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STREET KOMPASS Juli 2021

Einen kurzen Gruß …

… wollen wir in diesem Sommermonat aussenden. In der Hoffnung, Euch vor, im oder bereits nach dem Urlaub noch zu erreichen, haben wir natürlich auch aktuell einen Kompass zusammengestellt, der vielleicht nicht die Masse seiner Vorgänger aufzubieten hat, aber dennoch ein gehöriges Entdeckerpotential in sich trägt.

Also, genießt die Sonnenstrahlen, solange sie in diesem Sommer scheinen, und gönnt Euch ein paar Getränke zum Hören neuer Scheiben. Anregungen findet Ihr allein auf dieser einen Seite genügend.

 

 

M o n a t s h e r r l i c h k e i t

 

 

 

Q u i c k – R e v i e w s


SUSAN AQUILA – Susan Aquila
2021 (26 Records/Sony Music) – Stil: Rock

Im Info wird fabuliert, wer Susan Aquila gerne wäre. Sie sieht sich als Eddie van Halen der Geige. Nun hat Geigerin, Cellistin und Sängerin Susan Aquila ein Album am Start, und gleich bei „Sony Music“.

Bei ihren eigenen Songs fällt es noch gar nicht mal auf, wo es hapert. Auch wenn ´No, I’m Not That Kinda Girl´ eher an ABBA erinnert als an Rock, ein bisschen gibt sie sich wie eine Diva, eine Göttin. Und spielen kann Susan, technisch versiert, aber es fehlt das Feeling. Das spürt man spätestens bei ´I Can’t Explain´, dem völlig die Rebellion abgeht. Ebenso ist ´Jump´ saft- und kraftlos. Und an ´Eruption´ hat sie sich völlig verhoben.

So bleiben acht eigene Stücke, die Melodic Rock-Fans mal antesten dürfen. Aber, auch wenn die Dame gern VAN HALEN wäre, kann sie ihnen kaum das Wasser reichen. Da hilft auch die Mitarbeit von Cracks wie Rod Morgenstein oder Billy Sheehan nicht.

(6,5 Punkte – Mario Wolski) – https://www.facebook.com/susan.aquila.3


SONNY BURGESS – Rocks
2021 (Bear Family) – Stil: Rock’n’Roll

Albert „Sonny“ Burgess (1929-2017) war der Sonnyboy unter den Akteuren des Rockabilly und des Rock’n’Roll.

Seit den Fünfzigerjahren als Studiokünstler bis in die letzte Dekade aktiv, ist es ein schwieriges Unterfangen, sich nur auf die Höhepunkte und zentralen Momente seiner Karriere zu konzentrieren. Wie üblich beinhaltet eine Veröffentlichung der „Bear Family“ jedoch auch Raritäten.

Die Studioversion von ´Spellbound´ aus Arkansas erscheint hiermit erstmals auf einem Silberling. Dazu kommen Aufnahmen für „Sun Records“ mit alternativen Versionen, aus Nashville („Moondog Studios“) sowie die „New-England-Sessions“ mit Dave Alvin (THE BLASTERS). Rockabilly-Nummern entstammen hingegen seinem in Chicago produzierten Album. Zudem könnte Sonnys Version von ´My Heart Is Achin‘ For You´, dieser Chart-Hit von Rosie Flores, mancherorts zu großem Entzücken führen.

(Michael Haifl)


CHAIN REAKTOR – Homesick
2021 (Freia Music) – Stil: Progressive Rock

Na, das beginnt doch schonmal bombastisch gut mit Chören, Percussion, Retrokeyboards, Gitarren und vielen erhebenden Momenten. Sofort stellt sich ein fröhliches Neoprogfeeling ein, welches durch entsprechende Instrumentierung und die darüber schwelgenden Gesangsmelodien verstärkt wird und eine eigene Identität neben Szenehighlights wie IQ, PENDRAGON oder LANDMARQ vorweisen kann.

Eine gewisse Dosis Härte sorgt zwar nicht gleich für den Einstieg in die Progmetalebene, verleiht dem Ganzen jedoch mehr Drive und Wumms als hunderte andere Neoprogcombos vorzuweisen haben, die einfach nur „nett“ sind. Das Debüt des niederländischen Familienunternehmens der Brüder Bart & Arjan plus Papa Erik Laan hat einfach alles, was das Herz begehrt, auch wenn der an sich gute, klare Gesang mit einem charakteristischeren Organ für mich als Fan außergewöhnlicher Stimmen das I-Tüpfelchen gewesen wäre. Doch Klasse, Abwechslung, aufregende Songs voller Emotionen, gefühlvollen Gitarrenthemen und herrlichen Sounds sorgen für kurzweilige Unterhaltung und somit ist ´Homesick´ eine Pflichtübung für den geneigten Genießer.

