PlattenkritikenPressfrisch

STREET KOMPASS Mai 2021

Hallo Ihr Lieben,

auch wenn der vergangene Monat aufgrund des Wetters eher nach einem regnerischen April geschmeckt hat, haben wir bereits den Mai hinter uns gelassen. Die musikalischen Perlen blühen hingegen immer kraftvoller, sei es im Metal hier oder dort, sei es im Psych, Pagan oder im Prog Metal, doch die Könige der Musik stammen in diesem Monat aus Norwegen und schenken uns die 

 

M o n a t s h e r r l i c h k e i t

 

 

Q u i c k – R e v i e w s


ARCHANGEL A.D. – Casus Belli
2021 (Independent) – Stil: Speed/Thrash

´Bet On Death´, der speedige Opener, zeigt sofort, wo es lang geht. Speed/Thrash, very old school, Bay Area, frühe METALLICA, so kann man den Sound grob umschreiben. Einfach nur mal die Leads hören, und es wird klar, hier steht ´Kill ‚Em All´ Pate. Aber die Texaner versuchen auszubrechen, etwa mit dem schleppend schweren Beginn von ´Demonolith´. Ein paar gute Ideen sind vorhanden, aber das reicht nicht immer, einiges hätte gerne noch etwas reifen dürfen.

Im Proberaum ganz bleiben können, das hätte etwa der Akustik-Flamenco ´Sangre De Las Montanas´,  das vor allem gesanglich kaum überzeugt. Und ich mag eigentlich akustische Passagen. Auch das lahme de Mayo-Worshipping in ´Pluto’s Lament´ vermag mich nicht zu überzeugen.

Wie gesagt, Ansätze sind vorhanden, das Fundament ist gelegt. Beim nächsten Mal hoffe ich, den Texanern eine Steigerung attestieren zu können. ´Casus Belli´ ist ein Debüt, alle haben mal klein angefangen, nur die wenigsten durften mit einem Klassiker starten…

(6,5 Punkte – Mario Wolski) – facebook.com/ArchangelA.D


BLOOD SHOT DOWN  – The Great Escape
2021 (Independent) – Stil: HC/Thrash Metal

Die Berliner Truppe liefert mit ´The Great Escape´ seinen ersten Longplayer ab und zeigt dabei eine Mittelfinger-Attitüde, die einen geradezu wegbläst. Zehn Tracks mit einer megafetten Produktion haben die fünf Jungs hochambioniert hier eingeprügelt. Dass man sich dem HC näher als dem Thrash Metal fühlt, ist nicht zu überhören und dennoch werden hier auch Thrash-Fans abgeholt. Musikalisch höre ich hier nicht wenig PRO-PAIN, MACHINE HEAD und SEPULTURA aus dem Metal-Lager heraus.

Diese schwergewichtigen Boliden beeinflussen die Gitarrenfraktion ungemein. Aus dem HC Genre melden dann HATEBREED, TERROR und Co. ihren Einfluss an. Das alles zusammen im Mixer durchgearbeitet und danach noch leicht geschüttelt, findet sich dann fein abgeschmeckt auf ´The Great Escape´. Da bröselt der Putz von den Wänden. Schon lange nicht mehr gab es diesen Mix so prägnant serviert. Brutale Groover wie ´The Last Kiss´, ´The Youth Of Today´, ´The Shot´ oder ´The Repetition´ sind das richtige Futter nach einem Scheiß-Tag. Einen der Tracks hat man mit deutschem Text geliefert. ´Unser Herz´. Was an der rasend-groovenden Struktur jedoch nichts ändert. Kurzum, wer PRO-PAIN zusammen mit MACHINE HEAD und TERROR gut gemixt interessant findet, der darf hier zugreifen.

(7 fettgroovende Punkte – Jürgen Tschamler) – facebook.com/bloodshotdownbloodshotdown.bandcamp.com


THE CIRCLE – Metamorphosis
2021 (Independent) – Stil: Modern Melodeath

Als “Blackened Art Metal” bezeichnet dieses neue Hamelner Duo den Genrecrossover, den es auf seinem knapp 28 Minuten kurzen Debüt kredenzt; doch von dem bisschen Ruß im Gesicht sollte sich der geneigte Hörer kaum abschrecken lassen – außer ein paar Blastbeats und (sehr gelungene!) Gastgrowls verdunkelt nichts wirklich Schwarzes den symphonischen, teils schon theatralischen Melodeath mit diversen Einsprengseln aus Powermetal wie gotischem Doom mit NuMetal-Vocals. Ja genau, klingt – anspruchsvoll…

Dass hier ein Gitarrenkünstler am Werk ist, lässt sich durchgehend nicht überhören, das hat teils schon Techdeath-Qualitäten und hier liegt vielleicht auch die Zukunft für die Westdeutschen: das teils noch zu überladene Konzept verschlanken und sich darauf fokussieren, in welche Richtung man will – doch richtig knackig böse, oder weiter so opulent wie das durchgehend beeindruckende und hochklassige Songwriting, das auf kommende Veröffentlichungen gespannt macht. Und: ein echter Drummer sollte zukünftig auf jeden Fall auch mit drin sein.

(U. Violet) – facebook.com/thecircle.metalyoutube.com


CIRITH UNGOL – Half Past Human (EP)
2021 (Metal Blade Records) – Stil: Heavy Metal  

Nach dem Erfolg von ´Forever Black´, dem Comeback-Album der legendären Amis, war abzusehen, dass das nicht der einzige Release der Kultband bleiben wird. Dass man allerdings so schnell eine EP nachschiebt, ist dann doch überraschend.

