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SOUND & ACTION

~ Heavy Metal Fanzine #4 ~


Print oder Online, Sein oder Nichtsein, das ist die Frage. Beides hat sein Für und Wider. Online ist schneller verfügbar, darum eben aktueller. Manchmal vielleicht sogar zu schnell. Zudem muss ein Schreiber online nicht unbedingt irgendwelche platzbedingten Grenzen einhalten. Papier hingegen ist etwas zum Festhalten, das ist mehr als Text. Gedrucktes kann etwas für das Langzeitgedächtnis sein, wenn die Qualität von Papier und Inhalt stimmen. Nicht für die Unendlichkeit vielleicht, aber für eine lange Zeit. Wie lange haben sich etwa Handschriften aus mittelalterlichen Klöstern erhalten.

Der Pfälzer Oliver Butz, Metal-Fan seit er denken kann, bevorzugt Papier. Mit Fanzines groß geworden, kam er irgendwann auf die Idee, sein eigenes Ding zu machen. „Und das ganz allein, da redet mir keiner rein“, wie er sagt. Anlass für Heft #1 waren wohl die Rückkehr von MASS und TRANCE. In 2021 sind wir aktuell bei dem vierten Heft angelangt.

Oliver hat sich der deutschen Szene, dem deutschen Underground verschrieben. Da geht es nicht um die großen Namen. Das x-tausendste Interview mit HELLOWEEN oder BLIND GUARDIAN findet man in Metal-Bild und Co. Sein Thema sind die kleinen Bands, die vergessenen und wieder gefundenen. Manche haben gerade ein Album in der Diskographie. Manche sind nach langer Auszeit wieder da. So gibt es für den interessierten Leser viele spannende Details zu erfahren. Und Sprachlegastheniker wie ich müssen sich nicht mit englischen Interviews herumschlagen.

Schlagen wir das aktuelle Heft auf. Zuerst fällt die Werbefreiheit auf. Die einzige Ausnahme wird an passender Stelle kurz erwähnt. Dann fällt auf, jede Band bekommt richtig viel Platz. Wer viel zu sagen hat, bekommt auch viel Raum eingeräumt. Das gute Layout sorgt für augenfreundliche Lektüre und entspannten Lesespaß. Ein paar kleine Fehler in der Rechtschreibung kann man gern vernachlässigen. 

Mit 14 Seiten startet der Reigen mit SDI aus Osnabrück. Meine älteste Konzertkarte beweist, ich habe sie in der Halle Gartlage mit RUNNING WILD gesehen. Allerdings habe ich keinerlei Erinnerung an diesen Auftritt. Darum staune ich, wieviel es für Reinhard Kruse zu erzählen gibt. Danach gibt es die Stuttgarter THUNDER zu entdecken, die Pfälzer TRANCEMISSION, die vor allem über ihre Werkschau ´VI´ berichten, und die Solinger BAD STEVE. Deren Gitarrist erzählt allerdings auch über seine Zeit bei ACCEPT. 

Weiter geht es, zurück in der Pfalz, mit TRANCE. Die haben mit ´Metal Forces´ ja ein heißes Eisen im Feuer. Natürlich dürfen sie auch ihr Release-Konzert am 6. August im 7er Club bewerben, das sie gemeinsam mit HUNTER geben, die an anderer Stelle auch noch im Heft zu finden sind. Aus Oberhausen kamen MIDNIGHT DARKNESS. Die haben auf elf Seiten viel zu erzählen. Die Mannheimer HUNTER habe ich schon erwähnt, wir hatten sie auch schon, hier im Heft allerdings waren sie schon ein wenig maulfaul. Die Hamburger MADHOUSE erzählen aus den 80ern. Ebenso unbekannt sind mir EXPLODER aus Bremen und STAGEFRIGHT aus Hamburg. Da gab es allerdings personelle Überschneidungen mit MADHOUSE. Das sorgt dann auch für verschiedene Blickwinkel.

Das Finale bleibt RANDOM vorbehalten. Ich erinnere mich an eimerweise Häme, die damals von der Presse über Drummer und „Nietenpapst“ Fred Otto von der Presse ausgegossen wurde. Erstaunlich, wie unaufgeregt und humorig Fred aus dieser Zeit erzählt. Er hat da schon seinen Frieden gemacht, mit der Situation derzeit. Bedenkenswert finde ich in diesem Zusammenhang, dass auch schon lange vor Facebook und Co. Shitstormer einiges an Macht hatten. RANDOM haben diesen Shitstorm versucht, positiv für sich zu nutzen. So ist das Gespräch mit dem Nietenpapst höchst lesenswert.

Eben wie das ganze Heft. Wer es sich zulegt, sollte auch darüber nachdenken, den neuesten Sampler aus Neudis Undergroundschmiede zuzulegen, genau, ´Sound & Action Vol. 1´. In Kooperation entstanden, finden sich ein paar der vorgestellten Bands auf der CD. Das ist die passende musikalische Untermalung zur Lektüre.

Um nun den Bogen zum Anfang zu schließen, es geht nicht um Print oder Online. Es geht um ein sinnvolles Und. Online geht immer, und wenn es für die schnelle Info ist. Selbst wenn ich selber kaum noch normale Mags kaufe, nach HELLOWEEN dürften MAIDEN (mal wieder) die nächste Kuh sein, die durchs Dorf getrieben und in allen Blättern gelobhudelt wird, so ein kleines, fein geschriebenes Fanzine ist etwas, das der Leser und die Leserin gern aufbewahrt. Vielleicht als Erinnerung, vielleicht als Speicher für Wissen. Dagegen landen die ganz normalen Hefte doch in der Mehrheit sicher im Altpapier.

Auf die nächsten Ausgaben von Sound & Action.

Für den Erwerb melden unter: soundandaction@gmx.de