Ein rundum wirksames Mittel gegen Heimweh nach wirklich gutem Progressive Rock, welches als einzige Nebenwirkung eine Kettenreaktion an Glücksgefühlen beim verzauberten Hörer verursacht.

(Less Lessmeisster) – facebook.com/chainreaktorchainreaktor.bandcamp.com


DE ARMA – Strayed in Shadows
2021 (Trollmusic / SPKR) – Stil: Independent Metal Wave Rock

Auch in der warmen, hellen Jahreszeit braucht das Individuum zuweilen düsterschöne Klänge. Spätestens seit den IDLE HANDS (jetzt: UNTO OTHERS) hat der ein oder andere über den Tellerrand geschaut und möglicherweise festgestellt, daß Bands wie THE CURE mehr zu bieten haben als Poplieder über Liebeskatzen oder die NEW MODEL ARMY weitaus mehr kann, als Hüpfmusik für springbereite Indies. Aufbauend auf den unkommerziellen Wurzeln von Genre-Klassikern wie diesen beiden Combos als auch den Weltenwandlern THE END OF MUSIC, von denen ich dreist die in den 80ern ersonnene Stilbeschreibung entliehen habe, entstehen neben stimmungsbedingtem Zwei-Akkorde-Schrammeln auch wunderschöne Darkwaverock-Perlen – versetzt mit einer Prise mehr Rock und Gitarrenkunst á la ANATHEMA oder KATATONIA – die sich viel Abwechslung innerhalb der melancholischen Songs nehmen und sogar eine unbekannte Muse zum Strahlen bringen. Wer also nicht unbedingt das mehr an „Metal“ im direkten Vergleich zu den Eingangs erwähnten Shooting-Stars benötigt, wird mit diesem Album der beiden Schweden Andreas Pettersson (Gesang, Gitarre, Bass) und Johan Marklund (Drums, Keyboard) mehr als zufriedengestellt und erhält einen Trip in die schönsten Gefilde düsterer Musik.

Verpackt in einem Cover von Ariel ZB, welches das Herz eines jeden anspruchsvollen Graphic-Novel-Art Fans höher schlagen lässt, ist ´Strayed In Shadows´ gerade mein Underground Geheimtipp.

(Less Lessmeister) – facebook.com/dearmaswedearma.bandcamp.com


FRIISK – …un torügg bleev blot Sand
2021 (Vendetta Records) – Friesen-Black Metal

Ach, wie sehr sehne ich mich nach dem Meer! Der tosenden Wildheit, dem kräftigen Wind, den an- und abrollenden Wellen und der schier unendlichen Weite. Wem es genauso geht und wer auf klassischen, sprich 90er deutschen Black Metal mit Melodie, Drive, Druck und ganz viel Atmosphäre steht, sollte beim Debüt dieser fünf Friesen zuschlagen, denn sie fangen die ständig wechselnde Stimmung der Nordseeküste im Laufe der Jahreszeiten ganz wunderbar ein, und spiegeln die Läufte des menschlichen Lebens dagegen – naturgemäß vor allem deren düstere Seiten. Sturm und Regen, Blastbeats und verzweifelt bis aggressiver Gesang stehen für leidvolle Erfahrungen wie Verwüstung, Krankheit und Tod, und so ist jedes Lied eine Geschichte für sich. Erzählt werden diese übrigens auf Deutsch, Saterfriesisch und Plattdeutsch, was den starken folkloristischen Einschlag noch verstärkt. Aufgenommen und produziert wurde in Andy Rosczyks Goblin Sound Studio, und das hört man auch jede Sekunde – für Fans von ULTHA und WITTR auf der einen, aber vielleicht noch mehr NAGELFAR oder frühen SECRETS OF THE MOON auf der anderen Seite ein Pflichtkauf!

(7,5 Punkte –  U.Violet) – https://www.facebook.comhttps://friisk.bandcamp.com


THE GASÖLINES – Cannonball Run
2021 (Independent) – Stil: Punk’n’Roll

Wenn man Benzin im Blut hat, gerade aber kein Auto zur Verfügung, und auch sonst nichts zu tun, dann kann man auch Musik machen. Das dachte wohl auch das norwegische Quartett THE GASÖLINES. Und sie zeigen uns, was dabei rauskommt.

