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STREET KOMPASS März 2021

Hallöchen,

der allerneueste Kompass erscheint nun endlich kurz nach Ostern und legt Euch mit seinen gewohnten Kurzreviews noch ein paar echte Überraschungen in die Nester. Da Ihr es bestimmt nicht mehr abwarten konntet, legen wir auch umgehend und ohne Umschweife los:

 

 

M o n a t s h e r r l i c h k e i t

 

 

Q u i c k – R e v i e w s


3.2 – Third Impression
2021 (Frontiers Music s.r.l.) – Stil: Progressive AOR/Artrock

Auch wenn Manche auf einen dritten Eindruck zur Beurteilung schwören, entscheidet nicht zuletzt aufgrund der Masse an veröffentlichter Musik oft der Erste über Top oder Flop – zumindest bei mir. Jawoll und Kawumm, liebe Feinschmecker – bereits die ersten 9 Minuten haben gesessen und das Niveau fällt keinen Deut auf den kürzeren Titeln der Scheibe. Umso besser also, wenn schon der lange Opener sich dermaßen zwischen die Ohren fräst wie beim minimalistisch unspektakulär „3.2“ betitelten und becoverten Projekt von Sänger und Multi-Instrumentalist Robert Berry.

Dagegen klingt der Inhalt nach einem himmlischen Allstarprojekt, in welchem die Gesangslinien eines Peter Gabriel auf die Traditional-Roots von DARE und das exzellente Songwriting von MAGNUM treffen, um kraftvoll-knallenden, progressiven Hardrock zu erschaffen, dem dazu EMERSON, LAKE & PALMER die instrumentale Finesse verleihen, während ASIA für den Bombast sorgen. Tja, Freunde – gut geraten, denn das war vor über 30 Jahren die Intention von Berry und den legendären Keith Emerson (R.I.P.) und Carl Palmer unterm simplen Namen „3“, um ein Stückchen vom ASIA & GTR-Kuchen abzubekommen. Die Idee des Relaunches kam leider zu spät für Keith, dessen Ideen dafür bereits beim Vorgängeralbum von 2018 und nun erneut unsterblich gemacht wurden.

Selten so eingängige, aber hochkarätige Mucke inklusive feinster Keyboardorgien gehört. Da freut man sich schon regelrecht auf sämtliche zukünftige Eindrücke nach dem Dritten! Pflicht für Fans der genannten Gruppen.

(Less Lessmeister) – www.facebook.com/Robertberrymusic


ANCIENT ASTRONAUTS – Zik Zak
2021 (Switchstance Recordings) – Stil: World Music/Hip Hop

´Zik Zak´ ist schon das fünfte Studioalbum der ANCIENT ASTRONAUTS. Gegründet 2001 in Köln von TOM STRAUCH und INGO MÖLL sind seine Mitglieder zu gefragten Produzenten geworden, die nicht nur afrikanische Musik spielen, sondern überwiegend auch afrikanisch geprägt sind.

Neben den vier Alben stehen ausverkaufte Auftritte in Miami, San Francisco, New York, und Washington sowie in Paris, Barcelona oder Budapest, sozusagen weltweit, und Kollaborationen mit THIEVERY CORPORATION, THE PHARCYDE, THE JUNGLE BROTHERS, DJ BRACE, SHAWN LEE, VIEUX  FARKA TOURE auf der Habenseite der ANCIENT ASTRONAUTS.

Die Musik ist selbstredend World-Africa-Music, die angereichert mit Dub, Funk und Reggae dargeboten wird. Eine flirrend nervöse, dunkle Atmosphäre trägt ´Zik Zak´ in außergewöhnliche Weiten des Musik-Universums. Allein der Hip Hop-Gesang trifft den Geschmack des Rezensenten nicht. Ohne den World-Music-Einfluss wären sogar Parallelen zu den frühen Werken von LIMP BIZKIT möglich.

