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MOS GENERATOR – The Lantern

~ 2007/2021 (Argonauta Records) – Stil: Hard Rock/Stoner Rock ~


Obacht!! Im Folgenden geht es um MOS GENERATOR und nicht um MONDO GENERATOR, der Band des ehemaligen KYUSS-Bassisten Nick Oliveri.

Während sich von letzterer kein einziger Tonträger in meinem Besitz befindet, sieht das bei MOS GENERATOR schon ganz anders aus. Mit dieser Aussage soll aber natürlich keine Wertung der Musik beider Bands einhergehen! Obwohl…die Tatsache, dass die meisten Longplayer von MOS GENERATOR in meiner Sammlung stehen, deutet zumindest auf ein in meinen Ohren bei dieser Band vorhandenes Mindestmaß an Qualität hin.

Ich habe bewusst von „den meisten Longplayern“ gesprochen, denn seit ihrer Gründung in Port Orchard (Washington) im Jahre 2000 hat die Band eine schier unüberschaubare Anzahl von LPs, EPs, Singles, Live-Mitschnitten und Split-Veröffentlichungen herausgebracht sowie Myriaden an Beiträgen zu Samplern geliefert. Manchmal sogar eine ganze Batterie davon innerhalb eines Jahres, was es den Fans der Band nicht gerade einfach macht, à jour zu bleiben. Somit kreist bei dieser Veröffentlichung zunächst die Frage über meinem Kopf, wie sinnvoll diese eigentlich ist und ob man ´The Lantern´ wirklich dringend in seiner Sammlung benötigt.

Spontan ist man geneigt, diese Frage mit einem „sehr sinnvoll“ zu quittieren. Schließlich stammt das Original aus dem Jahr 2007 und wurde in genau dieser Form nur als Picture-Disk im 10-Zoll-Format unter dem Namen ´Tales From The Vault´ veröffentlicht. Außerdem hat man neben einer nur am Rande erwähnenswerten Änderung des Titels und der Reihenfolge der Songs auf diesem Re-Release auch ein neues Artwork und was viel wichtiger ist, ein Remastering und eine neue Abmischung spendiert. Allerdings gibt es kein Bonusmaterial und es bleibt bei fünf Stücken mit einer Gesamtspielzeit von 22 Minuten, also de facto einer EP. Und hier sind wir wieder bei der Frage der Sinnhaftigkeit dieser Veröffentlichung, denn bereits im Dezember 2006 erschien via „Music Abuse Records“ unter dem Titel ´The Vault Sessions´ eine CD mit neun Titeln, auf der nur das letzte Stück von ´The Lantern´ mit dem Titel ´O’Cataa´ fehlt, der aber noch vier Stücke aus zwei Demos des Jahres 2002 hinzugefügt wurden. Zusätzlich gibt es auch noch die Zusammenstellung ´Destroy! The Mos Generator 2001-2008´ aus dem Jahre 2008. Auf der neunzehn Titel umfassenden von „RxEvolution Recordings“ als DoLP aufgelegten Version (es gibt auch eine CD-Version mit weniger Stücken) sind dann ebenfalls wieder alle Titel von ´The Lantern´ (außer ´O’Cataa´) enthalten.

Da aber sowohl die CD als auch diese DoLP längst vergriffen und nur schwer aufzutreiben sein werden und die neue Veröffentlichung, wie bereits oben erwähnt, zusätzlich soundtechnisch aufgepeppt worden ist, werden Die-Hard-Fans, und davon gibt es mittlerweile von MOS GENERATOR eine ganze Menge, sicherlich ohne zu zucken zugreifen. Ich werde wohl dazugehören, zumal ´The Lantern´ nur als limitierte Vinyl-Auflage erhältlich sein wird, was insbesondere für Sammler besonders interessant sein dürfte. Allerdings bin ich außerstande jedwede Auskunft über die Verbesserung des Sounds zu geben, da ich nicht über die Songs in ihrer ursprünglichen Version verfüge. Der Sound dieses Re-Releases gibt auf jeden Fall keinen Anlass zur Beanstandung.

Bei den fünf auf ´The Lantern´ enthaltenen Songs handelt es sich um Stücke, die 2006 während einer Aufnahmesession im Proberaum von MOS GENERATOR live eingespielt worden sind, wobei einige der Songs erst wenige Tage vor dieser Session arrangiert wurden.

