Redebedarf

Thomas Vaucher – EMERALD

~ Der Keyboarder und Schriftsteller im Interview ~


Die Nacht verleiht der Schönheit dunkle Schwingen, die, wenn sie ausgebreitet, bis zu den Gestirnen emporzusteigen vermögen.

Es ist schon zwei Jahre her, das erste und bisher einzige Iron Fest. Eine der Bands des Abends waren damals EMERALD. Die Schweizer überzeugten auf der Bühne. Und sie überzeugten am nächsten Morgen beim Frühstück. Ich konnte mich da auch mit Thomas Vaucher unterhalten, dem Keyboarder. Dort wurde ich dann hellhörig, als er erzählte, dass er auch literarisch tätig ist. Kurz darauf erschien dann auch „Der General“, ein Historienroman über die Wirren der napoleonischen Besetzung seiner heimatlichen Region, dem Kanton Fribourg.

Jetzt, 2021, gibt es Nachschub für die Buchhändler. Thomas hat sich nun einer ganz anderen Welt gewidmet. „Die Rückkehr der Wirker“ ist der erste Band eines großen fantastischen Epos unter dem Titel „Das Lied der Macht“. Lassen wir mal diese Dark Romance Geschichten außen vor, in denen die Heldin die große Liebe findet, meist in Gestalt eines Vampirs, und den Steampunk, wo eine victorianisch anmutende Welt mit moderner Technik konfrontiert wird, dann kommen wir zur Essenz der Fantasy. Eine mittelalterliche Welt, die plötzlich von einer fremden Macht bedroht wird.

Der übermächtige Gegner, die schöne anmutige Prinzessin, Magie und übernatürliche Wesen, der Underdog, der sich zum Helden entwickelt, das sind die Zutaten, die sich, in veränderlichen Gewichtsanteilen, in Epen wie „Der Herr der Ringe“ und dem „Lied von Eis und Feuer“ finden. Was machst Du anders in „Das Lied der Macht“? Was unterscheidet Deine Welt von anderen Welten?

Zunächst einmal habe ich versucht, die Welt so realistisch wie möglich darzustellen und habe mich an vielerlei Orten an unsere Welt im Spätmittelalter angelehnt (ich finde, dass gerade auch ein Fantasy-Roman in einer in sich glaubwürdigen Welt spielen muss und die Anlehnung an unsere reelle Welt im Mittelalter verschafft meiner Welt meiner Meinung nach dieses realistische Gefühl). Als Autor von verschiedenen historischen Romanen dieser Zeit konnte ich hier aus meinem Recherchefundus schöpfen. Jedoch habe ich natürlich Dinge wie Währungen, Maßeinheiten, Zeiteinheiten, Religionen, Völker etc. frei erfunden. Ich habe auch keinerlei der gebräuchlichen Fantasy-Völker wie Zwerge, Elfen oder Orks in meine Welt eingebunden, sondern beschränke mich auf verschiedene Arten von Menschenvölkern (sowie erfundenen, phantastischen Tieren). Was meine Welt aber vor allem von anderen Fantasy-Welten abhebt, ist das Konzept der Magie (dieses Wort wird allerdings so nicht im Roman verwendet). In meiner Welt durchzieht die Essenz die Erde und die Wirker verstehen es, diese Essenz anzuzapfen, Kraft daraus zu schöpfen und mittels des Liedes der Macht, diese Macht zu wirken. Dieses Wirken erzeugt verschiedenartige Klänge –  das Lied der Macht… Eine weitere vielleicht spezielle Sache ist der weibliche Kriegerorden, den es in meiner Welt gibt, die Schwesternschaft des Göttlichen Greifen, eine Kriegerkaste, die lose vom Templerorden inspiriert wurde.

„Die bekannten Lande“ wirken sehr realistisch. Wer mal einschlägige Märkte besucht, kann sich vieles schnell vorstellen. Von Dir kennt man auch historische Romane. Ich vermute Geschichte als eine Deiner Leidenschaften.

Genau, mittelalterliche Geschichte interessiert mich sehr, weswegen ich wie oben angetönt verschiedene historische Romane geschrieben habe, die im Mittelalter spielen und sich auf die eidgenössische/europäische Geschichte konzentrierten. Das Einbauen von abgeänderten mittelalterlichen Hintergründen verleiht meiner Geschichte, denke ich, dieses gewisse, pseudo-realistische Etwas.