(Rob „Bert“ Hall) – www.facebook.com/ancientastronauts


APRIL WINE – Power Plays (From Las Vegas to Kansas), Live On Radio 1981-1982
2017 (Cannonball) – Stil: Hard Rock

Neu ist anders, ich weiß. Aber diese Do-CD aus 2017 verdient es kurz erwähnt zu werden. Als APRIL WINE-Nerd finde ich deren Live-Veröffentlichungen deutlich spannender als die Studioalben, denn live offenbaren sich die Stärken der Kanadier, die auf Studioalben nicht wirklich durchkommen.

Und mit `Power Plays (From Las Vegas to Kansas), Live On Radio 1981-1982` hält man zwei Shows in den Händen, als die Kanadier auf ihrem musikalischen Höhepunkt waren. `Power Play` und `The Nature Of The Beast` gehören zweifelsohne zu den besten Alben der Band und diese beiden Scheiben stellen sozusagen den musikalischen Mittelpunkt der beiden Liveshows auf dieser Do-CD dar. Beides mit hervorragendem Sound, sind immerhin Radioshows, wird das getoppt von zwei exzellenten Setlisten. Kenner werden aber erkennen, dass die Kansas Show von 1982 schon einmal von „King Biscuit Flower Hour“  unter dem Titel `April Wine – King Biscuit Flower Hour Presents…April Wine` veröffentlicht wurde! Dennoch, durch die Las Vegas Show, mit kurzem Interview vor Showbeginn, ist diese Do-CD Variante vorzuziehen. Dass sich die Setlisten überschneiden, ist unvermeidbar, aber dennoch, man merkt die Power und Energie, die von der Band ausgeht und hat das Gefühl, man stehe mitten im Publikum. Also APRIL WINE-Nerds, wenn ihr das Ding seht, zugreifen. Es lohnt sich jede verdammte Sekunde!

(ohne Wertung – Jürgen Tschamler) – www.facebook.com/AprilWineOfficial


BURSTING WONDERLAND – David vs Goliath
2021 (M & O Music) – Stil: Alternative Rock

Die gebürtige Polin/Sängerin Anna Chmielewska tat sich in Irland mit dem gebürtigen Italiener/Bassist/Gitarrist Mimmo Ripa zusammen, um das Duo BURSTING WONDERLAND zu gründen. Gemeinsam mit Schlagzeuger Stefano Mancini haben sie ihr Debüt eingespielt, das aktuell via „M & O Music“ erscheint.

Das Album bietet dabei eine gepflegte Mischung aus Alternative Rock und echtem Grunge der Neunzigerjahre an. Die Songs sind wuchtig als auch aggressiv. Sie sind anschmiegsam und lieblich, also ying und yang, süß und sauer.

Wer´s nicht glaubt, kann sich den ersten Clip zu Gemüte führen:´Rebels´.

(Michael Haifl) – www.facebook.com/BurstingWonderland


CHEZ KANE – Chez Kane
2021 (Frontiers Music s.r.l.) – Stil: Female Fronted Hard Rock

Und wieder mal dem Kollegen Tschamler eine Dame zum Tanze weggeschnappt. War mir ein Vergnügen, zumal zumindest CHEZ KANE als eine der drei Schwestern der britischen Band KANE’D alles hat, was den Female Fronted Hardrocker von JESSICA WOLFF über LITA FORD bis HEART erfreut: Fetzige Stimme und dicke Backings (ich meine Chöre – ihr niederen Chauvis!), ansprechende Ohrwurmsongs mit passenden Keys, partytaugliche Gute-Laune-Rocker und die entsprechenden Klampfensoli als I-Tüpfelchen dazu. Kein einziger Titel fällt unangenehm auf, es gibt ständig Abwechslung und Genretypisches aus den goldenen 80/90ern – jedoch durchweg wohlschmeckend vom CRAZY LIXX-Fronter Danny Rexon angerichtet – zu geniessen.

Einfach herzerfrischende, eingängige, einwandfrei ausgeführte Mucke, die statt Superlativen und Sensationen zu suchen, ehrlich und gut unter- und jung hält. Das reicht manchmal zum Wohlfühlen.