Aus den wohl unendlichen Archiven CIRITH UNGOLs Schaffens, wurden vier Songs ausgebuddelt und im neuen Line-up neu vertont. Sprich, die Power der neuen Band hat man mit dem klassischen Material der ganz frühen CIRITH UNGOL Phase vereint. Heraus kamen vier Songs, die den Spirit der Band, wie schon auf ´Forever Black´, perfekt in Szene setzen. Während der Opener ´Route 666´ schon vom 1978er Tape mit dem rot-orangen Cover (welches kürzlich neu aufgelegt wurde und zudem in einer 100er Auflage als CD-R erschien, auch als ´The Orange Album´ bezeichnet) bekannt ist, sind die anderen drei Tracks in der Szene eher unbekannt. Speziell der Titeltrack sowie ´Shelob`Lair´. ´Brutish Manchild´ hatte schon mal das Glück als Flexi-Beilage des „Decibel Magazins“ zu erscheinen. Die Songs leben deutlich von einem unverwechselbaren epischen Aufbau und diesem einmaligen Gesang Tim Bakers. Dass die Stücke durch einen voluminösen Sound gewaltig mehr Power haben als die Archiv-Versionen, ist selbstredend. Vom Album zur EP kann man daher von einem nahtlosen Übergang sprechen und somit ist die Qualität ebenfalls selbstredend.

(8 Punkte – Jürgen Tschamler) – facebook.com/cirithungolofficialhttps://cirithungol.bandcamp.com/


STEPHEN CRANE – Kicks
1984/2021 (AOR Heaven) – Stil: AOR/Hard Rock

Was haben wir denn hier? Das beste Sammy Hagar-Album im Duett mit Robert Tepper, das beide niemals zusammen gemacht haben? LOVERBOY und eine eher rockige PHENOMENA-Besetzung scheinen sich dabei an den Instrumenten abzuwechseln. Diese feuchte Fantasie eines 80er Hardrockers existiert dennoch schon lange, heißt ´Kicks´ und kam 1984 erstmals von Stephen Crane. Klingt blöd, ist aber so. Dieses fantastische AOR-Album besitzt auch die Macht, TOTO (die übrigens in der damaligen Besetzung alle mitgewirkt haben), FOREIGNER und SURVIVOR Fans wegzublasen. Eine unglaubliche Liste an Gästen für Backing Vocals und an den Gitarren (meist drei Wizards pro Song !) sorgt für eine überirdische Klasse.

Die Odyssee einer der sträflichst verebbten Scheiben aller Zeiten beginnt mit ihrem Macher, Sänger und Bassisten Stephen Crane irgendwann in den späten 60ern bei LIVIN‘ END, seiner ersten Band BABY in den 70ern, er spielte mit Cherie Currie (RUNAWAYS) und lernte Steve Lukather und jede Menge erstklassiger Musiker kennen, was zu diesem unglaubliche Solo-Debut führte, welches eben dummerweise trotz MCA-Records-Deal strandete. In den 80ern ging’s zur GLENN FREY BAND (ja, der EAGLES-Glenn) und den BIG GUNS, in den 90ern zu den TEXAS BLUES RUNNERS und zuletzt live mit der SCOTT ELLISON BAND. And Stephen plays on and on.

Wer AOR mit Hard Rock Power liebt, braucht diese Geschichtsstunde, denn die kickt wie Sau!

(Less Lessmeister) – facebook.com/Stephen-Crane


DESOLAT – Songs Of Love In The Age Of Agony
2020 (Bloodshed666) – Stil: Sludge/Crust

Wie Phoenix aus der Asche von CYRUSS steigen DESOLAT empor. Auf ´Shareholder Of Shit´ folgt die nächste EP ´Songs Of Love In The Age Of Agony´- und wieder hat das Trio eine gehörige Portion Wut mitgebracht.

Dass der Sludge, Stoner, Punk, Crust und Noise Rock in diesen Tagen eine gehörige Portion Schwedentod abbekommen hat, liegt wohl am Mastering von Dan Swanö (EDGE OF SANITY). Dennoch: Mit wütenden Songs über die Gesellschaft – ´Dreams Of Slaughtered Yuppies Under Starlit Night Skies´ – und das Leben an sich – ´Waste Of Life´ – sind DELOSAT ein williger Happen für Freunde zwischen MELVINS und EYEHATEGOD.

DESOLAT? Extreme Aggression und aggressive Extreme von und für den Underground.

(Michael Haifl) – facebook.com/bloodshed666recordsdesolatvienna.bandcamp.com


DEZ DARE – Hairline Ego Trip
2021 (Ch!mp Records) – Stil: Psych/Garage Rock/Punk

Kein Posing, kein deplatziertes Getue, Darren Smallman wuchs in einer Hafenstadt Australiens auf, spielte in Punk Bands, wurde Label-Besitzer und residiert seit 2010 im UK. Der Lockdown hat ihn aufgerüttelt, so dass er seinen Mitmenschen mit der Scheibe ´Hairline Ego Trip´ einiges auf den Weg geben will.

Seine Aussage: Die Menschheit ist im Sumpf der Technologie, des Kapitalismus, des Nationalismus und der Religion gefangen. Nichts überraschendes, aber um die Menschheit etwas aufzurütteln, hat er unter seinem Projektnamen DEZ DARE Garagenpunk, mit viel Lärm und Fuzz, und Psychedelic Rock aufs Tablett gelegt.

Vielleicht wollte DEZ DARE uns auch einfach nur Hymnen für den psychedelischen Tag oder Punk zum Chillen servieren: „A fuzz beast clawing out of a pit of noise, riffs and existential joy!“

(Michael Haifl) – facebook.com/dezdareriffs


HELLRYDER – The Devil Is A Gambler
2021 (ROAR/Soulfood) – Stil: Heavy Metal

Hinter vorgehaltener Hand spricht man von einer neuen “Supergruppe” der deutschen Heavy Metal-Szene, die „Dirty Kick Ass Heavy Metal“ spielt. Kann man dem zweiten Begriff noch irgendwie folgen, ist der Begriff „Supergruppe“ schon etwas weit hergeholt. GRAVE DIGGERs Chris Boltendahl kreischt ins Mikro, GRAVE DIGGER-Gitarrist Axel Ritt macht was ein Gitarrist macht und beide haben sich mit Bassist Steven Wussow (ORDEN ORGAN ) sowie Drummer Timmi Breideband (GREGORIAN, ex-BONFIRE, ex-FREEDOM CALL) zusammengetan – alles keine Anfänger, aber „Supergroup“?