Es gibt ein paar wenige Momente, da klingt die Sprache recht heutig. Man könnte meinen, in Mannheim auf dem Marktplatz zu stehen und ungewollt zuzuhören. Das fand ich erst recht irritierend, dann aber spannend. Worte wie „sensationell“ erwarte ich eher nicht in einer mittelalterlichen Welt. War das Absicht, etwa um eine Verbindung von Gestern und Heute herzustellen?

Ehrlich gesagt, nein. Ich habe eher versucht, das Ganze sprachtechnisch auch etwas mittelalterlich wirken zu lassen. Kann aber gut sein, dass es bei 688 Seiten auch zwischendurch Wörter drin hat, die mir durch die Lappen gegangen sind. Man möge es mir nachsehen.

Du hast für Deine Unternehmungen reichlich Unterstützung. Es scheint die halbe Familie eingespannt.

Ja, da hast du Recht, haha. Es schlummern viele Talente in meiner Familie. Es wäre doch schade, diese nicht zu nutzen. Meine Schwester hat die tollen Kapitelvignetten gezeichnet, während mein Bruder und mein Vater, die beide sprachlich und literarisch sehr begabt und belesen sind, als kritische Testleser fungiert haben.

Ein Trailervideo gab es auch zum Buch. Da spielt Eure Bassistin Vania Truttmann eine der Hauptfiguren, Rune zu Königssee. Euren Sänger Marcel Halblützel dafür kann ich mir als den Schwarzen Panther gut vorstellen. Hattest Du für Deine Figuren solche Vorbilder? Und wer steht Pate für Arken?

Nein, es gibt keine Vorbilder aus meinem Bekanntenkreis für meine Figuren. Bei Vania wars eher umgekehrt: Ich habe für den Trailer eine junge Frau gesucht, welche die Rune verkörpern konnte und da wir eh ständig für die Emerald-TV-Episoden gemeinsam am Drehen sind, hat sich das so ergeben. Ich stelle mir meine Figuren meist vor meinem inneren Auge vor, dann suche ich mir im Internet gezeichnete Bilder oder reelle Fotos von Personen heraus, die diesem Abbild in etwa entsprechen. Bei Arken fand ich schließlich eine Zeichnung im Internet, die mir ganz gut gefallen hat und aufgrund derer ich einige Details an ihm beschrieben habe.

Die beeindruckendste Nebenfigur für mich ist Vigor. Der hätte gern mehr Raum bekommen können.

Das ist spannend zu hören. Ich mag Vigor auch und auch mich hat er extrem beeindruckt (was mit ihm in der Geschichte passiert, war so nicht geplant, das hat sich so ergeben). Ohne zu viel verraten zu wollen, ist es aber manchmal gerade der fehlende Raum, der eine Person spannend machen kann. Ohne seine Taten, die dazu geführt haben, dass er nicht wahnsinnig viel Raum erhalten hat, wäre er vielleicht nicht so beeindruckend gewesen … Ich glaube du weißt, was ich meine. Zudem ist es bei über 160 Figuren leider schwierig um nicht zu sagen unmöglich, jeder Figur den Raum zu geben, den sie verdient …

Wie groß soll „Das Lied der Macht“ werden? Wie weit gehen da schon die Pläne?

Angedacht sind 3 Bände, allerdings kann sich das alles noch ändern. In erster Linie hängt es auch vom Verkaufserfolg des ersten Bandes ab, denn für den Verlag ist es natürlich in erster Linie wichtig, ob und wie gut sich das Buch verkauft. Da ich mit Band 1 eigentlich weniger weit gekommen bin als ich dachte, kann ich mir auch vorstellen, dass es vielleicht sogar über 3 Bände hinausgehen könnte, sollte das Interesse (von Verlag und Leserschaft) da sein. An mir solls nicht scheitern 

Neben Phantastik und Historie, was kann man noch von Dir lesen? Was ist Dein liebstes Baby?

Daneben habe ich auch eine Mystery-Thriller-Trilogie um einen ehemaligen Kommissar geschrieben, der eine Affinität fürs Übernatürliche hat. Das Übernatürliche finde ich auch sehr spannend auch wenn ich selbst nicht so recht daran glaube. Dennoch grusle ich mich selbst ein wenig davor und mag es, darüber zu schreiben oder davon zu lesen. Meine größte Leidenschaft gilt jedoch der Fantasy und dem Mittelalter. So gesehen ist das vorliegende Buch, das die Erfüllung eines 25-jährigen Traums von mir ist, im Moment mein ganzer Stolz. 