Anspieltipps: die Hits ´Better Than Love´ und ´Dead End Street´ jeweils mit Saxofoneinsatz, der fette Chart-Stampfer ´All Of It´, die klassischen BON JOVI Hardrock-Dramen ´Too Late For Love´ und ´Ball N‘ Chain´ und der flotte Ritt zum ´Midnight Rendezvous´

(Less Lessmeister) – www.facebook.com/ChezKaneVocalist


COBRA CULT – Second Gear
2021 (GMR Music) – Stil: Hard Rock

Schon Ende 2015 gründete sich die Band in Stockholm und hat bisher nur digitale Download-Medien veröffentlicht. Das Quartett um Frontdame Johanna Lindhult liefert nun mit `Second Gear` ein kurzweiliges Album mit acht Songs.

Der klassisch-schnelle Hard Rock ist mit Einflüssen aus dem Punk sowie dem R`n`R unterfüttert und ist so gesehen eine typisch schwedische Stilkombination. Man rundet das ganze Material mit einer catchy Note ab, ohne dass dabei die Mittelfinger-Attitüde flöten geht. Eher simple Drei-Akkorde-Songs mit griffigen Gesangsparts prägen das Album, das mit dem wohl besten Track des Albums, `Sell Your Soul`, den Acht-Tracker eröffnet. Ein fucking Ohrwurm mit geilem Riff. Tendenziell erinnern mich manche Stücke an schnellere, tightere SPIDERS-Songs mit einer doch ausgeprägteren Punknote.

CORBA CULT sind eher ein musikalischer Grenzgänger mit ihren doch nicht ganz so tief verwurzelten Hard Rock-Roots, gerade weil man auf den Punk- und R´n´R-Sektor schielt. Nett gemacht, gut zu hören, macht Laune. Punkt.

(7 Punkte – Jürgen Tschamler ) – www.facebook.com/cobracultband


DUMPSTAPHUNK – Where Do We Go From Here
2021 (Mascot Label Group / The Funk Garage) – Stil: Funk/Gospel/Rock

DUMPSTAPHUNK, bereits vor Jahren von der „New York Times“ als beste Funk-Band aus New Orleans geehrt, veröffentlichen acht Jahre nach ´Dirty Word´ endlich ihr viertes Album.

Mastermind/Sänger Ivan Neville und sein Bruder Ian haben mit den Langzeitmitgliedern Tony Hall und Nick Daniels sowie den Neuzugängen Alex Wasily, Ryan Nyther und Devin Trusclair ´Where Do We Go From Here´ eingespielt. Die Band bleibt dabei glanzvoll dem NOLA-Sound, dem Sound aus New Orleans treu, und spielt natürlich krassen Funk Rock mit old-school R&B.

DUMPSTAPHUNK haben neben den eigenen Großtaten auch Neueinspielungen von SLY AND THE FAMILY STONEs ´In Time´ aus dem Jahre 1973, Buddy Miles‘ 1973er Song ´United Nations Stomp´, mit einem Gastsolo von Marcus King, sowie das BLACKMAIL-Kleinod ´Let’s Get At It´ aus 1975 im Gepäck.

Diese Mega-Funk-Fusion wuchert zudem mit Lektionen in sozialer Gerechtigkeit sowie natürlich bezüglich Rassismus und Polizeigewalt. Die Frage ´Where Do We Go From Here´ wollen und können wir daher heute nicht in aller Kürze beantworten. Nur soviel: Funk You.