Wenn man die Jungs so hört, die haben nicht nur kein Auto zur Verfügung. Die ´Autobahn Outlaws´ sind wohl auch schon zu oft mit überhöhter Geschwindigkeit angehalten worden. Diesen Temporausch bekommt dann eben auch der Hörer zu spüren. Ein Mix aus MOTÖRHEAD und den RAMONES, eine Prise Rockabilly, das rauscht durch die Lauschlappen. Die Oberarme sind dazu noch mit Rosen tätowiert. Der Fuß steht auf dem Gaspedal. Der ´Speed Freak´ aus der ´Rebell Garage´ ist nicht mehr zu bremsen. Nur der ´Whiskey Blues´ beginnt kurzzeitig mit einem akustischen Bluespart, um dann, von Alkohol berauscht, durch die Lande zu fegen.

Weiter gehts, auf zur nächsten Runde, anschnallen und Auen schließen und ´Go! Go! Go!´

(7 Punkte – Mario Wolski) – facebook.com/thegasolinesrock


COLIN HAY – I Just Don’t Know What To Do With Myself
2021 (Lazy Eye Records) – Stil: Covers

Sommerferien-Ferienlager-Lagerfeuer.

Und wenn die Hände der Gitarristen verkrampfen, die Stimmen erlahmen, man am Lagerfeuer dennoch die passende musikalische Untermalung haben möchte, kommt, ganz wie früher, der batteriebetriebene Brüllwürfel zum Einsatz.

Auflegen könnte man COLIN HAY. Der Sänger und Gitarrist der arbeitenden Männer von Down Under, der späterhin auch Teil von RINGO STARR’S ALL STARR BAND war, hat sich hier ungeplant aber nicht planlos, ganz entspannt und ferientauglich, ein paar seiner Lieblingslieder angenommen. Akustische Gitarren, Piano, sparsame Drums und Percussions, hin und wieder Streicher, wenn es sein muss eine Mundorgel, die Begleitung ist gleichzeitig opulent und schlicht. Da steht der Song im Zentrum, neben der rauchigen Stimme des Interpreten. Keiner muss sich etwas beweisen. So schallt es ´Oh La La´, hier klingt COLIN wie der junge ROD STEWART, durch den ´Norwegian Wood´ und die ´Waterloo Bridge´ führt ´Across The Universe´. Warum behauptet da wer, dass er nichts mit sich anzufangen weiß?

Klein aber fein, dieses Album. Und wo ist jetzt das verflixte Feuerzeug?

(8 Punkte – Mario Wolski) – facebook.com/ColinHayMusic


IMPACT – Initial Impact
2021 (Savage Records) – Hard Rock/Heavy Metal

Kurz vor der Coronakrise, im Februar 2020, wurde IMPACT gegründet. Die vielfältigen, selbstgenannten Einflüsse in Form von MÖTLEY CRÜE, AC/DC, METALLICA, WHITESNAKE, RAGE AGAINST THE MACHE und GOTTHARD tragen nicht gerade dazu bei, auf solide Mucke hoffen zu können. Das klingt eher nach einer Bierzelt-Party-Band.

Die sieben Eigenkompositionen wirken dann auch ziemlich Party-affin aufgebaut. Die klassischen Achtziger Metal-Disco Vorgaben werden hier komplett erfüllt. Mitgrölen, bangen, Bier über die Tanzfläche verteilen. Party on sozusagen. Die Songs kommen einem alle bekannt vor, auch wenn sich die fünf Herren sehr bemühen, eigenständig zu klingen.

Zudem hat man mit einen Joe Hanson eine Sänger, der zwar gefällt und vielseitig agiert, aber der dann auch nach drei/vier Songs irgendwie nervt. Dazu klischeebehaftete Songtitel wie ´Motherfucking Outlaw´, ´Faster´n Higher´, ´Friday Night´, ´Hangover´ oder ´Funky String´ – das komplette Klischee wird erfüllt. Ob ein äußerst nach MÖTLEY CRÜE verdächtiges ´Friday Night´, oder das an METALLICA erinnernde ´Funky String´ – alles hat dieses „peinlich“ bis „unterhaltsam“ Flair.  Nee Jungs, trotz allem Herzblut, das da drinsteckt, mehr Eigenständigkeit wäre schon nützlich.

(5 Punkte – Jürgen Tschamler)- https://www.facebook.com/officialimpactband


INNERSIEGE – Fury Of Ages
2021 (No Dust Records) – Stil: US-Power (Prog) Metal

Satte neun Jahre ließ der Ami-Fünfer auf den Nachfolger warten. Wie schon auf dem Vorgänger liefert man auch auf seinem zweiten Streich US Power Metal mit leichten europäischen Akzenten und einer nicht zu unterschätzenden progressiven Note. Handwerklich alles sauber gemacht.