Welche Bücher haben Dich am stärksten beeinflusst?

Neben dem altbekannten Klassiker “Der Herr der Ringe” von Tolkien und dem “Lied von Eis und Feuer” von Martin ganz klar die Drenai-Saga und “Die Legende” von David Gemmell. Ein britischer (leider mittlerweile verstorbener) Autor, der sich aufs Schreiben von heroischer Fantasy spezialisiert hatte. Ich glaube, dass “die Legende” schuld daran war, dass der Wunsch in mir wuchs, selbst ein Fantasy-Buch zu schreiben. Gemmell war unglaublich im Erschaffen von heldenhaften Figuren und Aktionen und ich denke, dass ich einiges von ihm gelernt habe. Szenen, wie die oben angesprochene Vigor-Szene oder was mit dem Roten Grafen in der letzten Schlacht geschieht, sind ganz klar von ihm inspiriert.

So ganz nebenher spielst Du auch noch Keyboard bei den Power Metallern EMERALD. Bleibt da noch Zeit für Deinen regulären Beruf als Lehrer? Und wann schläfst Du?

Ja, ich arbeite zu 80% als Lehrer und zu 20% als Autor und Musiker. Ich habe einen fixen Tag in der Woche, an dem ich meinen künstlerischen Tätigkeiten nachgehe. Da ist meine Bürotür zu und mein Gehirn raucht und ist (meist) kreativ. Natürlich arbeite ich manchmal auch abends oder nachts weiter, wenn Ideen aus mir herauswollen. Ich brauche zum Glück nicht allzu viel Schlaf. In der Regel reichen mir 6 Stunden pro Nacht.

 

 

Gibt es inhaltliche Verbindungen zwischen Deinen Büchern und Deiner Musik? Habt Ihr schon einmal eine Deiner Geschichten vertont? Bei dem aktuellen Wälzer könnte ich mir das schon vorstellen, einen Song wie ´The Furious Black Panther´. 

Dieser Titel würde wirklich noch gut klingen, haha. Ja, wir haben schon zweimal sowas gemacht. Der Song ´Valley Of Death´ auf der letzten Scheibe handelt von meinem historischen Roman “Winterhelden” in dem es um die Schlacht in Giornico geht, wo 600 Eidgenossen und Liviner auf 10.000 Mailänder trafen und siegreich daraus hervorgingen. Das Konzept “The Burgundian Wars” mit seinen 7 Songs von der ´Reckoning Day´ Scheibe geht auf meinen historischen Roman “Der Löwe von Burgund” zurück, der den Aufstieg und Fall Karls des Kühnen, des berühmten Herzogs von Burgund behandelt. Wer weiß, vielleicht machen wir in Zukunft wieder mal sowas …

Wo wir gerade dabei sind, wie sieht es im Moment bei EMERALD aus? Gibt es da Neuigkeiten zu vermelden?

Wir waren während dem Corona-Jahr zwangsweise etwas auf Eis gelegt und die Motivation war nicht sehr groß, da die Aussicht, keine Live-Shows spielen zu können schon ein recht großer Dämpfer war (wie wohl alle Musiker bestätigen können). Natürlich haben wir so gut es ging, versucht, Songwriting zu machen und sind nun daran, die Demoaufnahmen zu produzieren, um demnächst ins Studio gehen zu können. Live-mäßig geht es dann im Herbst (hoffentlich) auch endlich wieder los, zumindest sind bereits 2-3 Shows inoffiziell geplant, auch wenn noch nichts offiziell veröffentlicht ist, abgesehen vom „Pluto Fest“ in Belgien am 6. 11. 2021 (hoffen wir, dass es dann auch wirklich stattfinden kann).

Ich danke Dir für die ausführlichen Ausführungen.

Vielen Dank für den Support und das Interesse!

Das nächste Mal hoffe ich, wieder „in echt“ mit Dir reden zu können. Gern auch bei einem Frühstück bei einem musikalischen Event. Ansonsten kann ich Dir nur alles Gute wünschen, und, dass Dir niemals die Ideen ausgehen, musikalisch und am Schreibtisch.

 

http://www.thomasvaucher.ch

https://www.facebook.com/emeraldmetal/