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KRAMP – Gods Of Death

~ 2020/2021 (Rafchild Records) – Stil: Epic/Heavy Metal ~


15.11.2020

Mein Kumpel und Informant aus der Szene Spaniens, Sebastián de Morra, schob mir diese Scheibe neulich zu. Die dürfte Dir gefallen, seine Worte. Auf die Frage, warum er das nicht übernehmen will, sie zu reviewen, meinte er, dass er sich nicht mit Mina überwerfen wolle. Hat er Angst vor Streckbank und Peitsche? Aber Hand aufs Herz. Gefällt ihm ´Gods Of Death´ nur ansatzweise so gut wie mir, sollte er aber keine Probleme dieser Art bekommen. Als promovierter Atomphysiker sollte er zudem in der Lage sein, ein adäquates Gespräch zu führen.

Allerdings gibt es ein klitzekleines Problem. Trotz der hohen Qualifikation, dank seiner geringen Körpergröße dient Sebastian am königlich spanischen Hof als Zwerg. Steht er vor Mina dürfte er doch ziemlich eingeschüchtert sein. Schließlich überragt sie ihn um gefühlt zwei Köpfe.

Dabei hat er etwa elf Gründe für lobende Worte. Das sind die elf Songs, die KRAMP für ihr Vollzeitdebüt eingetrümmert haben. Epischer Old School ´Underground Rebellion´, nicht nur dass der Song so heißt, er klingt auch entsprechend. Mina glänzt mit einer angenehm rauen Stimme. Meist bewegt sie sich in tiefen, warmen Lagen, Aber von Zeit zu Zeit kann sie auch noch oben ausfahren, aggressiv und laut, hohe, spitze Schreie der Art Jon Oliva inbegriffen.

Überhaupt, Mina. Sie steht in einer grandiosen Tradition, angefangen etwa bei Doro Pesch (mit WARLOCK ungeschlagen, später nicht immer auf ungeteilte Zustimmung gestoßen). Man kann CHASTAINs Leather Leone als Vorbild nennen oder Kate von ACID. Diese Reihe ist fortsetzbar bis heute mit NATTHAMMER, den BURNING WITCHES oder LADY BEAST. Oder vielen anderen mehr… Auch in Spanien gab und gibt es reichlich Damen im Heavy Metal. Das zeigt zum Beispiel der 2020 erschienene Sampler ´Ellas Son Electricas´, der leider noch in der Post unterwegs ist.

Musikalisch orientieren sich die Madrilenen am epischen Metal der 80er. Man kann WARLORD in den Einflüssen entdecken, oder OMEN. Vor allem aber kann man RUNNING WILD heraushören. Zum Vergleich kann aber auch eine zeitgenössische Band herhalten, wie die Süddeutschen GRENDEL’S SYSTER. Ob sie sich kennen oder nicht, diese Verwandtschaft ist höchst offensichtlich.

´Gods Of Death´ ist abwechslungsreich und spannend. Stampfendes Midtempo wechselt ab mit Hochgeschwindigkeit. ´Deorum Mortem´ ist ein A-Capella Stück, ähnlich einem Choral in einem mittelalterlichen Kloster. Und obenauf, auf klassischem Riffing und straighten Drums, thront Minas gefühlvolle und leidenschaftliche Stimme.

Ein bißchen erinnern die Spanier an eine Tapasbar. Kennt Ihr die Pflaume im Speckmantel? Alternativ nutzt man eine Dattel, eine knusprige, würzige Kruste, innen ein weicher, saftiger und süßer Kern.

Während ich meine 8 Punkte vergebe, noch ein Wort zu Sebastián de Morra. Der läßt sich gerade von Diego Velazquez porträtieren. Und der Meister läßt sich von KRAMPs Debüt inspirieren.

Mario Wolski

 

26.04.2021

Spanische Metal Bands sind ja heutzutage keine Seltenheit mehr und durch das Internet kommt man auch schnell an deren aktuelle Veröffentlichungen ran. Als 2016 KRAMP mit `Wield Revenge` auftauchten überschlugen sich manche geradezu in Sachen Lob. Keine Frage, die EP hatte ein paar nette Momente, ist mir allerdings aber eher wegen der scheußlichen Produktion im Gedächtnis geblieben.

Jetzt haben die Spanier um Frontfrau Mina Walkure ihren ersten Longplayer endlich als Vinyl veröffentlicht. `Gods Of Death` ist eine erstaunlich positive Entwicklung. Nicht, dass man sich vom ursprünglichen Stil der EP abgewandt hat, nein. Man hat einfach etwas Feintuning betrieben und sich noch mehr an den Bands orientiert, die einen maßgeblichen Einfluss im Soundgefüge hinterlassen. Namen wie MANILLA ROAD, OMEN, ETERNAL CHAMPION, SMOULDER oder MIDNIGHT DICE stehen da ganz vorne auf der Orientierungsliste. Sprich KRAMP suhlen sich im Genre des episch klassischen Heavy Metal. Erwartungsgemäß erfinden sie die Musik nicht neu und Innovationen sind in diesem Genre eh ziemlich ausgeschlossen.

Also machen KRAMP das, was eine ambitionierte Band eben macht, das Beste aus dem, was in diesem Genre machbar ist: epische Gitarrenläufe, klassische Rhythmen, solides Songwriting. Dazu ein, aus meiner bescheidenen Sicht, recht geradliniger Gesang, der zwar nicht als Schwachpunkt zu nennen, aber doch etwas voluminöser klingen könnte.

Das ändert nichts an recht schnittigen Nummern wie `Night Witches`, `Walkyrie` oder `Gods Of Death`. Interessanterweise singt Fr. Walkure bei `Assault` (Neueinspielung des EP Tracks!) so variabel und voluminös wie man es sich auf dem gesamten Album wünschen würde. Überhaupt ist dieser Track einer der Highlights des Albums. Abwechslungsreich, weniger episch, dafür mehr knallig heavy und hinten heraus mit ordentlich Schmackes. Das gleiche kann man auch von `Speed Of Light` sagen,  das ebenfalls neu eingespielt ist (Single von 2020).  Von der zuvor erwähnten `Wield Revenge`-EP haben sie ohnehin drei Songs neu eingespielt. Neben dem erwähnten `Assault` kamen  noch `Dare To Face Fear` und `Leather Warrior` zu Ehren. Letzteres klingt durch den besseren Sound jetzt wie eine galoppierende Überhymne. Sehr geil.

Alles klassischer Bangerstoff mit enormem Old School-Feeling. Das Material wächst mit jedem Durchgang, auch wenn einem sehr viel sehr vertraut vorkommt. Aber das ist eher zweitrangig, denn die Platte macht Spaß. Einige Nummern kann man sich wunderbar auf dem KIT vorstellen, wo 2000 Metalheads mit Fäusten in der Luft einen der epischen Refrains mitbrüllen. In diesem Sinne „Underground Rebellion“!

(7,5 Punkte)

Jürgen Tschamler

 

 

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