(Michael Haifl) –  www.facebook.com/DumpstaphunkNOLA


FLOATING OPERA – Floating Opera
1981/2021 (Golden Core/ZYX Music) – Stil: Seventies (Hard) Rock

Die zweite remasterte Wiederveröffentlichung aus gutem Hause, die mich diesen Monat locken konnte, ist weitaus mehr in den 70ern verwurzelt als SPHINX und gehört – stilistisch eigentlich schwer einzuordnen – eher in den Bereich des Krautrocks, der sich die Zeit und die Liebe für ausdrucksstarke Lieder nahm, wie beispielsweise das intensive ´Fading Heroes´ auf achteinhalb Minuten mit seinen runtergefahrenen Bass-, Streichelschlagzeug- und leidenden, charismatischen Gesangsparts zwischen den emotionalen und instrumentalen Eruptionen zeigt. Schon fast Southern Rock-Feeling vermitteln ´Floating Opera´ und das SKYNYRD-sentimentale ´Transformation´, als Vorläufer späteren Hard Rocks gibt’s ´Pig Bee Trap´, simplen gute-Laune-Rock’n’Roll versprüht natürlich der ´Soul Man´ und erneut gefühlvoll werden die Kerzen erleuchtet beim überragenden ´Ride In The Night´. Zum Abschluss spricht diese Re-Issue wie von selbst auf entspannte Singer-Songwriter-Manier direkt zu euch: (I’m) ´Coming Home To You´. Heißt sie daher mit offenen Armen willkommen.

Hier scheint man den Schweiß von bewusstseinserweiterten Musikern zu riechen, die sich klatschnass in ihren Stücken verlieren, jedoch keinesfalls ins Psychedelische fallen, sondern geradeaus und ehrlich-emotional ihr Ding durchrocken, wie es ganz am Anfang ihrer Karrieren auch die SCORPIONS oder ELOY auf ihre ebenso eigene Art getan haben. Eine weiterer, wertvoller Trip in die goldene, heimische Vergangenheit. Das würdige Vinyl folgt im Mai.

(Less Lessmeister) – www.facebook.com/Goldencorerecords


HOT BREATH – Rubbery Lips
2021 (Independent Release) – Stil: Hard-/Retro Rock

HOT BREATH sagten mir bis vor Kurzem gar nichts. Aber schon nach dem ersten Durchgang war klar, die zweite Scheibe (2019 veröffentlichte man eine gleichnamige 6-Track-EP) der Schweden wird so schnell nicht in der Sammlung verschwinden.

Nein, musikalisch innovativ klingt das nicht, aber es hat verdammt viel Seele und grätscht mit einem hohen Ohrwurmpotential rein. Musikalisch noch etwas in den Sechzigern verwurzelt, besteht das Material doch überwiegend aus straightem, glamigen Retro-Heavy Metal der Siebziger, mit einer Portion Gitarrenpower des neuen Jahrtausends. Der Gesang von Frontfrau Jennifer Israelsson hat was, obwohl sie recht geradlinig singt. Dass die Truppe supersolide klingt, hat allerdings auch Ursachen, setzt sie sich doch aus ex-Mitgliedern von HYPNOS, HONEYMOON DISEASE und GRAND zusammen. Gerade die ersten beiden Bands sind ja im Metal-Genre keine Unbekannten mehr. Dass von diesen Bands auch Einflüsse im Sound des neuen Albums zu finden sind, ist daher selbstredend. Kurzum, ein locker beschwingtes Album, das sich keinem Trend unterordnet, Laune durch seine Lockerheit macht und dennoch mit spritzigen Riffs eine gewisse Heavyness vermittelt. Anspieltipps wären `Magnetic`, `Turn Your Back`, `Bad Feeling`, `Right Time`.  Sehr gefällig.

( 7,5 Punkte – Jürgen Tschamler) – www.facebook.com/hotbreathgbg


IVY GOLD – Six Dusty Winds
2021 (Golden Ivy Records) – Stil: Blues/Hard Rock

Deftiger, harter Bluesrock mit der erwachsenen Stimme von Frontfrau Manou, die kraftvoll irgendwo zwischen unserer Jutta Weinhold und den ROSY VISTA Damen Anca Graterol und Andrea Schwarz klingt und den ständigen Ärger über das weinerliche Gesäusel der hochdotierten Popstars vergessen lässt. Dazu eine herrliche Orgel, die den filigranen Gitarrensoli Paroli bietet und ein gewisses Classic Hardrock-Feeling versprüht.

