PlattenkritikenPressfrisch

POKER – Red Neck Roller

~ 1981/2021 (Golden Core / ZYX Music) – Stil: Rock/Hardrock ~


POKER waren eine dieser hoffnungsvollen Formationen aus dem Mannheimer Raum, denen die breite Öffentlichkeit kein Gehör schenken wollte. Vielleicht wirkte das einzige Album ´Red Neck Roller´ von seiner Ausstrahlung her einfach zu Rot, in seiner schlichten New Wave-Verpackung und im Vinyl in eben allein dieser Farbe nicht anziehend genug. Die Auftritte in der „Alten Feuerwache“ in Mannheim waren jedoch immer ein Triumphzug.

1980 ins Leben gerufen, hatten die Herren bereits in anderen Gruppen Erfahrungen sammeln können. Sänger Michael Pozz und Gitarrist Gagey Mrozeck standen zuvor in den Reihen der legendären Krautrockband KIN PING MEH, Gitarrist Peter Oehler war bei NINE DAYS WONDER und ebenso wie Schlagzeuger Hans Jürgen Astor bei der GEFF HARRISON BAND. Am Bass fand sich Garry Stocker ein.

 

 

Musikalisch fanden sich POKER selbst in dieser Übergangsphase zwischen den Siebzigern und Achtzigern ein. Die Gitarren sind nicht mehr so wild wie in den 70s, sondern bereits souveräner akzentuiert. Mit einem leichten Pop-Appeal, der besonders bei der Ballade ´Loosing Out All Ends Up´ oder ´Turn It Off´ zum Vorschein kommt, hätten sie sich auch neben Chris Norman & Suzi Quatro bei „disco“ auf die Showbühne stellen können. Dass die Ballade ´B.O.F.´ schlecht ausgeblendet wurde, fügt sich zur Tragik hinzu. Für echte Begeisterung können POKER mit den flotten Stücken sorgen, etwa ´Mexico´, ´Long Way To The Top´ (aber nicht: „if you wanna rock ’n‘ roll“), ´No Load Ranger´ oder ´No Compromise´, das sich erst einmal mit einem KINKS-Riff einjammt. Selbst die der Wiederveröffentlichung beigefügten Stücke des bislang unveröffentlichten Demos aus 1983 haben mit ´Back To The Balls´ und ´Nothing To Loose´ mindestens zwei Schmankerl zu bieten.

Das Ende von POKER war gekommen, als sich aus dem letzten Line-up Gagey Mrotzek und Norby Hamm in Richtung von Herbert Grönemeyer verabschiedeten. Gagey Mrotzek blieb bis 1990 bei Grönemeyer und zeichnete sich u. a. für dessen Hit ´Alkohol´ verantwortlich. Michael Pozz und Jürgen Astor hatten hernach eine eigene Gruppe namens DEAD BALLERINAS und spielten bei TOKYO BLADE. Peter Oehler konnte später gar bei Costa Cordalis entdeckt werden. Doch mit Schlager hatten die Rocker von POKER nichts am Damenhut von Anita.

(8 Punkte)


(VÖ: 1.04.2021)