Also, was liefert der Nebenschauplatz HELLRYDER von Schreibolide Boltendahl? Moderne Gitarren leicht tiefergelegt, die Taktung grooviger und auch Boltendahl „schreit“ eine Tonlage tiefer. Im Prinzip ist es nix anderes als GRAVE DIGGER mit modernen Gitarren und etwas mehr Groove. Ganz grob kann man GRAVE DIGGER, ZAKK WYLDE bzw. BLACK LABEL SOCIETY sowie einer Brise CHROME DIVISON in den Mixer kippen und hat letztendlich HELLRYDER. Rock`n´Rollige Elemente sind in der Unterzahl und typische Power Metal-Double-Bass-Einlagen in Kombi mit fetten Grooves dominieren. Streitpunkt dürfte letztendlich aber der erzwungene Gesang von Herrn Boltendahl sein, der sich hart im Grenzbereich bewegt. Ob er sich nun hier oder bei GRAVE DIGGER mehr verstellen muss, bleibt dann eine berechtige Frage. Ebenso ob man ein Album wie dieses braucht.

(5 Punkte – Jürgen Tschamler) – facebook.com/hellryderofficialwww.hellryder.de


TEDDY HERZ – Wenn Teenager träumen (Single)
2021 (Reuthers Records) – Stil: Hitter/Cover

Mit einem Donnerschlag des Schlagers von seiner aktuellen CD ´Welche Farbe hat die Welt´ (Fifty Shades Of Grey – der Verfasser) meldet sich TEDDY HERZ zurück mit seiner individuellen, unverblümten, soziopolitischen Sichtweise eines Klassikers übertragen in das „Jetzt“ des aktuellen Zeitgeistes. ´Wenn Teenager träumen´ deckt sich das teilweise mit den dunkelsten, geheimen Sehnsüchten des melancholischen Metallers.

Während die etwas lahme Version von Peter Kraus als auch das von David S. Gillam komponierte und von Ricky Nelson gesungene Original ´A Teenager’s Romance´ kraftlos dahinplätschern, spielt Teddy geschickt mit der Glorifizierung der Vergangenheit, derer wir ach so oft anheim fallen. Im Gegensatz zur latenten Erotik der musikalischen Stehtanzillusion flirren euch die High-Speed-Arpeggios um die Ohren und das stilsicher eingesetzte Saxofon, bei dessen Part Teddy stets live dem untergehenden Abendland alles erdenklich Gute wünscht, verzerrt die scheinbar friedvoll-frivole Idylle. Besingt er die Rosen, so dient dies lediglich als Parabel der verblühenden Harmonie in der Musikwelt wie zu Beginn der ersten, alles verdörrenden Death Metal-Welle.

Sauber rasiert, mit diabolischem Lächeln, weiß TEDDY HERZ genau, dass – wer den „Schlag“ im Schlager sucht – niemand an dieser Single vorbeikommt.

(Less Lessmeister) – facebook.com/teddyherz


IRONBOUND – The Lightbringer
2021 (Ossuary Records) – Heavy Metal

Heavy Metal ist international, global. War schon so zu Zeiten, als noch Tapes über’s große Wasser kreuzten, in einer vernetzten Welt sowieso. Auch wenn die Szenen auf verschiedenen Kontinenten oder Ländern ihre ureigenen Charakteristika entwickelten, so befruchtete man sich stets gegenseitig. So ist der Geist IRON MAIDENs bereits zu Anfangszeiten bei US-Ikonen wie LIZZY BORDEN bis zu OVERKILL auszumachen, daher sollte es nicht verwundern, wenn ich hinter den seit 2014 aktiven IRONBOUND zunächst einen neuen Hoffnungsträger des US Metal vermutete. Auch wenn die MAIDEN-Roots im Verlauf des Albums stärker werden, bleiben unsere polnischen Freunde und bekennenden NWoBHM-Liebhaber nicht zuletzt aufgrund des Gesanges von Łukasz Krauze – der einen ähnlich hohen Wiedererkennungswert hat wie Olaf Reimann (RA’S DAWN) oder Berti Majdan (GRAVESTONE) – stets stilistisch interessant und abwechslungsreich. Für mich persönlich ist dieses gelungene Debüt nach einer EP (2017) und einer Single (2018) weitaus packender als ein neues MAIDEN-Album oder der Projekt-Versuch, einen an sich großartigen Bruce-Singalike mit mäßigen Songs als neue Sensation anzupreisen.

Wie sich bereits AGAINST EVIL im speedigeren Bereich eine Fanschar aus Metallern unterschiedlichster Richtungen erspielt haben, sollte es IRONBOUND ebenso gelingen, verschiedenste Lager zum gemeinsamen Bangen zu bewegen. Warriors of the World – unite and let there be Light!

(Less Lessmeister) – facebook.com/ironboundplironboundpl.bandcamp.com


KOSMODEMONIC – Liminal Light
2021 (Transylvanian Recordings) – Stil: Noisy Doom Metal

Ich liebe ja bekanntlich Crossover, aber manchmal bleibt die Kombination diverser Genres in der Idee stecken, und die Ausführung kann kein bisschen halten, was das vollmundige Konzept verspricht. Ich kann mir sogar vorstellen, dass KOSMODEMONIC in ihrer hood Brooklyn die Szene live gut aufmischen, doch ihre zweite LP hinterlässt mich mit vielen Fragezeichen.