Wo sich die Geister etwas scheiden könnten ist der Gesang von Jeremy Raym, der bei manchen Power-Passagen nicht die nötige Stimmgewalt besitzt um den Kompositionen den letzten Kick zu verleihen. Die Doppelgitarrenwand zeigt immer mal wieder sehr kompetent ihre Wucht und mit welcher spielerischer Klasse man agiert. Schön zu hören beim Instrumental ´Iron Lotus´ oder dem flotten ´Fire Wind´.

Wo die Prog-Elemente etwas mehr zum Tragen kommen, wie bei ´Stronghold´ oder ´World Of Darkness´, harmonieren diese prächtig mit den tighten Power Metal Gitarren. ´Fury Of Ages´ hat einige sehr überzeugende Momente, kann diese Qualität aber nicht auf der gesamten Länge aufrecht erhalten. Dennoch ist das Album für Power Metal-Fans mit höheren Ansprüchen ein Nice-to-Have.

(7 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://www.facebook.com/innersiege  https://www.facebook.com/nodustrecords


KILLER SOULS – Reckoning
2021 (Ragnarök Records) – Stil: Thrash Metal

Auch in Costa Rica wird gethrasht. Das weiß der gutinformierte Thrasher inzwischen allzu gut. Das liegt auch viel an „Ragnarök Records“, die sich den Trüffelschein-Status in Sachen Thrash Metal aus Südamerika hart erarbeitet haben. Bei KILLER SOULS hat man wieder mal ein feines Näschen gehabt. Nach einer EP aus 2017 schiebt man nun einen satten Thrash Metal-Boliden nach, der dem Genre zwar keine Neuerungen bringt, aber den Thrash Metal-Fan mit einer sauberen Breitseite zu überzeugen weiß.

Der kurzweilige Acht-Tracker ist gut produziert und überzeugt mit einer rasenden Gitarrenarbeit. Zwar liegen die musikalischen Referenzen ganz klar in den späten Achtzigern, aber dennoch wirken die fünf Jungs recht erfrischend mit ihrer unvoreingenommenen Spielweise. Zwischen kapitalen Hackorgien finden sich immer wieder schön eingebaute melodische Passagen. Ein bisschen frühe DESTRUCTION, etwa KREATOR, so wie die üblichen Amiverdächtigen haben im Sound Einflüsse hinterlassen. Nummern wie ´Death Race´, ´Sick Society´ oder ´Knight Of The Dark Wishes´ sind kleine Wutbrocken mit sehr prägnanten Bangerriffs. Ein rundum guter Einstand, der zwar keine neuen Impressionen in Sachen Thrash Metal bringt, aber supersolide eingeschmiedet wurde und Laune macht.

Wie schon öfters, hat das Label nur eine kleine 300er Auflage rausgehauen, so dass es heißt, sich bei Interesse zu beeilen. Da die CD inkl. 16-seitigen Booklet auch preislich äußerst fair angeboten wird (12 Euro plus 1,70 Euro Porto), kommt der interessierte Thrasher nicht um einen Kauf herum. Support the Underground.

(7,5 Punkte – Jürgen Tschamler) – http://www.ragnaroek-records.com


BERNARDO LANZETTI – Horizontal Rain
2021 (SnV) – Stil: Rock

Dem geneigten Anhänger progressiver Töne dürfte BERNARDO LANZETTI vielleicht schon untergekommen sein. Er war Mitbegründer von ACQUA FRAGILE und sang später bei den legendären PFM. Mit ihnen spielte er drei Alben ein, unter anderen ´Jet Lag´. Danach widmete er sich seiner Solokarriere. ´Horizontal Rain´ ist das 18. Album, Best Of und Live-Werke mitgezählt, unter eigener Flagge. Während seine Ex-Kollegen von PFM zuletzt eine Art anspruchsvollem AOR zelebrierten, geht Bernardo (ohne wirklich proggen zu wollen) deutlich vielschichtiger zu Werke. Seine vielseitigen Songperlen wildern in allen Zeiten und Stilen. ´Heck Jack´ kommt als bläsergetriebener Funk, im Jazz Rock wildert ´Lanzhaiku´ und ´Time Is King´ klingt wie 80er Jahre DAVID BOWIE. Das italienisch vorgetragene ´Ero Un Num Ero´ verströmt opernhafte Dramatik.