Die Refrains gehen gleich ins Ohr, während das ultragroovig bluesrockende Ensemble inklusive fetten Drums und fetzigem, mal funky Bass dabei schön Arsch tritt. Kein Wunder, denn um Mastermind und Gitarrist Sebastian Eder (AVALON) haben sich einige hochkarätige Musiker versammelt, die sich ihre Sporen bereits bei unterschiedlichsten Künstlern wie Billy Idol, Glenn Hughes, Peter Gabriel, Jennifer Rush, Sammy Hagar und auch Joe Bonamassa verdient haben, um nur einige zu nennen. Natürlich kommt die ganze Strahlkraft von Manous Organ erst recht zur Geltung , wenn die Band gefühlvoll einen Gang runterschaltet und sogar den SANTANA heraufbeschwört.

Wenn der Hardrocker mit einem Faible für weibliche Stimmen mal Blues hört, dann so! Anspieltipps: ´Face Of Deceit´, ´Retribution´, ´We Are One´, Without You´, ´Born Again´.

(Less Lessmeister) – www.facebook.com/ivygold.net


JANINA JADE – Heart Of Rock`n`Roll
2021 (GMR Music) – Stil: Hard Rock/Rock`n`Roll

Ich hatte von der schwedischen Lady schon mal ein Album in der Hand, kann mich aber nicht im Geringsten daran erinnern, dass mich das nachträglich beeindruckt hat. So bin ich jetzt doch verwundert, dass die Dame mit einem neuen Album am Start ist.

Und interessanterweise hat sie sogar Gitarristin JENNIFER BATTEN (JEFF BECK, MICHAEL JACKSON, etc…) für ihr Album gewinnen können. JANINA JADE wird von nicht wenigen schwedischen Medienvertretern als weiblicher KEITH RICHARDS betitelt. Dem zuzustimmen bin ich nicht abgeneigt. Wie der Albumtitel schon suggeriert, Rock`n`Roll to the bone. So kommen die Stücke ungekünstelt, direkt, mit einem nicht zu unterschätzenden Seventies Touch und einem recht egozentrischen Gesang daher und wirken. Ja, wirken. Nicht im Sinne von technisch überragend oder ausgefallen, nein, durch ihre tiefsinnige Direktheit und diesem Rock`n`Roll Charme. Die Stimme wirkt ebenfalls und ist enorm eigenwillig und bildet das Zentrum der Stücke. Wobei mir hier stimmlich Parallelen zu PATTI SMITH erwähnenswert sind.

Nicht dass die Tracks Ohrwurmpotential besitzen, dazu sind sie kantig, aber sie sind tiefsinnig und eindringlich, was einem ziemlich Reiz darstellt. Anspieltipps: `How Long How Long`, `Trouble`, `Last Chance Saloon`, `Before My Times Run Out`.  Wer einem MIKE NESS oder ANDY MC COY und deren Soloalben was abgewinnen kann, der sollte JANINA JADE mehr als eine Chance geben.

(7 Punkte – Jürgen Tschamler) – www.facebook.com/janinajadeofficial


MAGMA RISE – To Earth To Ashes To Dust
2021 (H-Music Hungary/Daredevil Records) – Stil: Doom

Ex Oriente Lux.

Aber es kommt eben nicht nur das Licht der Sonne aus dem Osten. Manchmal ist es auch schwärzester Black Metal, oder hier, in diesem Falle aus Budapest, lavaheißer Doom. MAGMA RISE, 2009 gegründet von Mitgliedern der Underground-Band MOOD, haben schon zwei Alben und zwei EPs im Köcher. Und diese Erfahrung ist spürbar.

Jeder Ton, jede Note sitzt da, wo er, sie hingehört. Da ist kein Platz für Ballast. ´To Earth To Ashes To Dust´ ist voller Epik und Dramatik, voller dunkler Melodien und saft- und kraftvollen Gitarren. Schwermut findet sich, dunkle Schönheit, aber nie neigt man zum Weinerlichen. Ein Grund ist sicher, man bewegt sich selten im langsamen und zähflüssigen Bereich.