Habe ich oben noch von der schier unüberschaubaren Flut von Veröffentlichungen gesprochen, so muss ich das nun etwas einschränken. Durchstöbert man nämlich ihre Diskografie so stellt man fest, dass es genaugenommen erst 2006/2007, also etwa zeitgleich mit der hier besprochenen Session, so richtig losging. Vorher hatte es eigentlich „recht normal“ im Jahr 2002, also zwei Jahre nach ihrer Gründung, das selbstbetitelte Debüt gegeben, welches Tony Reed zunächst nur auf seinem Label „Music Abuse Records“ herausgebracht hatte. Ein Re-Release des Debüts gab es dann erst zum zehnjährigen Jubiläum durch „Ripple Music“. Erst vier Jahre später (auf LP bereits 2005 und erneut auf „Music Abuse Records“) erschien dann dessen Nachfolger mit dem Titel ´The Late Great Planet Earth´. Irgendetwas muss also bei dieser Session passiert sein, das die Kreativität der damaligen Musiker Tony Reed (Gesang, Gitarre), Scooter Haslip (Bass) und Shawn Johnson (Schlagzeug) zum Ausbruch gebracht hat. Vielleicht ist es ja genau das, was Tony Reed mit der Aussage „There is an atmosphere on this record that doesn’t exist on any other Mos Generator release. zu verstehen geben will, auch wenn er sich hiermit vermutlich eher auf die Atmosphäre der ´Live-Einspielungen´ bezieht.

 

 

Die fünf Stücke bewegen sich irgendwo im Grenzgebiet zwischen 70er Vintage Hardrock und Stoner Rock, wobei die Assoziation mit Letzterem nicht unwesentlich durch die warme melodische, aber immer auch kraftvolle Stimme von Tony Reed hervorgerufen wird. Hin und wieder wird das Ganze aber auch durch doomige und psychedelische Momente gewürzt, die aber selbstredend ebenfalls einen klaren Bezug zu den 70ern haben. Und wenn man schon von Bezügen spricht, so macht einem der Opener ´Dying Blues´ sehr deutlich, wo der Rock seine Wurzeln hat und wieviel daher die Musik von MOS GENERATOR mit den ersten musikalischen Ergüssen von DEEP PURPLE oder den SCORPIONS zu tun hat. Allerdings liegt der Blues in diesem Falle alles andere als in Agonie, sondern kämpft sich zwischen schleppenden Doom-Riffs und rockigen Melodien den Weg ins Bewusstsein der Hörerschaft. Bluesig geht es mit ´In The Upper Room´ weiter, in welchem Tony Reed zunächst eindringlich mit einer Stimme auf den Zuhörer einsingt, die irgendwo zwischen denen von Scott „Wino“ Weinrich und Dave Wyndorf liegt. (In den Jahren 2013 und 2017 waren MOS GENERATOR Opener auf den Europatourneen von ST. VITUS.) Der Song wird aber im weiteren Verlauf von einem melodischen Gitarrenspiel dominiert, das mich sofort an jenes von David Gilmour zu ´Wish You Were Here´-Zeiten erinnert. Das ist auch gar nicht so weit hergeholt, wenn man weiß, dass PINK FLOYD von Tony Reed als einer der Haupteinflüssen von MOS GENERATOR genannt wird. Insbesondere der Mittelteil dieses Stückes mit dem Backgroundchor vermittelt ein souveränes und unaufgeregtes Gesamtbild ihrer Musik, welches annähernd alle Kompositionen von MOS GENERATOR charakterisiert. Damit ist dann auch bereits alles für die restlichen drei Songs gesagt. Die Stücke sind fett, aber dennoch melodisch und mit treibenden Riffs unterlegt. Die Arbeit am Schlagzeug und Bass überzeugt und Tonys variabel eingesetzte Stimme veredelt das Gesamtwerk.

Mittlerweile hat sich Mastermind Tony Reed von den Mitmusikern. mit denen er die Songs auf ´The Lantern´ eingespielt hat, getrennt und durch Jono Garret am Schlagzeug und Sean Booth am Bass ersetzt. Das war sicherlich auch für ihn ein tiefer Einschnitt, hatte er doch bereits zehn Jahre vor dem offiziellen Gründungstermin von MOS GENERATOR mit Scooter und Shawn gemeinsam musiziert.

Wesentlich umtriebiger ist MOS GENEAROTOR allerdings bei ihren Plattenlabel, zu denen im Laufe der Jahre unter anderem „Listenable Records“, „Ripple Music“, „Heavy Psych Sounds“, „Small Stone“ und „Nasoni Records“ gehört haben. ´The Lantern´ erscheint nun am 26. Februar 2021 ausschließlich in einer auf 300 Stücke limitierten gold-blauen Vinylversion über das auf diese Art von Musik spezialisierte Label „Argonauta Records“. Nach der Split-Veröffentlichung mit den Milanesen DI’AUL ist ´The Lantern´ bereits der zweite Output von MOS GENERATOR bei diesem italienischen Label. Mal schauen, wie lange die Geschäftsbeziehungen halten…

Eine Bewertung erspare ich mir und euch. Wer MOS GENERATOR kennt und liebt, wird sich ´The Lantern´ sowieso holen und der Rest sollte ruhig mal ein Ohr riskieren.

 

www.facebook.com/MosGenerator
www.mosgenerator.bandcamp.com
www.argonautarecords.com


(VÖ: 26.02.2021)