Kurz gesagt, Bernardo Lanzetti kann schon was. Ein paar prominente Helfer konnte er sich auch sichern, etwa Tony Levin oder Derek Sherinian. So hat man hier ein Scheibchen, das der aufgeschlossene Hörer auf die Checkliste setzen sollte. Selten hat Regen so viel Freude bereitet, wie dieser ´Horizontal Rain´.

(7,5 Punkte – Mario Wolski) – https://www.facebook.com/BernardoLanzetti


RAY LEMA & LAURENT DE WILDE – Wheels
2021 (Gazebo) – Stil: Jazz / Piano

Ausnahmepianist trifft Ausnahmepianist. Der 75-jährige Komponist RAY LEMA trifft den 60-jährigen Jazz-Pianisten LAURENT DE WILDE. Lema lebt seit 40 Jahren in Paris und hat über 20 Alben veröffentlicht. De Wilde spielte weltweit unzählige Konzerte und schrieb für Theater und Film. Lema arbeitete schon mit STEWART COPELAND, JOACHIM KÜHN oder ARCHIE SHEPP, De Wilde unter anderem mit GREG OSBY, REGGIE WORKMAN, RALPH MOORE und ALDO ROMANO zusammen.

Vier Jahre nach ´Riddles´ treffen RAY LEMA & LAURENT DE WILDE bei ´Wheels´ nochmals in alter Frische mit zwei Steinway-Klavieren aufeinander. Für eine reizvolle musikalische Exkursion durch die Vielfalt des Jazz versprühen sie auch wunderbar Blues und Tango, Ragtime und Walzer sowie obendrein Reggae und afrikanische Klänge. Die musikalische Reise führt uns u.a. nach Äthiopien (´Abyssinight´), nach Zentralafrika (´Lubablue´), in die Karibik (´Poulet Bicyclette´) und nach Nordamerika (´I Miss You Dad´).

Außergewöhnlich.

(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/raylemaofficiel


PHILIPPE MOURATOGLOU – Ricercare
2021 (Vision Fugitive) – Stil: Jazz / E-Musik / Folk / Chamber Music

Kammerprojekt die Zweite: der große Jazz-Gitarrist PHILIPPE MOURATOGLOU spielt abermals mit Schlagzeuger RAMON LOPEZ und Bassist BRUNO CHEVILLON. Auf ´Univers – Solitude´ folgt drei Jahre später in diesem Jahr ´Ricercare´, ital. für „suchen“ oder „erforschen“.

Der Multiinstrumentalist PHILIPPE MOURATOGLOU spielte bereits mit LINEA ET ALMA VIVA, dem L’ORCHESTRE PHILHARMONIQUE DE STRASBOURG und dem L’ORCHESTRE OCCITANIA zusammen. Selbst sein Duo mit dem Klarinettisten JEAN-MARC FOLTZ konnte große Erfolge erreichen, ehe es zum PHILIPPE MOURATOGLOU TRIO kam.

Gemeinsam mit RAMON LOPEZ und BRUNO CHEVILLON verlässt PHILIPPE die Gewässer des Jazz, ohne ihn zu verwässern. PHILIPPE bleibt bei seinen Arbeiten ohnehin nie hinter den großen Erwartungen zurück. Er spielt auf sechssaitigen, zwölfsaitigen, klassischen oder Bariton-Modellen und ist bekannt für seine Open Tunings.

´Ricercare´ bespielt die große Leere zwischen E- und U-Musik. Gemeinsam überschreitet das Trio die Grenzen und findet sich in der Folk- und Kammermusik wieder. ´Ricercare´ ist ein herausragendes Werk, angefangen bei dem Cover-Artwork und dem begleitenden Booklet.

(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/philippemouratoglouguitare


NEUMATIC PARLO – Random Toaster (EP)
2021 (Unique Records/ Groove Attack) – Stil: Neo Psych Pop

EPs sind en vogue. NEUMATIC PARLO präsentieren nach der Vier-Track-EP ´All Purpose Slicer´ aus 2020 mit ´Random Toaster´ eine Fünf-Track-EP. Während die Düsseldorfer auf ihrem letzten Werk eher den Post Punk aus den Achtzigerjahren in die Gegenwart retteten, ist es diesmal vielmehr der Psychedelic Pop in seiner Neo-Variante.

Das männliche Quartett geht in die trockene Tiefe, mit Gitarre und Percussions, lässt sich auf den Wellen treiben, um am Ende jeglicher Atmosphäre ihren freien Lauf zu lassen. Vielleicht von Angst und Zweifeln getrieben, klingt die Melancholie voll durch – und echt.