So bekommt der geneigte Hörer eine Mixtur zwischen CANDLEMASS und THE OBSESSED. Als Kirsche auf der Torte gibt sich Eric Wagner von TROUBLE ein Stelldichein. Anspieltipp, ´From The Heights From The Ground´.

(8 Punkte – Mario Wolski) – www.facebook.com/magmarise


MARKUS & SHAHZAD – Janna Aana
2021 (Dionysiac Tour) – Stil: World/Funk/Psychedelia

MARKUS & SHAHZAD sind das Projekt des französischen Produzenten Marc „MARKUS“ Cormier und des pakistanischen Sängers Shahzad Santoo Khan. Der Oud-Spieler und Produzent suchte vor vier Jahren für sein World-Funk-Elektro-Projekt einen Sänger, den er via Social Media in dem in Pakistan bekannten Qawwali-Sänger Shahzad fand.

Das erste Album ´Tumba´ zog weltweit mehr als 200 Auftritte nach sich, denn die Musik aus World-Music und Funk sowie Psychedelica wird wie auch auf dem zweiten Album ´Janna Aana´ modern und tanzbar umgesetzt. Die perfekte Darbietung für den orientalischen Abend in der Cyber-Disco, die sich elektronisch und durch die Oud mit psychedelischen Schwaden umgibt.

(Rob „Bert“ Hall) – www.facebook.com/markusandshahzad


NATUR – Afternoon Nightmare
2020/2021 (Dying Victims) – Stil: Heavy Metal

„Dying Victim Productions“ haben schon ein Händchen. Sie graben immer wieder Bands aus, die vielleicht nicht wirklich feinsinnig sind. Dafür verströmen diese dann aber eine durchschlagende Wirkung.

Ein Beispiel? NATUR, ein Quartett aus Brooklyn, New York, das seit 2008 den Weg in die Welt sucht. Und findet. Nach Demo, Single, Split, EP und Live-Album, alle Formate genutzt, die ganze Ochsentour, kam 2020 das zweite Album, das DVP jetzt für uns Europäer zugänglich machen. Von den albernen Pseudonymen der Marke „Dino Destroyer“ (Gitarre) abgesehen, oder gerade mit diesen, sind NATUR völlig und absolut Frühachtziger. Simple Riffs, zugängliche Melodien, sparsame Soli, hier zählt Einfachheit. Auf den ersten Blick. Das ist aber die Finesse, den Anspruch als Simpel zu tarnen.

Aber es zählt die Wirkung. Etwas weniger räudig als etwa BEWITCHER, mischen sie in ihren Heavy Metal leichte Black-Anklänge. Dabei wird es aber nie wirklich gewollt rumpelig. Am ehesten könnte man den Sound mit MERCYFUL FATE mit normalem Gesang umschreiben. Ab und zu eine (zu selten) genutzte Orgel, die dann einen leicht psychedelischen Anstrich gibt.

Hits sind für mich das geile Riff im flotten ´The Contract´ und der finale Epic ´Unsolved Mysteries´. Da bleibt nur zu rufen: All Hail The NATUR!!!

(9 Punkte – Mario Wolski) – www.facebook.com/NATURHEAVYMETAL


OCCULT HAND ORDER – The Chained, The Burned, The Wounded
2020/2021 (Interstellar Smoke Records) – Stil: Stoner Doom / Heavy Rock

Der Staub bröselt, die Wüste lebt, zumindest wenn es die Intention der Franzosen vermag, ihren Sound gedanklich und malerisch zu transportieren. Nach einer selbstbetitelten EP im Jahre 2018 kehrten OCCULT HAND ORDER zwei Jahre später mit einer CD namens ´The Chained, The Burned, The Wounded´ zurück, deren Laufzeit von über einer halben Stunde sie ebenfalls als EP klassifizieren könnte. Doch EP hin oder her – das schöne Stück wird jetzt erstmals auf Vinyl aufgelegt, schön knackig und schön schwarz.

