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MELVINS – Working With God

~ 2021 (Ipecac) – Stil: Stoner Rock/Sludge/Experimental ~


Nur wenige Bands aus den Bereichen des stahlharten, dissonanten Rock können auf ein derart beeindruckendes Werk und Erbe zurückblicken, wie die MELVINS. 1983 in Montesano, Washington gegründet, veröffentlichten sie vier Jahre später ihr bahnbrechendes Debütalbum `Gluey Porch Treatments`, damals noch mit MUDHONEY-Mitbegründer Matt Lukin am Bass und den langjährigen Mitgliedern Buzz Osborne und Dale Crover an Gitarre/Gesang bzw. Schlagzeug.

Das Album gilt nach wie vor als eines der ersten Sludge-Metal-Alben überhaupt und in den folgenden Jahrzehnten haben die MELVINS gleich mehrere, unterschiedliche Besetzungen durchlaufen, weit über 20 Alben veröffentlicht und Konzertsäle auf der ganzen Welt gefüllt.

Für ihr 24. Machwerk entschieden sich Osborne und Crover jedoch, zu ihren Wurzeln zurückzukehren und sich zum ersten Mal seit `Tres Cabrones` von 2013 wieder mit ihrem ursprünglichen Schlagzeuger Mike Dillard zu vereinen. Und ich kann nur sagen: unsere Lieblingsgötter des Donners sind zurück – und zwar mächtig!

`Working With God` besitzt endlich wieder eine durchweg anhaltende Strahlkraft, gebündelt in einer blitzhellen, hyperkinetischen Energie und durch und durch begeisternden Songs. Die Stücke sind viel schneller und riffgetriebener als die meisten ihrer jüngsten Arbeiten und vor allem der Bass ist wieder deutlich höher im Mix.

 

 

Gleich der Opener `I Fuck Around` ist eine explosiv geschnürte, punkige Version von `I Get Around` der BEACH BOYS und das A-cappella-Juwel `Goodnight Sweetheart` von THE SPANIELS brilliert vor allem mit seinem faszinierenden, stetig wachsenden Kanon.

Neben diesen beiden Ausreißern gibt es jedoch etliche aufregende Stoner Rock-, Sludge-Metal- und Punk-Ismen, die sich direkt neben Vintage-MELVINS a la `Night Goat`, `It’s Shoved` oder `Boris` verorten lassen.

`Negative No No` etwa entzündet die Platte erst richtig, mit seinen grobkörnigen Gitarren über Boom-Bap-Drums. Der Song dreht sich um ein großes Riff, das wie in Flaum getränkt ist und den starken Groove immerfort nach vorne drückt.

`Caddy Daddy` kreist und wirbelt langsam und gruselig, mit seinen fetten, bergigen Riffs, die sich wie voluminöse Wellen erheben und wieder herabstürzen.

`Hot Fish` ist ein weiterer knüppelnder Song, dessen berauschende Spur hart und motorisch zuschlägt – Premium-MELVINS, kiesig und satt geliefert.

Zusammengefasst ist `Working With God` zweifellos das beste MELVINS-Album seit vielen Jahren, noch einen Tick facettenreicher als das sehr gute `Hold It In` von 2014 und in etwa auf gleichem Niveau wie ihr letztes, vollends überzeugendes Werk `Nude With Boots`, das nun immerhin schon 13 Jahre zurückliegt.

Der Fokus auf donnernde Riffs und Killer-Rhythmen funktioniert jedenfalls wieder ganz prächtig und anno 2021 scheint nun auch endlich wieder der Slogan ihres T-Shirt-Klassikers an Bedeutung zu gewinnen: „MELVINS Rule – You Do Not!“

(9 Punkte)

www.facebook.com/melvinsarmy