(7 Punkte – Michael Haifl) https://www.facebook.com/neumaticparlo/

https://parloneumatic.bandcamp.com/album/random-toaster-ep


OFF THE CROSS – Enjoy It While It Lasts
2021 (Independent) – Stil: Exciting Metal

Was macht man, wenn man gerade voll angepisst ist, Dampf ablassen will und dazu den Drang verspürt, metallisch-rhythmisch bangend das Tanzbein zu schwingen? Man lockert die Nackenmuskulatur, legt das zweite Album der Belgier OFF THE CROSS auf und beantwortet sich selbst nur noch die Frage: Ist diese Musik schon wieder zu gut und melodisch für die vorzufindenden Death-/Black Metal-Vocals oder macht das gerade den Reiz aus? DEATH STARS ohne AC DC – “Hoi!“, THE KOVENANT und SAMAEL treffen tanzbar black’n’rollig auf CORROSION OF CONFORMITY und treten dich regelrecht von der Couch – mit ganz eigener Note. Es groovt, es rifft, es bollert, es thrasht, es donnert – du bangst, du moshst, du tanzt – so geht Dampf ablassen 2021. Sehr gelungen immer wieder die eingestreuten Parts zwischen kitschlosem Bombast, Atmosphäre und leichter Epik. Für alle Freunde von DEAD CAN DANCE oder FAITH AND THE MUSE mit holdem Sirenengesang gibt’s als Überraschung das beschwörende, sich zum Höhepunkt steigernde ´This Too Shall Pass´ mit Gast Fabienne Erni (ELUVEITIE) als absolutes Bonbon obendrauf und auch einen Tarantino-Smasher namens ´Blackbox´.

OFF THE CROSS haben es geschafft, ein wirklich aufregendes, eigenständiges, so ganz anderes Metalwerk rauszuhauen, dessen Musikalität die Heavyness keineswegs verweichlicht.. Captain Picard würde sagen: „Energie!“ Enjoy it while it lasts!

(Less Lessmeister) – facebook.com/offthecrossbandwww.offthecross.be


DE PRESS – Block To Block
1981/2021 (
Apollon Records) – Stil: New Wave

Sie waren zu Beginn der Achtzigerjahre eine kleine Kult-Band: die Norweger DE PRESS.

Ihr Debüt ´Block To Block´ bescherte ihnen bereits den Durchbruch. DE PRESS, Andrej Nebb, Ola Snortheim und Jørn Christensen, musizierten voll im Zeitgeist des New Wave und Post Punk. Ohne einen lauen Moment wurden alle Anhänger von JOY DIVISION, THE CURE, BAUHAUS oder MAGAZINE beglückt.

Der Gesang des polnischen Sängers Andrej Nebb verlegt jedoch die Musik von DE PRESS, den Sound des Kalten Krieges in den Ostblock. DE PRESS waren somit die beste Ostblock-Post Punk-Band, die in Norwegen zu verorten war – oder anders ausgedrückt: DE PRESS spielten allerbesten Pseudo-Russian New Wave. Schwer kultverdächtig.

(Michael Haifl) – https://depress1.bandcamp.com/music


DE PRESS – Product
1982/2021 (
Apollon Records) – Stil: New Wave

Ein Jahr später waren DE PRESS bereits als die polnisch-norwegischen JOY DIVISION anerkennt. Derweil die Angelsachsen fortwährend eine neue Gruppe nach der anderen ins Rampenlicht stellen wollten, konnten DE PRESS nochmals ihre ganze Klasse beweisen und beinahe an den Überraschungserfolg ihres Vorgängers anknüpfen. DE PRESS wurden innerhalb Norwegens zu einer der einflussreichsten Formationen dieser Stilistik. Kultverdächtig.

New Wave- und Post Punk-Anhänger müssen also bei ´Block To Block´ und ´Product´ aufhorchen. Die Wiederveröffentlichung durch „Apollon Records“ auf CD und LP dürfte aktuell insbesondere bei einer Vinyl-Limitierung von rot und weiß (je 500 Stück) für mehr als ein leichtes Zucken in Richtung Geldbörse sorgen.

(Michael Haifl) – https://depress1.bandcamp.com/music


REBEL PRIEST – Lost In Tokyo
2021 (Batcave Records) – Stil: Heavy Metal Rock`n`Roll

Das Vancouver Trio REBEL PRIEST kann inzwischen auf drei Longplayer zurückblicken und schiebt nun mit ´Lost In Tokyo´ eine neue EP mit vier Songs nach.