Selbst bezeichnen sie das wilde Gebräu als Black Metal, wozu ich maximal manche Gitarrenläufe rechnen würde. Zugegeben, ein wenig sind die Vocals an Tom Warriors frühem Stil orientiert, aber auch hier wird das Ziel in keiner Weise erreicht, vielmehr würde die Band als Instrumentalcombo deutlich besser funktionieren, denn der „Gesang“ ist, sorry wenn ich so offen sein muss, nervenzerfetzend in seiner Dissonanz, Monotonie und vor allem Lautstärke. Schade, denn musikalisch und kompositorisch sind hier viele gute und richtig spannende Ansätze zu verbuchen. Vielleicht konnten die Jungs ja pandemiebedingt nicht richtig zusammen proben, eine Art Retreat würde vor der nächsten Platte sicher guttun.  Und das sich auf eine hauptsächliche Stilrichtung fokussieren sicherlich auch…

(U.Violet) – facebook.com/kosmodemonickosmodemonic.bandcamp.com


LAST ADDICTION – Inner Abyss
2021 (M&O Music) – Stil: Modern Metal

LAST ADDICTION fanden zum Ende des Jahres 2016 zusammen. Es war ein langen Weg bis 2021. Dazwischen konnten sie 2019 immerhin eine EP veröffentlichen und beim französischen Finale des Wacken Open Air 2020 auftreten. Nun sind sie mit ihrem Debüt zur Stelle, um die destruktive aktuelle Situation zu vertonen, die Auswirkungen der Zerstörung unserer Umwelt auf Wirtschaft, Politik und den Menschen an sich. Wird der Mensch die Kontrolle verlieren? Geschwächt verenden und sterben?

Gael Augier (Gitarre), Dylan Fournet (Gesang), Will Guinet (Bass), Thomas Chaverondier (Drums) und Vincent Delphin (Lead-Gitarre) suchen mit ´Inner Abyss´ nach den Antworten. Sie haben dabei Heavy Metal im Gepäck, den sie äußerst modern mit dem Etikett Post verzieren. Sogar Tupfer von Core und Black Metal finden sich in ihrem Klopfer-Sound, natürlich Klar- und Growl-Gesang.

Für Newcomer haben LAST ADDICTION bereits sehr viel zu sagen, auch musikalisch.

(Michael Haifl) – facebook.com/lastaddiction


LUCIFER’S HAMMER – The Trip
2021 (High Roller Records) – Stil: Heavy Metal

Vorwärts immer, rückwärts nimmer! So könnte die Devise der Chilenen LUCIFER’S HAMMER lauten. Mal galoppierend, mal eher treibend, aber immer nach vorne gehend. Sie haben den Metal, vor allem den frühen britischen, mit der Muttermilch aufgesogen.

Die Gitarren klingen gerne mal ein wenig nach IRON MAIDEN, ja. Trotzdem aber besteht keine Gefahr, als bloße Kopisten durchzugehen. Das liegt wohl auch am Sänger, der nicht auf Deibel komm raus versucht, irgendjemanden nachzuahmen. Und es liegt am Songwriting, das bei Beibehaltung aller Traditionen immer abwechslungsreich und spannend bleibt.

LUCIFER’S HAMMER sind dabei so authentisch, wenn ROXXCALIBUR jemals einen Ersatzmann brauchen, könnten sie hier fündig werden. Wäre da die große räumliche Distanz nicht ans andere Ende der Welt. Aber dort wie hier, beide wissen auf ihre Art um die Traditionen und Geheimnisse.

Wenn in Zukunft noch ein paar ausgefallene Ideen mehr kommen, wie man sie in ´I Believe In You´ hört, dann spätestens dürften den chilligen Chilenen alle Türen offen stehen.

Hoch den Hammer!

(7,5 Punkte – Mario Wolski) –  facebook.com/Lucifershammerband


LUNATTACK AND ELEPHANT MEMORIES – Moon Kiss
2021 (SAOL) – Stil: Electro-Rock-Pop

Wo sind die Elektro-Lurchis, die im stillen Kämmerlein heimlich David Bowie und PJ Harvey hören? Der Mann hinter dem Mond hat Euch etwas mitgebracht, einen Kuss, einen ´Moon Kiss´ von den Franzosen LUNATTACK AND ELEPHANT MEMORIES. Besser gesagt von den Franzosen ELEPHANT MEMORIES, denn Sängerin LUNATTACK stammt aus Hamburg und heißt mit bürgerlichem Namen Barbara Duchow. Gerade ihre Verarbeitung von Ärger und Wut, von Enttäuschungen und Verlusten, von Hilflosigkeit und Angst machen die Kompositionen des Quartetts so wertvoll.

Während Barbara Duchow für den tollen Gesang zuständig ist, holen Jean-Philippe Boin und Lizzie Largilliere die Gitarren heraus. Aber bei elektronischem Rock gibt es natürlich auch Tastenklänge aus den Fingern des Erstgenannten. Doch nicht nur Lurchis, sondern auch Hörer mit Vorliebe für weiblichen Gesang zu Alternative-/Indie-Rock sollten LUNATTACK AND ELEPHANT MEMORIES ihr Ohr reichen. Dass LUNATTACK nicht nur englisch, sondern auch französisch singt, macht das Debütalbum umso interessanter.

(7,5 Punkte – Michael Haifl) – facebook.com/LunattackOfficial


MASHA QRELLA – Woanders
2021 (Staatsakt) – Stil: Singer-Songwriter Avantgarde Pop

In Gedanken versunken versuche ich mir auszumalen, wie eine Zusammenarbeit von Anne Clark mit Tamara Danz (R.I.P. – schrieb mit SILLY Rockgeschichte) wohl geklungen hätte, wenn sie… ja wenn sie nur noch unter uns weilen würde. Dafür hat in der Jetzt-Zeit MASHA QRELLA mit Unterstützung von Schlagzeuger Chris Imler, dem Multi-Instrumentalisten Andreas Bonkow und einiger Gäste gewaltig was zu sagen – durch intelligente, nachdenkliche und auch freche Texte vom 2001 verstorbenen Schriftsteller, Dramatiker und Regisseur Thomas Brasch aus der ehemaligen DDR. Mal auf ruhige, wunderbar instrumentierte, introvertierte Weise (´Lied´), sphärisch-verträumt (´Haut´) oder mit rhythmischem, avantgardistischem Songwriter-Pop (´Das Meer´), der in Nuancen was von SCHILLER in sich trägt. Ein wenig Drum’n’Bass trifft auf die NDW (´Straßen´), zarter Akustikgitarrenrock (´Wind´) kann ebenso begeistern wie nahezu ein SUPERMAX 3.0 Feeling im stampfenden Funky-Disco-Groove (´Bleiben´). Die ´Ratten´ könnten einem auch im Roadhouse zu Twin Peaks herumhuschen neben geheimnisvoll-treibenden Elektronummern (´Maschinen´).