Verdient hat es sich ´The Chained, The Burned, The Wounded´, denn es packt alle Menschen gefühlsmäßig ein, die nicht nur aktuell auf ihre Landsleute von MARS RED SKY stehen, sondern bereits früher auf ELECTRIC WIZARD oder einst auf BLACK SABBATH standen. Diese Mischung aus Heavy, Desert und Stoner Rock paart sich bestens mit einigen Elementen der nicht totzukriegenden NWoBHM.

Dass diese musikalische Reise durch die Wüste führt, und zwar über die Einöde, die die Menschheit in ein paar Jahrhunderten hinterlassen wird, macht die Kompositionen umso authentisch gruseliger. Die Frage ´What Comes After Us´ wollen und können wir heute nicht beantworten.

(Michael Haifl) – www.facebook.com/occulthandorder


RIOGHAN – Blackened Sky (EP)
2021 (Inverse Records) – Stil: Avantgarde-Pop/Rock

Finnland hat schon einige Elfenwesen hervorgebracht, das Neueste hört auf den Name RIOGHAN. Hatte Rioghan Darcy euch gerade mit dem Opener ´Hollowness´ in eine träumerische EVANESCENCE-Wolke der Sorglosigkeit und des wohlfühlenden Verlangens mit Piano und sanften Beats gehüllt, schlägt sie direkt danach perkussiv mit der rauen, provokanten Härte einer Wendy O Williams des alternativen Modern Prog Metal Universums zu, verbindet das mit dem künstlerischen Ausdruck einer gefühlvollen BJÖRK und verkündet in harscher Stimmlage: ´Enough´ „is enough“.

Erneuter Kurswechsel des Musik-Chamäleons. Diesmal gibt sie sich bei ´Wither´ verspielt und packt zu basslastigen Frequenzen die Kommerzialität kunstvollen Avantgarde-Pops mitsamt Chören aus. Den Abschluss macht das wunderschöne, sentimentale ´Corrupt´ mit Streichern und Akustikgitarre.

Bei so viel ideenreicher Abwechslung und emotionalem Ausdruck darf man sich wie ein Troll auf das Debütalbum freuen! Vielleicht eine der heißesten Newcomerkünstlerinnen seit meiner gehuldigten MIMMI?

(Less Lessmeister) – www.facebook.com/rioghandarcy


JOHANNA SAMUELS – Excelsior!
2021 (Basin Rock) – Singer-Songwriter

Geboren in New York City, benannt nach Bob Dylans ´Visions Of Johanna´, wuchs Johanna Samuels mit den klassischen Klängen der Singer-Songwriter aus den Siebzigerjahren in Los Angeles auf. Sie wurde bereits mit den Größen Joni Mitchell und Carole King in einem Atemzug genannt oder mit Regina Spektor und Ani DiFranco verglichen. Ihre Kompositionen sind dabei von der klassischen Singer-Songwriter-Schule geprägt, strahlen jedoch bei aller Schwere und Melancholie noch eine gewisse klassische Pop-Note aus.

Die Gitarren dürfen bisweilen in ´High Tide For One´ oder ganz slow bei ´The Middle´ sehnsuchtsvoll jaulen. Johanna Samuels‘ Stimme geht im Refrain von ´Nature’s Way´ himmlisch in die Höhe und zeigt sich nur vom Piano begleitet zum Abschluss in ´Cathy´.

Die Vintage-Produktion von Sam Evian fügt die Gefühle aus der Vergangenheit und die Emotionen aus der Gegenwart zu Themen der Allgemeinheit, aber auch persönliche der Liebe und Freundschaft blendend zusammen.

(7,5 Punkte – Michael Haifl) – www.facebook.com/JohannaSamuelsMusic
johannasamuels.bandcamp.com/album/excelsior


SANDSTORM – Desert Warrior (EP)
2021 (Dying Victims Productions) – Stil: Heavy Metal

Und wieder einer für die Kuriositätensammlung. Zum Einen natürlich die Treue zum kultigen Cover wie auch letztes Jahr bei ´Time To Strike´. Diesmal: der geniale, etwas verwirrt schauende Kinderschreckdämon, der eher auf der Flucht vor der Bälgerschar im Homeoffice scheint. Zum Anderen die weiterhin wirklich ansprechende, minimalistisch-oldschoolige Mucke der drei Kanadier, die ihrem 2019/2020er Album hier eine EP nachschieben. Ja, und auch die macht dem live-ausgehungerten True-Herz mächtig Laune.