REBEL PRIEST stehen für rotzigen Heavy Metal Rock`n Roll, der hier und da auch punkige HANOI ROCKS-Einflüsse mit sich führt. ´Back Alley Blues´ seht dafür stellvertretend. Nette Nummer. Ein Rohrkrepierer ist dagegen der Lahmarsch-Track ´Vulgar Romance´, der 08/15-mässig nervt. Dagegen wirkt das SLASH PUPPET-Cover von ´When The Whip Comes Down´ schön dreckig und versaut.

Der Gewinner des kurzen 4-Trackers ist ganz klar der Titeltrack. Rotzig, frech, roh und wild mit einen Ohrwurmnote versehen, liefert man eine sehr amtliche Nummer, die dem Begriff „Heavy Metal Rock`n`Roll“ in jeder Sekunde gerecht wird. Hätte die EP mehr Songs dieser Qualität, dann wäre das eine klare Empfehlung. So wirkt der Release nicht wirklich überzeugend. Schade.

(5 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://www.facebook.com/rebelpriestofficia


SILENT DAWN – Asylum
2020 (M&O Music) – Stil: Death Metal

Seit über anderthalb Dekaden existieren SILENT DAWN, dennoch wahren die, die aus der Stadt Brest kommen, eine gewisse Anonymität. An die Öffentlichkeit trauen sie sich nur ab und zu in Form eines Albums.

2020 ist es das zweite Mal, dass sie – nach ´Kleptocracy´ – mit ´Asylum´ aus ihrer Blase heraustreten. Mit gutturalem und ohne Klar-Gesang bleiben sie der Tradition behaftet. Melodic Death Metal braucht daher nicht unbedingt erwartet werden. Hier hauen SILENT DAWN einfach auf die Nuss. Nur selten zeigen sich gewisse Tendenzen zum Black Metal, wenn sie wie ihre Landsleute KHAOS-DEI agieren. Ansonsten sind SILENT DAWN schlichtweg geradlinig und ohne große Schnörkel. Somit gibt es Death Metal aus der Speisekammer für den Esstisch – für alle, die es französisch gesungen lieben, zwischen GOJIRA und LAMB OF GOD, so sagt es die Band. Mahlzeit.

(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/SilentDawnOfficial


SILURIAN – Descenders
2021 (Independent) – Stil: Gloom

Back to the 80ies sind ja momentan viele unterwegs, so auch dieses neue Duo, bestehend aus AHABs Christian Hector und der jungen belgisch-amerikanischen Sängerin Emilia Sherman. Von ihnen selbst als „Gloom“ betitelt, findet sich der Hörer in einem selbstbewussten Dark Wave-Ambient-Dream Pop-Soundtrack wieder, der gut einen dystopischen Sci-Fi-Film aus Zeiten, in denen Animation noch echtes Handwerk war, begleiten könnte, und mit seinem hohen Synth-Anteil daran erinnert, dass als „Elektronik“ damals sowohl entsprechend erzeugte Musik als auch die langsam im Alltag ankommenden Computer bezeichnet wurden.

Kühl wie reptiloides Blut durch die Adern pochend, fangen die ausgefeilten, sehr vielfältigen Songs die sehnsuchtsvolle Distanziertheit und Pseudo-Coolness dieser Dekade perfekt ein, und Sherman beeindruckt mit ihrer bereits jetzt absolut versierten und ausdrucksvollen Stimme – die auch durch jahrelangen Unterricht bei Ralf Scheepers (sic!) geformt wurde. Nicht nur alle, die Hector mal per Vocoder hören wollten, sollten hier zugreifen; und ich hoffe auf ein paar Bytes mehr Material der beiden Silurianer. Einen guten Eindruck gibt inzwischen das Video zum hitverdächtigen ´Heroes´.

(7,77 Punkte – U. Violet) – https://siluriancult.bandcamp.com/album/descendershttps://www.facebook.com/siluriancult/


SINIESTRO – Vortexx
2021 (Black Lodge Records) – Stil: Black-/Thrash Metal

Black Metal ist für mich ein No-Go-Genre. Kann mich mal. Aber im Falle SINIESTRO muss ich nun über meinen Schatten springen. Allerdings ist der Black Metal-Anteil auf diesem Album relativ gering gehalten. Auf ´Vortexx´ kombinieren sich nordische Riffkälte mit südamerikanischer Wildheit. Warum? Nun, The Commander alias Linus Öhrn (Schwede) und The Machine alias Sebastian Rojas (Chile) vereinen sich hier zu einem musikalischen Sprengstoff, der äußerst gefällig die Ohrmuscheln attackiert. Ich muss gestehen, ihr 2016 Album ´Revelations In Mayhem´ ging an mir vorbei. So blieben Vergleichsmöglichkeiten aus.