Organische Klänge und moderne, als auch an die aufregenden 80er erinnernde elektronische Sounds säumen gleichermaßen dieses Werk, welches ich jedem Tellerrandblicker nur dringlichst empfehlen will. Und das Ganze geriet so kreativ, dass es 17 Lieder auf einer Doppel-LP geworden sind… gottseidank muss man sagen, denn dieser Facetten- und Ideenreichtum macht schlichtweg süchtig und verlangt nach mehr.

(Less Lessmeister) – facebook.com/mashaqrella


MOTÖRHEAD – No Sleep`Til Hammersmith 40th Anniversary Edition
1981/2021 (BMG) – Stil: Heavy Metal Rock`n`Roll

Ich denke, jeder seriöse Metalfan wird irgendein Format dieses MOTÖRHEAD Klassikers in der Sammlung stehen haben. ´No Sleep`Til Hammersmith´ ist ein fucking Meilenstein und ein Livealbum das zweifelsohne den Status der Band mitgeprägt hat.

Zum Vierzigjährigen haut man nun wieder verschiedene Varianten des Albums raus. Und selbst wenn man alles von Lemmy und Co. besitzt, es gibt doch immer wieder was Neues. Die mir vorliegende Version ist die Deluxe Double CD mit 24-seitigem Book Pack. Komplett neu von den Originalbändern remastered und enthält die komplette Show vom Auftritt in Newcastle am 30.Märt 1981. Das Buch enthält bisher unveröffentlichtes Fotos sowie Interview-Material und jede Menge Statements von involvierten Menschen die vor Ort waren. Zudem gibt es noch ein paar unveröffentlichte Soundcheck-Tracks. Die absolute Vollbedienung des Klassikers.

Kommt auch in einer Triple-Vinyl-Variante mit megafettem Buch sowie einer Deluxe Boxset Variante mit vier CDs und jeder Menge Extras wie Poster, Picks etc….  Zum Vierzigjährigen hat man sich noch einmal ordentlich Mühe gegeben. Ob es ein Verkaufsschlager wird, ist eine andere Frage, denn ich kenne kaum jemand, der nicht zwei oder drei Varianten des Albums zu hause stehen hat. Nice to have, but…  MOTÖRHEAD forever.

(ohne Wertung- Jürgen Tschamler) – facebook.com/OfficialMotorhead


THE PAPER KITES – Roses
2021 (Nettwerk Records) – Stil: Soft Rock/Pop Ballads

“I wish you were here…” – dachte der grübelnde Best-Ager, als er gedankenverloren den Blick gegen die Zimmerdecke wandte, das Kleinhirn auf englischsprachig umgestellt hatte und den Liedern auf ´Roses´ lauschte – „…these songs are like knocking on heaven’s door – ten times.“ Er vermisste sie, nachdem sie sich gestern auf ein paar Drinks im Roadhouse zu Twin Peaks getroffen hatten, bis beide die Spannung der aufkeimenden Leidenschaft nicht mehr ertrugen und diese in einer gewaltigen Ektase in den Laken ihres Liebesnestes entluden.

Federleicht wie ein Papierdrache schweben die sanften Melodien der fünf Australier um das Sangesduo Sam Bentley & Christina Lacy zum mittlerweile fünften Male durch den Raum und streicheln eure Ohren. Der betörende Clou besteht diesmal aus dem Konzept der internationalen musikalischen Polygamie durch die jeweils verschiedenen weiblichen Gaststimmen, die jeden einzelnen der zehn Songs prägen. Auch wenn die meisten Künstlerinnen den Wenigsten unter euch geläufig sein werden, so lässt sich dennoch ein Album für Entdecker genießen, welches Bewunderer sentimentaler Darbietungen aller stimmlichen Nuancen von Tracy Chapman bis Suzanne Vega erfreuen wird.

Nun wisst ihr, was zu tun ist, wenn ihr dieses kleine, feine Pflänzlein am Wegesrand stehen seht: Am Besten pflücken, behalten und alleine oder zu zweit liebkosen.

(Less Lessmeister) – facebook.com/thepaperkitesband


RAWTISM – Raw And Off It`s Head
2021 (Independent Release) – Stil: Thrash Metal

Das aus Melbourne stammende Trio legt mit ´Raw And Off It`s Head´ seinen ersten Release vor. Sechs Tracks beinhaltet die EP und diese sind furztrocken produziert. RAWTISM sind Old School und orientieren sich am Thrash Metal, der sehr späten Achtziger, der damals immer wieder von Hardcore sowie Punk beeinflusst wurde. Als Crossover-Kapelle würde ich die Jungs dennoch nicht einstufen, aber sie kratzen schon an dem Genre. Späte D.R.I., LEEWAY und viel KILLING TIME höre ich heraus, ebenso wie klassische Thrash-Truppen der damaligen Zeit.

Eine Nummer wie ´Thrasher´s Endurance´ untermauert diese Aussage eindringlich.  ´You Will Get What´s Coming´ ist dagegen eine reinrassige, galoppierende Thrash Metal-Nummer, die auf Anhieb gefällt. Das folgende ´Stay Metal´ tendiert in die gleiche Richtung, wirkt aber auch irgendwie kompromissloser. Interessant ist RWATISMs Version des DIRE STRAITS Klassikers ´Sultans Of Swing´.  Ich weiß noch nicht wirklich, ob ich die Version mag oder nicht, aber die Idee, diesen Song auf eigene Art zu interpretieren, ist mutig. Kurzum, ´Raw And Off It`s Head´ ist ein kurzweiliger, erster Release der Australier, die man mal Auge behalten sollte.

