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UDÅNDE – Life Of A Purist

~ 2021 (Vendetta Records) – Stil: Atmospheric Black Metal ~


Ich arbeite mich gerade durch all die liegengebliebenen Platten meiner langen Auszeit, und da gibt es doch so einige, die nicht unerwähnt bleiben sollen, auch wenn sie wie dieses Debüt jetzt schon fünf Monate alt sind. UDÅNDE ist das Soloprojekt von Rasmus Ejlersen, seines Zeichens Live-Bassist bei AFSKY, und sein Hauptinstrument merkt man ´Life Of A Purist´ auch an – im allerbesten Sinne. Das Album besticht durchgehend mit einem Fokus auf mitreißenden Rhythmus; sowohl Drums wie Bass breiten einen wunderbar groovenden und abwechslungsreichen, regelrecht atmenden Teppich aus (UDÅNDE heißt im Dänischen soviel wie „ausatmen“), auf dem die weiteren Instrumente aufspielen. Dazu hat er sich mit Miro Raučina (ABORTION) einen tollen Session-Drummer geholt, der eigentlich aus dem Death Metal kommt und mit seinem sehr variablen, treibenden Spiel mit perfekt dosiertem Doublebass-Einsatz und voller die Atmosphäre der sieben Stücke noch einmal weiter und offener macht, und den Hörer sofort in Landschaften mit schier unerreichbaren Horizonten transportiert (´+´, ´Prologue´). Der sehr nuancierte Bass und die vielfältige Gitarrenarbeit sind allein Sache von Ejlersen, der Tremolopicking, Riffing und Melodien je nach Bedarf variieren und abwechseln kann, und dabei ganz unterschiedliche Stilistiken abdeckt, was ´Life Of A Purist´ zu einer immer wieder überraschenden Angelegenheit macht.

 

 

Vor allem Spannungsaufbau über mehrere Ebenen hinweg, von bedrohlich bis jubilierend, beherrschen UDÅNDE aus dem Effeff, und sind auf der anderen Seite wunderbar ausbalanciert – auf mich wirkt ´Life Of A Purist´ eher wie die Erzählung eines Beobachters, der leidenschaftlich, aber aus sicherer Distanz berichtet, anstatt selbst in emotionalem Chaos zu versinken; vielleicht kommt hier aber auch die dänische Abgeklärtheit zum Vorschein. Das soll aber keinesfalls heißen, dass es hier nicht um tiefe und sehr dunkle Gefühle geht, sie treten nur kontrolliert zum Vorschein. Auch die keifend-harschen Vocals (Lars Johansson) stehen niemals im Vordergrund, was zuerst überrascht, aber im Laufe der Platte immer schlüssiger wird – so ist die Stimme auch eher ein Teil des Luftholens, und einfach ein weiteres Instrument.

Währenddessen bauen die Sechssaiter eine undurchdringbar-bedrohliche Atmosphäre auf (´Δ´), um gleich darauf in ´∇´ (Anspieltipp, siehe unten!) in einen heroisch-folkinspirierten Hymnus umzuschlagen, der an SAOR, DRUDKH oder Cascadian-Bands wie WITTR oder AGALLOCH erinnert, an MGŁ A und sicherlich auch an AFSKY, doch eben angereichert mit einem guten Maß Post-Black Metal.

Thematisch beschäftigt sich ´Life Of A Purist´ mit den Elementen, vor allem dem Seelenelement Wasser, der Nordsee, ihren Gezeiten und Wellen, die sich auch wunderbar in den an- und abschwellenden Rhythmen spiegeln; hinter dieser Naturbetrachtung liegt als Hauptthema die Apokalypse, Existentialismus sowie individuelle Todessehnsucht – und immer wieder das Thema des Untergehens. Einen Sog, einen Strudel, der uns nach unten zieht und die Luft nimmt – selten wurde er nachfühlbarer vertont. Wieder wechselt die Stimmung, Track 5 legt nochmal Geschwindigkeit nach, ohne diese epische Erhabenheit zu verlieren; weitere Facetten und Feinheiten, wie ganz großartige mehrstimmige Gitarrenmelodien, auch irgendwann beim Gesang in Track 6, oder die sehr eigenständigen Bassläufe, treten hervor, generell ist an diesem Projekt alles sehr durchdacht, was man bis hin zu den mit mysteriösen Symbolen benannten Tracks (die sich leider nicht alle darstellen lassen…) sieht. Der ´Epilogue´ greift schließlich das Motiv des ersten Stückes in stark reduzierter Form wieder auf, wird zum echten Rückblick und rundet die Sache damit auch emotional ab.

Hier steckt nicht nur viel Arbeit und Herzblut, sondern auch ganz viel Liebe zum Detail hin, und diese zahlt sich absolut aus in Form eines Debüts, das als wahres Schatzkästlein des atmosphärischen Black Metal durchgeht, und zudem mit einer Produktion auf sehr hohem Niveau veredelt wurde. Den Namen UDÅNDE werden sich Connaisseurs des modernen Black Metal merken müssen.

Fill my lungs
With the North Sea’s purest
Show me my wrongs
The life of a purist

 

(8 Punkte)

 

 

https://udande.bandcamp.com/

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