PlattenkritikenPressfrisch

GARY MOORE – How Blue Can You Get

~2021 (Provogue/Mascot Label Group) – Stil: Blues (Rock) ~


Zehn Jahre ist es her, dass einer meiner absoluten Lieblings-Gitarristen ziemlich überraschend verstarb. Gary Moore, den ich über ´Black Rose´ meiner Lieblings-Band THIN LIZZY 1979 kennenlernte und dessen Platte ´Back On The Streets´ ich 1981, da sie in Deutschland schon vergriffen war, nachjagte, wie der Teufel der Seele. Ich habe mir alle Veröffentlichungen von Gary von der ersten SKID ROW bis zu ´Blues For Greeny´ 1995 zugelegt, danach habe ich seinen Weg nur noch teilweise verfolgt, obwohl er immer noch sehr starke Platten veröffentlichte.

Warum? Nun, ich will ehrlich sein. Ich liebe Blues und ich liebe Gary. Aber wenn ich Blues höre, dann mag ich lieber die alten Meister, B.B. King, Freddie King, Albert King, Buddy Guy, John Lee Hooker etc. Ich mag auch gerne Blues Rock wie ihn der geniale Rory Gallagher spielte. ´Still Got The Blues´ fand ich von Gary noch super, aber mit jeder weiteren Blues-Veröffentlichung und seinem „Chic&Arm-Werbe-Einsatz“ mit ´Walking By Myself´ flaute mein Interesse ab. Denn ich mag den Heavy-Gary von der großartigen ´Corridors Of Power´ über ´Victims Of The Future´ und ´Wild Frontier´ bis zur noch ganz ordentlichen ´After The War´ deutlich lieber. Ich liebe auch den SKID ROW-Gary und mag vor allem die erste COLOSSEUM II (´Strange New Flesh´) mit dem großartigen Jon Hiseman am Schlagzeug und Don Airey auch sehr gerne.

Natürlich geriet Gary mit ´After The War´ in eine Sackgasse und auch in eine große persönliche Krise und er entdeckte seine alte große Liebe den Blues und seine „Greeny“, die von Peter Green erworbene Gitarre, die heute Kirk Hammett malträtiert. Ich mag auch die Blues-Sachen von Gary gerne live, denn Gary ist ein herausragender Gitarrist, der fast jeden in Grund und Boden spielen konnte. Darüber müssen wir kein Wort verlieren – und das tat er in nahezu allen Musikstilen.

Die vorliegenden, größtenteils unveröffentlichten, acht Songs, das macht schon der Titel des B.B. King Songs ´How Blue You Can Get´ klar, sind der Blues-Ära von Gary zuzuordnen. Allerdings sind mit dem etwas an ´Parisienne Walkways´ angelehnten ´In My Dreams´, ´Living With The Blues´ und dem für mich stärksten Titel des Albums ´Love Can Make A Fool Of You´ drei schöne Balladen enthalten, die letzte hätte auch auf ´Victims Of The Future´ oder ´Run For Cover´ erscheinen können und erinnert an (meine) goldenen Gary-Zeiten.

Die Blues-Klassiker vom Opener ´I’m Tore Down´ von Blues-Gott Freddie King oder ´Done Somebody Wrong´ von Elmore James bis zum genannten B.B. King-Titelsong sind natürlich hörenswert und nach so vielen Jahren treffen mich alle Songs sehr emotional. Ich habe Gary echt geliebt und in seinen Heavy Rock-Jahren mehrmals live gesehen (ich weiß wie ich als Führerscheinanfänger nach München fuhr, um ihn mit Ian Paice auf der ´Victims Of The Future´-Tour in der Alabama-Halle zu sehen). Songs wie ´Looking At Your Picture´ zeigen auch die hohe Variabilität Garys als Sänger. Die tiefen Passagen hatte er durch den Blues entdeckt und er verbesserte sich gesanglich ständig. Es tut gut, seinen Gitarrensound und seine Leidenschaft für Musik mal wieder zu hören und seine exaltierten, einmaligen Gitarrensoli.

Auf jeden Fall ist die Veröffentlichung ohne Einschränkung empfehlenswert, auch wenn ich hoffe, dass irgendjemand alte, unveröffentlichte ´Corridors…´- Songs in Garys Speicher findet. Würde sich halt leider nicht so gut verkaufen.

(Ohne Wertung)


(VÖ: 30.04.2021)