(7 Punkte – Jürgen Tschamler) – facebook.com/Rawtismrawtism.bandcamp.com


TOM ROHR – Zwischen Jetzt und der Zeit
2021 (Independent) – Stil: Poprock

Wo ist die Zeit geblieben? Gefühlt schnell rennt die Zeit von dannen, wenn sie schön verbracht wird. Dabei ist Zeit nur das, so sagte Albert Einstein, was man an der Uhr abliest. „Wir bewegen uns linear darin, von der Geburt bis zum letzten Vorhang und wissen nicht, an welchem Punkt wir uns gerade jetzt befinden. Fest steht, wir müssen wieder gehen, aber wir wissen nicht wann, wo und wie. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als diesen Zustand zu akzeptieren und im Hier und Jetzt, das Beste aus dem bisschen Leben zu machen, das wir haben,“ sagt Tom Rohr in Bezug auf die Zeit. Denn sein neuestes Werk ´Zwischen Jetzt und der Zeit´ setzt sich geradewegs inmitten dieses Zeitkonfliktes.

„Die meisten verarbeiten den größten Teil der Zeit, um zu leben, und das bisschen, das ihnen von Freiheit übrig bleibt, ängstigt sie so, dass sie alle Mittel aufsuchen, um es los zu werden.“ – ist hingegen eines der schönsten Zitate aus Johann Wolfgang von Goethes „Die Leiden des jungen Werther“ für die Ewigkeit.

Tom Rohr nutzte seine Zeit, sein zweites Solo-Scheibchen selbst aufzunehmen und zu produzieren, in Hamburg als auch Dänemark. Seine Ausdrucksweise ist nicht die eines gewöhnlichen Singer/Songwriters. Er biedert sich weder direkt dem Pop an, noch harrt er auf den Akkorden seiner Akustikgitarre. Dennoch wäre es vermessen, Tom Rohr mit RIO REISER und JETZT! zu vergleichen. ´Die Ruhe vor dem Sturm´ und ´Viktoria´ sollte aus dem einen wie dem anderen Grund dennoch nicht alleine genossen werden.

(7,5 Punkte – Michael Haifl) – facebook.com/TomRohrMusik


CHRISTINE SALEM – Mersi
2021 (Blue Fanal) – Stil: World Music

Zu afrikanischen oder heimatlichen Rhythmen von der Insel Réunion im Indischen Ozean singt die fabelhafte Christine Salem ihre ureigene Musik – entweder von zarter Violine oder zarter Gitarre begleitet (als käme sie direkt aus den Real World Studios).

Sie singt, meist kreolisch, mit ihrer Altstimme von der Hoffnung auf eine bessere Welt und lässt sich von Rock, Blues und Maloya, dem Hauptmusikgenre, neben Séga, und ebenso auch Tanzstil auf der Insel Réunion, inspirieren. Obwohl die Einflüsse offen hervortreten, bewegt sich Christine Salem in ihrer eigenen Welt. Denn es überraschen nicht nur Gitarre und Geige, sondern auch Mundharmonika in ihrer Musik sowie Christine Salem bei einem wunderbaren Duett mit Jacky Malbrouck.

(Michael Haifl) – facebook.com/christinesalemrun


SIGNIFICANT POINT – Into The Storm
2021 (Dying Victims Productions) – Stil: Speed/Heavy Metal

Augen zu, hinein in den Metallsturm und durch! Ja, so macht das Spaß! Wer sich nach den truen Festivals sehnt, kann die Wartezeit verkürzen und sich eine Impfung mit dem zur Zeit wirksamsten Stoff aus Nippon verpassen: SIGNIFICANT POINT ist einfach der geilste Scheiß zum Rübe leerbangen im immer noch livelosen Jahr, der meine urältesten, metallischen Traditionsinstinkte anspricht.

Itormentor (Drums) und Kazuhiro Watanabe (Bass) geben Gas mit Uffta-Uffta-Geschwindigkeit und Rappel-Rappel, dazu George Itohs hervorragend passender, ursprünglicher, Gesang vorwiegend in englisch, der die Höhen nicht scheut, sich aber auch nicht als Dauerabtörner erweist. Hinzu gesellen sich klassischste, messerscharfe Riffs, Leads und Soli der beiden wahren String-Samurai Kazuki Kuwagaki und Gou Takeuchi auf zwei Kanälen – was will man mehr? Alles dran, alles drin – von GRAVESTONE über IRON MAIDEN, JUDAS PRIEST, RIOT, RUNNING WILD bekommt ihr die Vollbedienung. Überwiegend speedig, mal hymnisch, immer melodisch und die komplette kulturelle Brücke wird von Japan über US-Metal, NWoBHM bis hin zu teutonischen Speed-statt-Stampf-Trademarks gespannt und das auf eine unbekümmerte Haudrauf-Weise wie beim Debüt von TRAVELER.

Ick wer zun Schwein! – wie der begeisterte Berliner im Knorkemodus so sagt. Dōmo arigatō und up the Irons, SIGNIFICANT POINT – ich hoffe, ihr werdet mich live bald mal enthaupten!

(Less Lessmeister) – facebook.com/Significant-Pointdyingvictimsproductions.bandcamp.com


SINPLUS – Break The Rules
2021 (AWAL) – Stil: Alternative Rock 

Bei den Brüdern Gabriel und Ivan Broggini lief alles nach Wunsch und Plan. In diesen merkwürdigen Jahren 2019/2020 zog es die Schweizer wieder nach Kalifornien und Nashville. Erst dort fanden sie sich und ihre Musik wieder.

Nach drei Alben, einem MTV Award, einem Auftritt auf dem „Isle Of Wight“-Festival und der Teilnahme am „Eurovision Song Contest“ entdeckten sie nochmals ihre Instinkte und die Wurzeln ihrer Musik. Das Ergebnis ist modern und tanzbar.

´Break The Rules´ klingt so, als würdet Ihr Euch die Schuhe schnüren, alle Glitzer-Kostüme überstreifen und mit Billy Idol die Nacht in der City verbringen.

