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MOTORPSYCHO – Kingdom Of Oblivion

~ 2021 (Stickman Records) – Stil: Rock ~


MOTORPSYCHO sind seit ihres Bestehens immer wieder für Überraschungen gut. Stillstand ist der Tod des Künstlers. Dementsprechend sind sie eine der eifrigsten und aktivsten Rockformationen: „Es ist wichtig für uns, keine Oldie-Band zu werden, die sich nur in Nostalgie suhlt, und der einzige Weg, dies zu vermeiden, ist, nach vorne zu schauen und zu versuchen, Musik zu machen, die dem gerecht wird, was wir sind. Wenn ihr uns eure Wertschätzung zeigt, indem ihr auch die neuen Alben kauft und nicht nur nach den alten Oldies schreit, dann hat sich für uns alles gelohnt. Das ist alles, was wir verlangen können. Vielen Dank!“ Und wir sagen Danke, für all die Jahre und für die letzten Großtaten, die Gullvåg-Trilogy: ´The Tower´ (2017), ´The Crucible´ (2018) und ´The All Is One´ (2020).

Nun ist es folglich für MOTORPSYCHO wieder an der Zeit, neues Territorium zu erkunden, Material, das sich zuletzt nicht den Alben fügte, mit neuen Ideen zu verknüpfen, um somit bereits im Frühjahr 2021 die Anhängerschaft mit ´Kingdom Of Oblivion´ verwöhnen zu können. Dass sich MOTORPSYCHO auf ihrer brandneuen Veröffentlichung dem MOTÖRHEAD-Song ´The Watcher´ annehmen und ihn mit eigenen Songideen unter dem Titel ´The Crimson Eye´ vermischen, regt die Hoffnung auf ein angekündigtes Riff- und Hardrock-lastiges Werk. Dass sie das feine Instrumental ´Cormorant´ den Herren Peter Green, Danny Kirwan und Martin Birch widmen, öffnet den Horizont aus der Ferne für FLEETWOOD MAC; und dass sie obendrein das Instrumental ´Atet´ dem Sänger und Gitarristen Bert Jansch von PENTANGLE dedizieren, lässt die Wolken des Folk-Prog-Rock heraufziehen.

 

 

Vor den jugendlichen Eifer, so schnell und heavy wie nur irgendwie möglich, schiebt sich selbstverständlich im Alter die Reife und die Einsicht, dass die Außergewöhnlichkeit und Brillanz einer Komposition ausschlaggebend sind. Zu einer Altherrencombo, der vor Langeweile die Pilze auf dem Kopf wachsen, sind MOTORPSYCHO während des Jahres 2020 selbstredend nicht mutiert. Falls ´Kingdom Of Oblivion´ von einer Resteverwertung der vergangenen Jahre zehrt, waren die Pilzkreationen recht gut gelagert. Denn das gesamte Werk ist ein wolkiger Traum. Luftige und samt umhüllte Töne sprießen wie aus einer anderen Welt und zeigen kein Verlangen, aus dieser wieder aufzuwachen.

Solchermaßen, aber natürlich in typischer MOTORPSYCHO-Manier rockt das spannungsgeladene ´The Waning (Pt.1 & 2)´ zur Eröffnung siebeneinhalb Minuten lang („The waning has begun, no choice for anyone.“) und findet scheppernd und quietschend seinen Ausklang. Nachfolgend sucht ´Kingdom Of Oblivion´ sekundenweise die ´Houses Of The Holy´, findet jedoch lieber die Tür zum Psych Rock („Kingdom of oblivion – I’m your subject, I’m your man. Kingdom of oblivion – I will stay here if I can.“).

In die Ebenen des 70s-Songwritertum steigt ´Lady May´ sehr verspielt mit Akustikgitarre und Mellotron hinab. An einem LED ZEP-Riff probieren sich MOTORPSYCHO in ´The United Debased´ neun Minuten lang aus, Jam-rocken und schwelgen endlich obendrein in leuchtend hellen Farben. Über sanfte Wellen gleitet ´Dreamkiller´, ehe der Song roh und wild explodiert. Monumental bewegen sich das neunminütige ´At Empire’s End´ („Let it bleed, let it burn, let it be, let me yearn, and turn your lovelight on for me so I can see, where to go, how to be free and who to be. Turn your lovelight on for me!“) sowie das zehnminütige ´The Transmutation Of Cosmoctopus Lurker´.

(8 Punkte)

https://www.facebook.com/motorpsycho.official/


Pic: Terje Visnes
(VÖ: 16.04.2021)