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TRANCE – Metal Forces

~ 2021 (Metalapolis Records) – Stil: Metal ~


Sie spielten Heavy Metal als dieser Begriff in deutschen Landen längst nicht etabliert war. Sie wurden in einem Atemzug mit den SCORPIONS und ACCEPT genannt und konnten sich von Major-Labels hofieren lassen: TRANCE.

Doch interne Unstimmigkeiten und ein sich anschließender Namensrechtsstreit ließen nachstrebende Konkurrenten wie HELLOWEEN mühelos an ihnen vorbeiziehen. Dennoch werden bis heute die ersten drei Scheiben, ´Break Out´ (1982), ´Power Infusion“ (1983) und ´Victory´ (1985), weiterhin gerne aufgelegt. Dass sie zwischendurch unter dem Banner TRANCEMISSION agieren mussten, hielt sie nicht davon ab, im alten Jahrhundert nochmals zwischen 1992 und 1998 als TRANCE aufzutreten. Der musikalische Zeitgeist war aber mittlerweile ein ganz anderer.

Erst der Besuch eines AXEL RUDI PELL-Konzertes durch Gitarrist Markus Berger im neuen Jahrhundert und der Willen der beiden Ur-TRANCE-Mitglieder Thomas Klein und Jürgen Baum zu einer Reunion ließen TRANCE anno 2011 wieder auferstehen. Die ersten Früchte dieser Rückkehr waren beim 2017er Album ´The Loser Strikes Back´ zu genießen. Die vermeintlichen ´Loser´ aus 1981 griffen nochmals an. Gleichwohl ohne ihren einstigen Sänger Lothar Antoni, der sich persönlich lieber in TRANCEMISSION auslebt.

Während einer Tournee mit U.D.O. lernten TRANCE unterdessen den früheren Interims-Sänger von VICIOUS RUMORS kennen, Nick Holleman, der sich auch auf deren 2016er Werk ´Concussion Protocol´ verewigen konnte. Als direkt vor der nächsten Tournee der damalige Sänger bei TRANCE ausstieg, erklärte sich Nick Holleman kurzerhand bereit, als Gastsänger auszuhelfen. Dass er jetzt neben seinen Aktivitäten mit POWERIZED auch bei TRANCE singt, ist nach der Enttäuschung mit seinem Amtsvorgänger ein echter Glücksfall für alle. Sein niederländischer Landsmann und POWERIZED-Kollege Joris Van Rooij rockt zudem neben Markus Berger die zweite Gitarre. Urgestein Thomas Klein bedient immer noch den Bass und Szene-Unikum Neudi (MANILLA ROAD, JAMESON RAID, ROXXCALIBUR) besetzt seit dem Comebackwerk den Schlagzeugthron.

 

 

Dereinst wussten TRANCE nicht um ihre Bestimmung, sie spielten schlichtweg härter und rauer als ihre Vorbilder von DEEP PURPLE bis URIAH HEEP und BLACK SABBATH bis LED ZEPPELIN. Heute, 40 Jahre später, spielen sie Heavy Metal wie sie ihn gelernt und einst selbst in die Welt getragen haben.

Ein knochentrockener und natürlicher Schlagzeugsound bildet mit dem Bass das organische Fundament. Die Gitarre besitzt fortwährend den Drang, unauffällig Melodien zum Mitsingen einzuimpfen. Von Kopf bis Fuß leben TRANCE selbstverständlich einen klassischen Achtzigerjahre Sound aus, der jedoch aufgrund der starken Stimme überhaupt nicht ausgesprochen teutonisch tönt und zugleich das glorreiche Frühwerk in die Gegenwart begleitet.

„tonight Metal cross Metal“

Einen glattgebügelten Hardrock muss die Anhängerschaft jedenfalls nicht von TRANCE erwarten, denn nachdem das im Frühjahr 2019 bereits eingespielte Werk viel zu glattpoliert klang, nahmen sie ab März 2020 mit Kalli Coldsmith (MASTERS OF DISGUISE, GRIFFIN (USA), ROXXCALIBUR and ABANDONED), der im Nachgang Joris van Rooij fortan an der Gitarre ersetzen wird, nochmals ´Metal Forces´ auf, um die Scheibe hart und rau präsentieren zu können. Das Mastering erledigte schließlich Patrick W. Engel.

Zur Eröffnung feuern TRANCE einen schnellen Rocker namens ´The Fighter´ mit einem melodischen Teint heraus. ´Troublemaker´ investiert zunächst nur in einen Ein-Wort-Refrain, lässt aber umgehend nicht nur die old-school-Saiten ordentlich wackeln. Spätestens wenn Nick Holleman auch spitze Schreie ausstößt, beginnt die Lavalampe im Takt zu blubbern. Dagegen erweist sich ´Death Machine´ als der schnelle Nachfahre des Hardrock wie er von LED ZEPPELIN und DEEP PURPLE geprägt wurde. In dieser Tradition erklingt zudem der Titelsong ´Metal Forces´ kurz vor Abschluss des Werkes, der dabei Metal als Lebenshilfe und Lebensbegleiter für jedermann und jederfrau in allen Lagen lyrisch stilisiert.

Das Glanzstück von ´Metal Forces´ kommt in einem coolen Groove daher. ´Deep Dance´ ist das monumentale Tanzstück für Stammesrituale, auch wenn seinerzeit schon das hässliche Kind Joe von „Cats in the cradle“ gesungen hatte, und gipfelt in einem mehrstimmigen Chorgesang. Es könnte sich sogar zu TRANCEs ´Chance´ entwickeln. Als Steigerung zu den ersten beiden Liedern und deren klassischen Sounds erweist sich anschließend ´Believers´, den Hauptsongwriter Markus Berger und TRANCE-Gründungsmitglied Hans-Peter Jantzer, der auch als Gast mitwirkt, bei einem gemeinsamen Treffen komponierten.

Das Intro ´The Horns Of Jericho´ mündet in ´As Long As I Live´, einer Power Metal-Komposition, die eher an HELLOWEEN erinnert, aber im Verbund mit dem Gesang hundertprozentig zu AVANTASIA passen würde. Dagegen ist ´Ballad For A Group´ tausendprozentig TRANCE, da das Lied von Markus Berger unter alten Demotapes bei Hans-Peter Jantzer entdeckt wurde. Diesen 1978 von Hans-Peter Jantzer komponierten Song tragen TRANCE im Original-Arrangement mit Plateauschuhen vor und lassen somit den Geist des frühen Heavy Metal und der NWoBHM wieder auferstehen. Natürlich lyrisch eher ein schlichter Song über das eintönige Leben on the road, ist die Message zusammen mit der Musik allerdings intensiv.

TRANCE sind sowas von zurück, dass es kaum zu glauben ist. Höret selbst und glaubet.

(8 Punkte)

https://www.facebook.com/tranceliveandheavy


(VÖ: 6.08.2021)