(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/Sinplus


THE MICHAEL STANTON ORCHESTRA – One Steel Guitar And So Much More
2021 (Spare Time Records/Cargo)

Das Album ´One Steel Guitar And So Much More´ von Michael Stanton ist im wahrsten Sinne des Wortes ein echtes „Greatest Hits“-Werk. Denn der Musiker hat sich an die Pedal-Steel gesetzt und unter der Mithilfe eines kleinen Orchesters, sozusagen eines Streicher-Ensembles, 14 Lieder aus der Pop- und Rock-Geschichte vertont.

Seine Vertonungen der Klassiker laufen im Fernsehen und im Radio, in Geschäften und zur Untermalung an öffentlichen Plätzen. Jeder kennt Neil Diamonds ´I’m A Believer´, vielleicht auch ganz unbewusst in der gesangslosen von Michael Stanton. Jeder kennt ´Lady Madonna´ von den BEATLES und ´King Of The Road´ von Roger Miller, vielleicht sogar unbewusst in Michael Stantons Version. Denn diese besitzen eine feierliche und himmlische Stimmung, wie sie hier zudem in ´Faded Love´, ´Crazy´, ´Let It Be Me´, ´I Never Knew Lonely´ oder ´Mary Did You Know´ offeriert wird.

Vielleicht ist Weihnachten in unseren Gedanken noch zu weit entfernt, aber als Geschenk würde eine CD des MICHAEL STANTON ORCHESTRAs ganz weit oben auf der Wunschliste stehen.

(Michael Haifl) – facebook.com/michael.stanton.


TRUCKER DIABLO – Tail End Of A Hurricane
2021 (Bad Reputation) – Stil: Hard Rock

Die Rocker aus Nord-Irland liefern mit ´Tail End Of Hurricane´ ihren fünften Release ab. Die bisherigen Alben waren alle sehr solide und hörenswert insofern man auf neueren Hard Rock mit Southern Rock Einflüssen und klassischen AOR-Sounds was anfangen konnte. Trotz supersolider handwerklicher Leistung fehlte es an Nachhaltigkeit.

Dieses Manko hat man auf dem neuen Album weitgehend abgeschafft. Die erste Hälfte des Albums knallt durch rockige Spielweise und enorm hohem Ohrwurmpotential förmlich rein. Großartige Songs mit fetten Hocks, krachenden Gitarren und einer angenehmen Rauheit. Der typische Festival Sound zum abgrooven mit einem Bier in der Hand. Nummern wie ´Rock Kids Of The Eighties´, ´Don`t Hold On To Hate´, ´BTKOR´, ´I Am Still Alive´ oder das krachende ´Insects` sowie der klassische Titeltrack sind an Lässigkeit kaum zu überbieten. Das kracht und hat doch Massenpotential. Was auch an Sänger Tom Harte, der eine äußerst angenehme Rockröhre besitzt und diese perfekt einzusetzen weiß. Wer auf moderneren Hard Rock mit klassischen Einflüssen und Ohrwurmpotential steht, der sollte dieses Album definitiv antesten. Auch wenn hinten raus die Luft etwas dünner wird und zwei/drei Songs weniger das Album im Gesamteindruck noch effizienter gemacht hätte.

(8 Punkte – Jürgen Tschamler) – facebook.com/TRUCKERDIABLOtruckerdiablo.bandcamp.combadreputation.fr


TYRANT`S CURSE – Modern Babylon
2021 (Ragnarök Records) – Stil: Heavy (Power) Metal

Ein eher untypischer Release für das kleine “Ragnarök” Label kommt mit TYRANT`S CURSE. Es ist das zweite Album von Andreas Leyer (SINFORCE, 12 ARMS), der sich hinter dem Bandnamen versteckt. Musikalisch ist das eher modern gehaltene Hausmannkost, die sich in vorgegebenen Spuren entlädt. Eindeutig Power Metal ist es nicht, aber für schlichten Heavy Metal bewegt man sich dann öfters an der Grenze zum Power Metal, ohne diese konsequent zu überschreiten. Zudem arbeitet man mit genau der Formel, die derzeit Power-/Heavy Metal nutzen,  die sich modernen Strömungen nicht verweigern. Gerade die eher schnelleren Stücke mit galoppierenden, teils stakkatoartig-klingenden Passagen wirken recht Reißbrett konstruiert.

Hervorzuheben sind aber sicher Tracks wie ´How To Kill A Lie´, ´Evolution Of Progeny´  oder ´Fields Of Gold´, die einen doch mitnehmen. Ich komme allerdings nicht drum herum zu erwähnen, dass doch einiges an dem Album immer wieder an SINFORCE, SYMPHORCE oder auch SINBREED erinnert. Wobei auch ein neoklassischer Ansatz nicht zu leugnen ist. Ob der Drummer ein Computer ist, will ich mal nicht ausschließen. Kurzum, Fans von modern gemachten Power-/Heavy Metal wird das gefallen, puristisch ausgerichtete Hartwurst-Anhänger wird das nicht wirklich abholen. Gut gemacht ist das schon, aber dabei bleibt eben eine Menge Originalität auf der Strecke.

Interessierte können das Teil für schlappe 12 Euro plus 1,70 Euro Porto bei www.ragnaroek-records.com abgreifen.

(knappe 7 Punkte – Jürgen Tschamler) – facebook.com/TyrantsCurse


V/A – Destination Forbidden Planet – 37 Outer Space Shock Treatments
2021 (Bear Family) – Stil: Rock’n’Roll

»Es gibt viel mehr Sichtungen als bisher öffentlich bekannt« hieß es zuletzt in den Schlagzeilen. UFOs und Aliens beschäftigen die Menschen schon lange. Filmisch und musikalisch. Wo ist also der verbotene Planet? Wer sind die (Space?) Invaders vom Mars? Wer ist der erste Mensch auf dem Mars? Fragen über Fragen, deren Antworten sich eventuell aus 37 Tracks der „Destination“-Reihe ergeben können, denn ´Forbidden Planet´ heißt die neueste Kollektion mit Liedern aus den Jahren 1951 bis 1965 aus dem Hause „Bear Family“.

