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ROBOTS OF THE ANCIENT WORLD – Mystic Goddess

~ 2021 (Small Stone Records) – Stil: Psychedelic Stoner Doom ~


Endlich ist auch mal wieder Stoner drin, wo Stoner draufsteht…zumindest zu großen Teilen.

Schon beim Opener und Titelstück ´Mystic Goddess´, das sein mystisch sphärisches und damit natürlich auch psychedelisches Intro gleich beinhaltet, legen nach einem Drittel des Songs die Gitarren zwar gemächlich, dafür aber ordentlich fuzzy los, so wie es sich für eine ordentliche Stoner Band eben auch gehört. Alles andere wäre bei dem Bandnamen auch verwunderlich gewesen, wenngleich die Musik von ROBOTS OF THE ANCIENT WORLD (ich kürze es mal ab jetzt mit ROTAW ab) viel weniger Elemente des psychedelische Space Rock enthält, als man es bei diesem Namen vermuten würde. Also kein verzerrter und massiv mit Hall unterlegter Gesang und keine Gitarrenrückkopplungs-Orgien. Stattdessen tiefgestimmter, erdiger und ehrlicher Rock, der seine Blues-Wurzeln nicht verleugnet und dazu ein Gesang, der mich gleich verblüfft aufhorchen lässt. Allerdings gebe ich zu, dass ich mir beim initialen Durchlauf erst während des zweiten Songs ´Wasteland´ die Frage stelle, ob sich Glenn Danzig ein neues Betätigungsfeld gesucht hat. Sänger Caleb Weidenbach trifft dessen Timbre nämlich so genau, dass ich beim kontextlosen Hören dieses Stückes ohne mit der Wimper zu zucken eine Menge Geld darauf verwettet hätte, genau dessen Stimme zu vernehmen. Diese Feststellung ist aber per se überhaupt kein Manko, denn zumindest das erste Album von Danzig habe ich Ende der 80er rauf und runter gehört und sehr gemocht. Danach habe ich allerdings nach und nach den Faden verloren. Aber zurück zu ROTAW und dem Gesang von Caleb, der, ich muss es nun doch nochmal aufgreifen, genauso wie ehemals der gute Glenn, der Musik von ROTAW (ich kann es bereits ohne nachzudenken ausschreiben) einen charakteristischen Stempel aufdrückt. Aber Caleb setzt seine kraftvolle etwas kehlige und in mittlerer Tonlage gehaltene Stimme durchaus nuanciert ein, wobei diese, je nach zu erzielender Wirkung, im Spannungsdreieck zwischen denen von Glenn Danzig, Jim Morrison und John Garcia agiert. So, und damit hätten wir nun das Klangbild von Calebs Stimme recht gut eingegrenzt, aber dazu später mehr.

Die Gründung der aus Portland (Oregon) stammenden Band geht auf das Jahr 2015 zurück und seitdem haben sie, wenngleich lediglich im Eigenvertrieb, bereits zwei EPs (2016 und 2017) und ihr Debütalbum (´Cosmic Rider´ von 2019) unter die Leute gebracht. Jetzt endlich wird ihre zweite Langrille von einem „richtigen“ Label aufgelegt, oder besser deren zwei, denn herausgegeben wird das Teil als Zusammenarbeit zwischen dem aus Detroit stammenden Label „Small Stone Records“ und den Berlinern von „Kozmik Artifactz“. Personell hat sich in den zwei Jahren seit dem Debüt auch etwas getan, denn an Stelle eines ominösen ´Laven´ zupft nun Trevor Berecek den Bass und mit Harry Silvers verfügt die Band nun auch über einen echten Drummer, denn zuvor wurde dieser Job zusätzlich zu seiner Arbeit an der zweiten Gitarre auch noch von Justin Laubscher erledigt.

Man muss diesen beiden Labels aber auch wirklich für ihr feines Näschen dankbar sein, dass sie ROTAW nun endlich einem breiteren Publikum zugänglich machen, obwohl…so ganz unbekannt scheint die Band dank einer emsigen Marketingtätigkeit ihrerseits gar nicht mehr zu sein, ist doch ihr Debüt-Album, eigenen Aussagen zufolge, bereits über 300.000 Mal von den gängigen Streaming-Plattformen abgerufen worden. Ausgehend von den über 20.000 Aufrufe, die bei Youtube bereits erfolgt sind, bin ich gerne bereit, das auch zu glauben. So groß wird also das Risiko für die beiden Labels dann wohl doch nicht werden…

 

 

Aber auch musikalisch hat das Album, wie bereits Eingangs angedeutet, einiges zu bieten. So verfügt das Titelstück nach dem bereits zu Beginn dieses Textes angemerkten Intro, über einen ordentlich groovenden Mittelteil, bevor es wieder mit sanften psychedelischen Tönen ausklingt. Aber bereits das nachfolgende und zu meinen Highlights dieser Scheibe gehörende ´Wasteland´ offeriert die langsam schleppende Seite von ROTAW, in dem Caleb eindringlich auf die Zuhörerschafft einsingt und dabei eine hypnotische Wirkung ausübt, zu der mir spontan nur Vergleiche mit der von Jim Morisson bei seinen Hits ´Riders On the Storm´ und ´The End´ einfallen. Aber auch das Songwriting bei diesem Stück ist exzellent und die Instrumente, bis hin zu einer sehr zurückhaltend eingesetzten Wah-Wah-Gitarre, entfalten bei dieser Nummer eine maximale Wirkung.

