PlattenkritikenPressfrisch

SCAVENGER – Battlefields

~ 1985/2021 (Golden Core/ZYX) – Stil: Heavy Metal ~


Musik aus Belgien, selbst mit einigem Nachdenken bleibt das wohl eine kurze Liste. Da war der Chansonnier SALVATORE ADAMO. Als heutige junge Band fielen mir BLACK MIRRORS auf. Und der 80’s Metal? Aus dem Bereich fallen mir aktuell und ohne googeln gerade mal ACID und OSTROGOTH ein. Oder eben die hier besprochenen SCAVENGER. Ich persönlich kenne wohl mehr belgische Maler des 19. Jahrhunderts als Rockbands aus unserem Nachbarland.

Mit „Mausoleum Records“ war auch ein Underground-Label da aktiv, das bis heute einen gewissen Kultstatus hat. Einige der Bands dieses Labels, wie CUTTY SARK oder WITCHFYNDE, wurden durch „Golden Core“ mal wieder in Erinnerung gerufen. In diesen Reigen reihen sich nun SCAVENGER aus der Region Antwerpen ein.

Das wird Zeit. Schließlich wurden SCAVENGER kürzlich wiederbelebt. Zwar nicht mir Originalmitgliedern, dafür hatten diese aber volle Kontrolle bei der Personalauswahl. Sozusagen wurde der Staffelstab eine Generation weitegegeben. In die Diskussion, die immer wieder aufflammt, ist das noch die Originalband oder nur ein besserer Cover-Act steige ich jetzt nicht ein. Die letztjährige Single ´Backslider´ soll hier aber nicht unerwähnt bleiben.

Ja, es wird Zeit, weil so viele Perlen aus der wilden Phase sonst im Nirvana der Vergessenheit enden würden. Das haben auch SCAVENGER nicht verdient. Ganz sicher ist ´Battlefields´ kein Anwärter auf eine Top 10 des Jahres 1985. Muss das auch sein? Sollte man nicht einfach diesen Sound genießen, einfach weil er immer noch Spaß macht?

Man sagt den Belgiern ja gerne einen gewissen Hang zum Sublimen und Morbiden nach. Da reicht ein Blick auf Gemälde von James Ensor oder Illustrationen von Felicien Rops. SCAVENGER wirken da weit profaner. Natürlich, ganz klischeehaft, taucht der Teufel auf in ´Devil’s Answer´, es fällt das Wort ´Vengeance´. Aber es geht dann auch um Beziehungskram und Dinge zwischen Männlein und Weiblein. Die Hitze des ´Rock Fever´ wird besungen. Am Ende folgt die Feststellung ´My Ears Are Ringing´.

Sänger Jan Boeken (R.I.P. 2019) agiert weit weniger exhibitionistisch und affektiert als manche seiner Zeitgenossen. Das macht den Genuss angenehm. Aber wenn er aus sich rausgehen muss, kann er auch das. Und wie sieht es musikalisch aus? ´Into The Fire´ enthält Einflüsse von ACCEPT und JUDAS PRIEST, ein ´Heartbreaker´ hätte auch zu den SCORPIONS gepasst. ´Ready´ erinnert gar an selige SAVATAGE zur ´Power Of The Night´, hier lässt Jan auch den ein oder anderen Schrei vom Stapel. Die Songs waren erfrischend simpel und erfrischend kurz. Ein einziger Track des Originalalbums überschreitet die dreieinhalb-Minuten-Grenze.

Dazu kommt (nur auf der CD-Version) noch ein wenig Bonusmaterial. Musikalisch passen diese Sachen hervorragend, da wäre genug Stoff gewesen für mindesten ein weiteres Album. Warum das nie entstand? Verdient hätten es ´Chuck Stallion´ oder ´Dirty Love´ allemal. Die Demotracks klingen sogar sehr ordentlich. Da wurde noch einiges herausgeholt. Die Liveaufnahmen dagegen, umschrieben mit „For Fans Only“, die muss man mögen. Eigentlich klingen sie nämlich ähnlich grausig wie die Livetracks auf dem letzthin erschienenen Re der selbstbetitelten SORTILÈGE-EP. Als Zeitdokument ist das hinnehmbar, der Genuss wird leicht erschwert. Aber das ist Gemecker auf hohem Niveau, schließlich steckt das Booklet dann voller Fotos und einem Interview.

An dieser Stelle zum Abschluss gibt es noch zwei Dinge zu sagen. Zum Einen, wer SCAVENGER und deren einziges Album nicht kennt, sollte das tunlichst noch nachholen, vor allem wenn er diese Zeit und dieses Lebensgefühl immer noch liebt. Der aktuellen Besetzung um Chanteuse Tine Callebaut hingegen wünsche ich jeden erdenklichen Erfolg. Und ich mir noch ein neues Album, das neben ´Backslider´ und ´Battlefields´ seinen Platz findet.

(7,5 Punkte)

 

https://www.facebook.com/ScavengerOfficialBand

https://scavenger1985.bandcamp.com/