich festhält, ein Fortkommen unmöglich macht, und dich schliesslich zu Boden zieht und den Slow Death sterben lässt – aber nicht ohne dass du zuvor von ihrer himmlischen Süße gekostet hast. Denn was die Leadgitarre hier abliefert, lässt sich nicht besser als mit „celestial“, überirdisch-sphärengleich beschreiben, scheinbar endlos suchend, spiralig kreiselnd, ohne jedoch psychedelisch zu werden, setzen sich ihre Melodien direkt im Ohr fest. CALLIOPHIS liefern damit den Soundtrack zu einer hypnotischen inneren Reise, die dich bei jedem neuen Spin in eine andere (Un)Tiefe deines Bewusstseins schicken wird, und damit gleichzeitig eines der Genrehighlights diesen Jahres ab.

(7,77 Punkte)

 

 

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