Es gibt aber auch klassische Stoner Songs wie ´Agua Caliente´, das mit einem typischen Stoner-Riff startet. Diesem Riff ist das Wort KYUSS förmlich aufmodelliert und die so bearbeitete Schallwelle trägt es unbeirrt in die Ohren der Zuhörerschaft, wo es seine volle Wirkung entfaltet. Etwas härter geht es beim darauffolgenden und mit einem galoppierenden Riff unterlegten ´Out Of The Gallows´ zu, welches aber in die gleiche Kerbe schlägt und bei dem beide Gitarren nicht zu kurz kommen.

Richtig doomig wird es danach bei ´Unholy Trinity´, einem weiteren Highlight, bei welchem Caleb alle seine Gefühle auf einmal in seine „Danzig“-Stimme einbringt. Von Pein, als hätte er den ganzen Schmerz dieser Welt zu erleiden, bis hin zu Wut und Zorn, als wäre er alles andere als damit einverstanden. Unterstützt wird diese Achterbahn der Gefühle eindringlich und äußerst effektiv von den Instrumenten und hierbei natürlich vordringlich von den Fuzz-Gitarren. Bei diesem Song handelt es sich um ein untypisches Stück Stoner Rock, obgleich alle typischen Elemente des Stoner enthalten sind, aber eben alles auf Doom-Geschwindigkeit gedrosselt, wodurch dieses Stück seine ganz besondere Wirkung entfaltet.

Im Song ´MK Ultra Violence´ (Ich vermute, dass der Song vom Projekt MK-Ultra handelt…einfach mal googeln!) das mit einem kurzen Schlagzeugintro startet, packt Sänger Caleb seine „John Garcia“- Stimme aus und so verwundert es nicht, dass es sich bei diesem Stück um eine typische, wenngleich gelungene, Uptempo-Stoner-Nummer handelt, die druckvoll und mit einem markanten Bassspiel ausgestattet, aus den Boxen tönt, wobei sich auch die Gitarren wieder einmal nicht lumpen lassen.

Mit ´Lucifyre´ liegt dann für mich prinzipiell das absolute Highlight dieser Scheibe vor, welches zunächst alles andere als druckvoll, sondern sich, ungewöhnlich aber wahr, als orientalisch angehauchte atmosphärisch dichte und psychedelische Doom-Nummer präsentiert, bei der Caleb am deutlichsten seine Morrison-Stimme herauslässt. Im weiteren Verlauf ergehen…nein, duellieren sich beide Gitarren mit wahrlich elegischen Melodien, während der Bass immer und immer wieder wie ein schwerer Schmiedehammer auf die Ohren des Hörers niedergeht. Wie gesagt, eine sehr gelungene Nummer, wäre da nicht das…was ich am Anfang dieses Absatzes mit „prinzipiell“ angedeutet habe. Es ist der letzte Teil dieses Songs, der insgesamt einen bitteren Nachgeschmack bei mir hinterlässt. Hatten ROTAW im Intro ihres Debüts noch den von mir hoch geschätzten Physiker, (Sach-)Buchautor (unter anderem schrieb er das gleichnamige Buch für den Film „Contact“ mit Jody Foster) und Pulitzerpreisträger Carl Sagan zu Worte kommen lassen, so werden die letzten, immerhin rund drei Minuten dieses Songs, dem britischen rechtsesoterischen Verschwörungstheoretiker David Icke überlassen, dessen Vortrag von ziemlich sinnlosen und daher überflüssigen Klängen (Ja, auch Rückkopplungen. Da wären sie dann doch noch!) aus einer Gitarre untermalt wird. So gesehen passt die Musikuntermalung aber wiederum sehr gut zu den gesprochenen Worten. Denn auch wenn Justin Laubscher diesen ganzen esoterische Kram inklusive Verschwörungstheorien und Geheimbünde als Inspirationsquelle für seine Songs verwendet und ich gebe ja zu, dass diesen Themen durchaus die Anziehungskraft alles Unbekannten und Rätselhaften innewohnt, so sollte er nicht jedem Verbreiter solcher Phantasiegebilde blindlings hinterherlaufen. Dabei ist es ja eher witzig, dass Icke die Meinung vertritt, dass die Erde von einer Kreuzung aus Menschen und einer außerirdischen reptiloiden Rasse, den menschenfressenden Annunaki, beherrscht wird. Weniger witzig hingegen sind seine weiterführenden Behauptungen, die ich an dieser Stelle aber nicht weiter ausführen möchte. Das ist alles aber nur meine persönliche Meinung und ich gehe hier einfach mal wohlwollend davon aus, dass ROTAW sich nur über diese Spinnereien amüsiert. Außerdem soll es hier ja auch primär um die Musik gehen.