Im „Holy Diver“-Rhythmus schlängelt sich der ´Desert Warrior´ durch die Wüste und entleiht sich die ein oder andere Gesangslinie des frühen Arch von Bröcken. Die charismatische, klare Stimme von Bassist Reptile Anderson muss Kauz*in einfach lieben, wenn sie im Metal-Boogie fleht: ´Eat Me Alive´. Höher als bei ´Evil Wins´ halten nicht mal MANOWAR das glänzende Schwert, gerade hier begeistert mich dieser direkte Oldschool-NWoBHM-Sound, der dich direkt auf’s Schlachtfeld ins Gemetzel katapultiert. Die ´Power Of The Pyramids´ erstrahlt selbstredend im orientalisch angehauchten Hook und erbittet sich für die Zukunft ein bisschen MERCYFUL FATE.

Hier gilt erneut: Manchmal ist der Heavy Metal in seiner simpelsten Schmiedeweise der kraftvollste Stahl.

(Less Lessmeister) – www.facebook.com/hotrockinsandstorm


CLIFFIE STONE – Gonna Shake This Shack Tonight – Barracuda
2021 (Bear Family) – Stil: Country

Ohne Cliffie Stone, geboren 1917 in Kalifornien, wäre die Country-Szene an der Westküste der USA nicht zu dem geworden, was sie in den folgenden Jahrzehnten auszeichnete.

Für „Capitol“ nahm Cliffie Stone selbst Dutzende Scheiben auf. Er begleitete mit seinen Bands auf Tournee auch Tennessee Ernie Ford und Bob Roubian. Er förderte die Karrieren von Lefty Frizzell, Jim Reeves, Tex Ritter, Johnny Cash, Eddy Arnold, Johnny Horton, Ferlin Husky, Merle Travis und vielen anderen. Als A&R-Mann bei „Capitol“ entdeckte er u.a. Hank Thompson und Tennessee Ernie Ford. Seit den frühen 1940er Jahren moderierte er eine Radiosendung, bis in die 1960er hinein eine TV-Show.

Bevor er im Jahre 1998 starb wurde er noch 1989 in die Country Music Hall of Fame aufgenommen.

´Gonna Shake This Shack Tonight´ präsentiert aktuell feine Aufnahmen, die zwischen 1947 und 1955 entstanden sind. Stilistisch im Country, Western Swing, Hillbilly Boogie und Rock ‘n‘ Roll.

(Michael Haifl)


RAY VERNON – All Wrays Lead To Rock – The Link Wray Connection
2021 (Bear Family) – Stil: Rock’n’Roll

Die „Bear Family“ widmet sich wieder der WRAY-Family. Neben dem König der Powerchords LINK WRAY endlich auch seinem großen Bruder RAY VERNON.

Dieser war nicht nur ein talentierter Sänger, sondern auch ein solcher Produzent, der die Geschicke seines Bruders LINK WRAY in den Sechzigerjahren lenkte und viele andere Künstler in dieser Hinsicht betreute: THE DIAL TONES, THE BRITISH WALKERS, THE MOON MEN, THE WRAY BROTHERS und RAY MEN.

´All Wrays Lead To Rock´ zeigt auf 34 Songs RAY VERNONs Studioergüsse. Daher sind nicht nur Songs der erwähnten Formationen hier anzutreffen, sondern auch Rockabilly-Held Marvin Rainwater, RAY VERNONs selbst eingesungene Lieder plus seine sechs Nummern mit dem R&B-Sänger Bunker Hill.

(Michael Haifl)



Bis zum nächsten Klick.
Euer
Michael und das gesamte Streetclip-Team

 


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