Der Sci-Fi- und Alien-Anhänger wird natürlich schon ganz wuschig, wenn sich die Tore zu anderen Galaxien öffnen. Billy Lee Riley denkt schon lange an die kleinen grünen Männchen, Ella Fitzgerald ist sogar mit einem UFO auf Reisen. Ausnahmesänger, Louis Prima und Judy Garland, sind ebenso wie Ausnahmegitarristen, Billy Mure und George Barnes, von der Thematik geflasht. Nicht nur Künstler aus den USA, sondern auch aus Belgien und Großbritannien sind dabei. Mit Rock ’n‘ Roll hauen Don Lang, Merv Griffin, Jackie Fautheree, Pat and The Satellites, Billy Mize und Andy Dio auf die Pauke. Dazu kommen noch Melodien aus sieben Movie-Trailern, also Original-Filmtrailern sowie wenige monumentale Orchester-Einlagen.

(Michael Haifl) – facebook.com/BearFamilyRecords


V/A – That’ll Flat Git It – Vol.36 – Rockabilly & Rock ’n‘ Roll From The Vaults Of TNT Records
2021 (Bear Family) – Stil: Rock’n’Roll

Hierbei ist die Sache bereits vom Werk-Titel her eindeutig: Bei der 36. Folge von ´That’ll Flat Git It´ wird San Antonios Top-Label der 1950er Jahre gefeiert: „TNT Records“.

Robert Tanners Label produzierte in den Fünfzigerjahren ein größeres Angebot und eine größere Vielfalt als jeder andere Staat der USA. Das texanische Label hatte Rocker, Country-Legenden und Rockabilly-Größen in seinem Portfolio.

Der Musikhistoriker Bill Dahl stellt jedes einzelne der 34 Lieder ausführlich vor, mit Aufnahmedetails und Bildern. Von 1953 bis in die frühen Sechzigerjahre prägte Robert Tanner die Szene mit seinen Künstlern: etwa den Country-Legenden Leon Payne und Bill Anderson, Rockabilly-Durchstartern wie Ray Campi, Lonnie Lillie, Bill Morrison, Sandy Ford oder Jerry Dove sowie Rock ’n‘ Roll der Marke Glenn Reeves und Jimmy Dee.

(Michael Haifl) – facebook.com/BearFamilyRecords


PER WIBERG – All Is Well In The Land Of The Living But For The Rest Of Us… Lights Out (EP)
2021 (Despotz Records) – Stil: Dark Independent Avantgarde Rock

Wow, da hat er es mir nicht leicht gemacht, der gute Per… aber geil. Hatte er mich schon mit ´Head Without Eyes´ (zur schwierig zu definierenden Stilistik und seiner Person selbst siehe hier) auf neue Pfade geleitet, so ist er auch mit seiner neuen EP – deren vier Tracktitel aneinandergereiht für den rekordverdächtig ellenlangen Namen verantwortlich sind – unberechenbar und einzigartig auf weiter Flur. Gewohnt spannend und düster-atmosphärisch geht’s mit ´All Is Well´ los, wogegen ´In The Land Of The Living´ schon fast post-punkig bis post-rockig mit psychedelischen Noise-Mantras überrascht.

´But For The Rest Of Us…´ scheint scheint eine kunstvolle Vision zu sein, von den EINSTÜRZENDEN NEUBAUTEN ein leises, akustisches Hintergrundgemälde kreieren zu lassen, während der Meister dazu gedankenverloren seinen Klavierimpressionen freien Lauf lässt. Dafür reicht zugegebenermaßen mein intellektueller Zugang nicht aus, sodass ich mich erst wieder wirklich an ´ Lights Out´ erfreue, welches mir suggeriert, dass ein David Bowie in seiner dunkelsten Stunde mit Arjen „AYREON“ Lucassen im Retro- statt Bombastmodus klassische Rockhistorie in die Gegenwart transformiert. Großartig.

Für mich persönlich bleiben drei von vier Songs, die eigentlich als ein 24-Minuten-Longtrack wirken und die Spannung bis zum nächsten Longplayer mehr als halten können. Alles ist gut im Land der Kreativen.

(Less Lessmeister) – facebook.com/perwibergmusicperwiberg.bandcamp.com


THE WRING – The Wring²: Project Cipher
2021 (Independent) – Stil: Prog & Classic Rock

Die jahrzehntealte Weisheit, dass aus Kanada nur musikalisch Gutes kommt, bewahrheitet sich mal wieder. Nach dem 2017er Debüt legt Mainman Don Dewulf nun mit dieser halbstündigen EP nach. Während das Debüt noch härter und von einer Knarzigkeit geprägt war, die sogar hin und wieder an leichter wiegende Kompositionen der Landsmänner von VOIVOD erinnerte, hat sich nun eine gewisse Beschwingtheit durchgesetzt.

Grundelement ist zwar klassischer, erdiger und basischer Rock ohne Keys, der von den beteiligten Musikern aber äußerst filigran und ausschweifend, mit längeren Instrumentalpassagen vorgetragen wird. Die Progressivität bezieht sich auch darauf. Das Songwriting ist nicht sonderlich komplex, allen Passagen wird ohne Hektik genug Raum zur Ausbreitung gegeben und trotzdem die 5-Minuten-Grenze nie überschritten. Eine Chiffriermachine brauche ich jedenfalls nicht.

Die beteiligten Musiker haben bereits mit illustren Namen wie Keith Emerson, Glenn Hughes, Joe Satriani, Steve Vai, Robert Fripp, Peter Gabriel oder Robbie Williams 🙂 zusammengespielt, so dass ihr hier gnadenloses Könnertum erwarten könnt. Favourites sind für mich das bassgetriebene ´Sorceress´, das etwas PURPLE-Feeling aufkommen lässt und das unheimlich beschwingt emporfliegende ´Dissension´, das im Refrain sogar tatsächlich den Nachtflugmodus einschaltet. Well done und für die Zielgruppe empfohlen.

(7,25 Punkte – Markus gps) – facebook.com/thewringbandhttp://thewring.ca



Bis zum nächsten Klick.
Euer
Michael und das gesamte Streetclip-Team

 


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