Bei dem Outro (die Band bezeichnet das Stück zwar nicht so, aber in der Tat ist es nichts anderes als ein besseres Outro für die Scheibe) ´Ordo Ab Chao´ geht man zu Beginn auf Sendersuche, um dann ein zunächst von einer Akustikgitarre, dann von einer elektrifizierten Gitarre begleitetes vokales Mantra zu vernehmen, das aus den Worten „Who Do You Think We Are“ besteht. Diese Worte sind sicherlich nicht als Hommage an DEEP PURPLE zu verstehen, sondern sollen vermutlich in Kombination mit dem Songtitel einen Sinn ergeben, der sich auf den Wahlspruch der Freimaurer bezieht und übersetzt so viel wie „Ordnung aus Chaos“ bedeutet. Warum das „C“ aus Chaos durch ein „K“ ersetzt worden ist, vermag ich nicht zu erklären. Ein Erklärungsversuch für die Kombination aus Mantra und Songtitel wäre aber, dass die Band die Menschen dazu auffordert, sich nicht so wichtig zu nehmen, denn egal was wir tun, die Welt wird sowieso im Chaos versinken, aus der eine neue Weltordnung entstehen wird. Und schon sind wir wieder bei esoterischem Geschwurbel und Weltverschwörungstheorien (siehe meine Erläuterungen zu ´Lucifyre´.) Das ist aber auch egal, weil dieses Stück sowieso ziemlich entbehrlich ist.

In Summe handelt es sich bei ´Mystic Goddess´ um eine sehr ordentliche Scheibe, bei der mich die doomigen Stücke mehr überzeugen als die schnelleren, die sich zumeist aus dem Standardvokabular des Stoner-Genres bedienen, wobei ich aber eingestehen muss, dass dies in vortrefflicher Manier bewerkstelligt wird und alle Instrumente, inklusive des Sängers, zu überzeugen wissen. Andererseits wären ROTAW ohne diese Stücke auch keine Stoner-Band und wie bereits erwähnt, sind sie im Gesamtkontext dieser Scheibe auch nicht wegzudenken, da dann auch die langsameren Stücke bei weitem nicht die Wirkung entfalten würden, wie sie es in dieser Kombination tun (Das war jetzt natürlich ein kleiner Seitenhieb auf die Einzelsong-Playlisthörer.). Ich bin mir sicher, dass die Reihenfolge der Stücke von der Band nicht ausgewürfelt worden ist. Vermutlich wird es eine Menge Leute geben, die das anders sehen und die schnelleren Stücke bevorzugen werden, aber so ist das eben mit dem Geschmack…und das ist auch gut so!

Somit ergibt das in Summe solide

(8 Punkte)

 

 

Das Covermotiv und Layout des Albums stammt vom Schwedischen Künstler Robin Gnista der dies in der Vergangenheit bereits für eine Menge anderer Bands und Musiker getan hat. Darunter ebenfalls namhafte Stoner-Größen wie die Italiener BLACK RAINBOWS oder die Schweden MAMONT, aber auch die Schwedische Heavy Metal-Band SCREAMER ist unter seinen Kunden zu finden.

Aufgenommen, gemischt und gemastered wurde ´Mystic Goddess´ übrigens von Jack Endino (Gründungsmitglied und Gitarrist der Grunge-Pioniere SKIN YARD), der dies bereits für so viele bekannte Acts getan hat, dass ich mir die Nennung von Beispielen an dieser Stelle erspare. Allerdings erkrankte dieser bereits nach vier Tagen, so dass die Arbeit von Mikel Perkins weitergeführt werden musste, der diese aber bereits nach weiteren zwei Tagen abschloss. Aus diesem Grund wird er auch als Co-Produzent dieser Scheibe aufgeführt.

´Mystic Goddess´ wird digital und auf CD am 21. Mai via „Small Stone Records“ und als LP via „Kozmik Artifactz“ am 28. Mai erscheinen.

Die von der Pallas GmbH hergestellten LPs wird es auf schwerem Vinyl mit Gatefold-Cover und mit einem speziellen Vinyl-Mastering in folgenden Varianten geben:
– 300x white-in-pink
– 200x white/black dust (KOZMIK MAILORDER EDITION)

 

ROBOTS OF THE ANCIENT WORLD sind:
Caleb Weidenbach – Gesang
Nico Schmutz – Gitarre
Justin Laubscher – Gitarre
Trevor Berecek – Bass
Harry Silvers – Schlagzeug

 

http://www.facebook.com/RobotsoftheAncientWorld
http://robotsoftheancientworld.bandcamp.com/
https://smallstone.bandcamp.com/album/mystic-goddess


(VÖ: 21.05.2021)