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LUNAR SHADOW – Wish To Leave

~ 2021 (Cruz Del Sur Music) – Stil: Rock/Metal ~


Zwei Jahre lang hat sich LUNAR SHADOW-Mastermind Max Birbaum Zeit gelassen, um mit einem neuen Album vorstellig zu werden. Nachts irrte er durch die dunklen Gassen von Leipzig und verspürte dabei den Drang, sein derzeitiges Leben weit hinter sich zu lassen. Dass aus dieser Stimmung heraus das dritte Album von LUNAR SHADOW überhaupt entstanden ist, spricht für Max Birbaums Willensstärke, weiterhin seine musikalischen Ideen in Songs zu kleiden. Doch demgegenüber leuchtet das neue Beinkleid der Kompositionen in ganz anderen Farben und verstärkt somit die Gedanken, bei ´Wish To Leave´ könnte es sich, entsprechend des Albumtitels, um das vermeintliche Abschiedswerk aus dem Hause LUNAR SHADOW handeln.

 

 

Alle sechs Lieder auf ´Wish To Leave´, die von Juli bis November 2020 mit Produzent Max Herrmann in Leipzig aufgenommen und von V. Santura (DARK FORTRESS, TRIPTYKON) gemastert wurden, sind dunkler und düsterer geworden, sie führen LUNAR SHADOW in diesen unruhigen Zeiten aus dem Heavy Metal geradewegs auf halber Strecke, der künstlerischen Ruhelosigkeit und beständigen Schöpferkraft geschuldet, in Richtung Post Punk und Indie Rock.

LUNAR SHADOW wählen somit nach zwei Studioalben – ´Far From Light´ (2017) und ´The Smokeless Fires´ (2019) – den Pfad in düstere Gefilde. Ein musikalischer Richtungswechsel, trotz einer ohnehin andauernden Fortentwicklung, der an die Entwicklung der Schweden von IN SOLITUDE erinnert, die nach zwei klassischen Heavy Metal-Alben auf ihrem dritten Werk urplötzlich mit Post Punk- und Dark Rock-Klängen irritierten, aber auch begeisterten. Für IN SOLITUDE sollte ´Sister´ das letzte Werk ihrer Karriere sein. Ob ´Wish To Leave´ in gleichem Maße den Schwanengesang von LUNAR SHADOW darstellt, wird die Zukunft zeigen.

 

 

Bandleader Max Birbaum (Lead-Gitarre, Gesang) schwenkt mit seinen Bandkollegen – Robert Röttig (Gesang), Sven Hamacher (Bass), Kay Hamacher (Rhythmus-Gitarre) und Jörn Zehner (Drums) – jedoch innerhalb von 36 Minuten nicht vollends in Richtung Post Punk, Dark und Gothic Rock, die Herkunft aus dem Heavy Metal mit dem Schuss Black Metal sowie NWoBHM bleibt ebenfalls spürbar.

Interessant ist, dass Songwriter Max Birbaum in den Linernotes des Werkes diejenigen Bands mitteilt, die er im Laufe der letzten Monate gehört hat. Gruppen wie alte MANOWAR, BATHORY, REVEREND BIZARRE, DISSECTION oder DARK ANGEL gehören eher zu den Formationen, die das alte Band-Bild geprägt haben dürften. Namen wie KILLING JOKE, THE CHAMELEONS, SOVIET SOVIET, BLUE ÖYSTER CULT, MARK KNOPFLER, FIELDS OF THE NEPHILIM oder NICK CAVE AND THE BAD SEEDS sind hingegen für die Prägung des aktuelles Sounds von LUNAR SHADOW ausschlaggebend.

Anno 2021 erweisen sich LUNAR SHADOW als Melange eines entkrampften Post Punk und harschen NWoBHM. In der knapp achtminütigen Eröffnung ´Serpents Die´ präsentiert sich sogleich die Gitarre als hervorstehendes und schillerndes Instrument, wie es der Retro- und Okkult-Rock kennt. Der Gesang wagt sich hingegen allein aus seiner Blässe heraus, wenn er die wenigen Dynamik-Wechsel mitvollzieht. Die Rhythmus-Abteilung spielt dabei zur Freude aller lustvoll mit, besitzt aber auch diese Unmittelbarkeit und Kälte der Achtzigerjahre. Dass insbesondere die Lead-Gitarre in ihrem Melodienreichtum das Außergewöhnliche der neuen Scheibe ausmacht, betonen ´Delomelanicon´ sowie das flottere ´And Silence Screamed´ mit ihren epischen Gitarrenläufen. In ´I Will Lose You´ drängt sich auch endlich Robert Röttig mit einer schönen Gesangslinie in den Mittelpunkt und lässt dieses episch-retrogreske Stück besonders strahlen. Einer Hardrock-Ballade kommt das zurückhaltend leuchtende ´To Dusk And I Love You´ noch am nächsten, schöne Gitarren-Soli miteingeschlossen. Das wahre Gesicht des Epic Metal haben sich LUNAR SHADOW bis zum zehnminütigen Finale ´The Darkness Between The Stars´ aufgehoben, aus dem gleichfalls der Hauch des Black Metal über die ansonsten aufbauende und ausbrechende Schwermut-Komposition weht.

(8 Punkte)

https://www.facebook.com/lunarshadowband

https://lunarshadow.bandcamp.com/album/wish-to-leave


(VÖ: 19.03.2021)