´Vortexx´ lebt von rasenden Tracks, aber auch atmosphärischen Einlagen, was zu enormen Stimmungsschwankungen führt. Andererseits kennt man dabei auch keine Limitierung. Das punkig-beeinflusste ´Den Svartaste Flamman Och Renaste Hat´ wirkt da wie ein Fremdkörper – eine bierselige Mitgröl-Nummer. Ein enorm krasser Kontrast zum Opener ´One Last Bullet One Last Ride´, welcher eine rasante Thrash Metal-Granate mit hauchdünnen Black Metal-Einflüssen darstellt. Ist man nach den beiden ersten Songs noch recht geplättet, wird man mit einem fast schon True-metalligen ´Blod Eld Död´ konfrontiert. Überraschend und verwirrend zugleich. Aber SINIESTRO sind immer dann wirklich überzeugend, wenn die Kreissäge die Taktung vorgibt. Erwähnenswert diesbezüglich ´Buried In The Blog´ und ´Anti Human Commando´.  Ja, die beiden Herren machen sich den Spaß und halten sich nicht wirklich an genretypische Vorgaben, was dem Album allerdings zugute kommt. Macht wirklich gute Laune.

(7 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://www.facebook.com/siniestrosweden


VERNEBLUNG – Ready To Drown
2021 (Blackjack Illuminist Records) – Stil: Dark Electro/Downbeat

VERNEBLUNG sind abermals etwas Besonderes aus dem Hause „Blackjack Illuminist Records“. Sie legen ihre Musik hinter einen New Wave-Schleier, der im luftigen Synthesizer-Downbeat weht.

Vor drei Jahren im Raum Köln gegründet, besteht VERNEBLUNG aus Sängerin Nadin Klein und Musiker Adnan Abbas.

Sie singt ihre Texte in deutscher als auch dreimal in englischer Sprache und treibt mit ihrem Gesang stoisch in den Wellen der Musik. Er legt dazu mit seinen Soundscapes einen leichten Pop-Appeal offen. Das Ansinnen beider Künstler, den Breakcore in der Liebe zu Janis Joplin und Jim Morisson abzuschmelzen, kann in der eigenständigen Darbietung vernachlässigt werden. Gefährlich unterschwellig brodelnd, schleicht sich neben Hoffnungslosigkeit zugleich Zuversicht heraus – Musik für die cool und hot Hours.

(7 Punkte – Michael Haifl) – facebook.com/Verneblung – blackjackilluministrecords.bandcamp.com


WORLD OF DAMAGE – Invoke Determination
2021 (WOD Records) – Stil: Metal

Welcher Spruch kommt mir als erstes in den Sinn beim Opener ´I Will Not Conform´? Metal thrashing mad! Oh, du herrlicher Geist der Rebellion, oh, du ungestümer Heavy Metal – ich werde mich ebenfalls nicht anpassen! Solange es Stoff wie das Soloprojekt von Mr. Damage aka Kjell Åge Karlsen (u.a. JORN) aus Norwegen gibt, das die Fackel der unbändigen Kraft des variablen Stahls weiterträgt, bleibe ich dir treu. Ihr hattet mich schon bei „no one tells me what to do“ von besagtem Opener – und mit starken Auftritten einiger Gastsänger wie seinem CHROME DIVISION-Mitstreiter Shagrath (DIMMU BORGIR), Roy Khan (KAMELOT, CONCEPTION) – der natürlich passend sinfo-akustisch-balladesk in Szene gesetzt wird – oder Björn Strid (SOILWORK, TNFO) gelingen einige unterschiedlichste Ausnahmesongs, die ´Invoke Determination´ natürlich als extrem abwechslungsreich erstrahlen lassen. Da steckt jede Menge Groove, Power, Gefühl und natürlich Riffs, Shredding-Skills und filigrane als auch klassische Gitarrenarbeit drin, doch keine Angst, das stets melodische Songwriting steht klar an erster Stelle und Mr. Damage liefert sogar paar klare Ohrwürmer, die aber dennoch fett und heavy aus den Boxen schallen.

Ein stimmiges Allround-Gesamtpaket für eine große Bandbreite an Metalfans verschiedener Geschmacksrichtungen, welches Weiblein, Männlein und alle Anderen mit Begeisterung vereinen sollte.

(Less Lessmeister) – facebook.com/worldofdamage


 

 

 


Bis zum nächsten Klick.
Euer
Michael und das gesamte Streetclip-Team

 


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