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TDW – The Days The Clock Stopped

~ 2020/2021 (Layered Reality Prod.) – Stil: Progressive Concept Metal ~


Dort wo ich mit dem Genuss von FLEETBURNER, VANDEN PLAS und AYREON letztes Jahr aufgehört habe, geht’s hiermit direkt weiter. Ein ambitioniertes Stück Musik mit direktem persönlichen Hintergrund hat sich Tom de Wit von der Seele geschrieben. Textlich dürfte die erschreckendste Zeit seines Lebens zufällig vielen von euch gerade auf dieses letztes Jahr bezogen irgendwie bekannt vorkommen:

 

How many hours have I spent like this (ticking away)
It seems like someone pressed standby (every day)
There is no logic to this state of things (sealing your faith)
The only question now is why… (Till it’s too late)

 

Zog er für seine Outputs mit TDW & DREAMWALKERS INC bisher fiktive Charaktere heran, um durch sie über seine Erfahrungen und Gefühle zu schreiben, so erweist sich ´The Days The Clock Stopped´ als Seelenstrip und Reise in die schwerste Zeit seines Lebens, den Tod vor Augen. Wie bereits Daniel Gildenlöw seine bedrückendsten Momente in dem vorletzten PAIN OF SALVATION Meisterwerk ´In The Passing Light Of Day´ verarbeitete oder sich Eric Clayton auf ´A Thousand Scars´ manifestierte, so blickt Tom zurück auf die Phase in seinem Leben, die ihm alles an Kraft, Ausdauer, Hoffnung und Durchhaltevermögen abverlangte, um heute noch hier zu sein und anderen mit diesem Album Mut zu machen.

 

Will we wake up to see the sun again?
All things we held are closer now.
There’s no point resisting this pain right now
Will we wake up to see the sun again?
All things we held are closer now.
There’s no point resisting now

 

Dass es unmöglich bis unsinnig ist, diesen emotionalen Orkan an musikalischer Umsetzung zu sezieren oder zu beschreiben, sollte jedem klar sein. Zu viele Stimmungen, Themen und stilistische Formen brechen über den Hörer herein und dies führt zu mannigfaltigen Sinneswahrnehmungen. Dieses Projekt wurde ungesetzt mit den beiden ANNIHILATORen Rich Gray (Bass – auch AEON ZEN) und Fabio Allessandrini (Drums). Neben vielen Gastmusikern für Soloperformances und Chorarbeit sollte man Remco Woutersen am Cello erwähnen und somit dürfte klar sein, dass hier kein Thrash Metal gespielt wird, sondern… alles.

 

 

Ergreifend, aufpeitschend, nachdenklich, bombastisch, heavy, ruhig… die komplette Farbpalette des progressive Metal auf zwölf Gemälden zwischen einer und achtzehn Minuten in einem Gesamtpanorama von knapp achtzig Minuten. Wer wirklich erst irgendwo reinhören will, der probiere es mit ´Clockstop – Insight 2´ wenn der Chorgesang von PURE REASON REVOLUTION auf SYMPHONY X trifft in einem Auf-und-Ab des Kampfes, der Hoffnung und der Verzweiflung, was musikalische in einem wahrhaftigen Gefühlstornado inklusive Blastbeats ausgedrückt wird:

 

Keep it cheerful, keep it cheerful,
Don’t let them know, let no one see,
The hours spent feeling alone and dislocated won’t break me.
Keep your head down, keep your head down, keep your head
It seems like nothing’s ever right and all around me are having a blast,
Will I am losing in this fight.
Keep the world out, keep the world out, keep it out.
I’m doubting everything I feel I’m not sure if all that I experience is fake or even real.
Stay inside now, stay inside now, stay inside,
When will I find a way to cope.
I know the standard line of tricks, but I am close to losing hope.

 

Wenn es sein müsste, würden noch Namen fallen wie SHADOW GALLERY, FLAMING ROW, MARILLION oder IQ. Muss jedoch nicht, das hier ist TDW. Von Anfang bis Ende, inklusive Bonustrack, der auf keinen Fall fehlen sollte – also seid sicher, dass ´All We Could Do´ euer Exemplar beschließt. Ein mutiges, persönliches, opulent ausgearbeitetes Werk, welches nur dem zugänglich wird, der sich die Zeit dafür nimmt, jedoch am Ende nicht enttäuscht wird, wenn auch der Vorgänger ´The Antithetic Affiliation´ weitaus einfacher zu greifen war und schneller gezündet hat.

Wer vielfältige Musik und das Leben liebt, sollte sich intensiv mit ´The Days The Clock Stopped´ auseinandersetzen und bekommt aufgrund des verschobenen Release-Termins (nach dem digitalen Start im Dezember letzten Jahres war die CD für Januar angekündigt und Vinyl soll ebenfalls kommen – watch out!) eines der frühen Meisterwerke des Jahres 2021. Ihr könnt nur gewinnen – besonders an Lebensfreude.

 

We all fall down and we try to get back up.
We all try to make some sense of all the things that come
There is no rhyme or reason to this.
We have to learn to accept, that everything just is the way it is.

All we can do is remember and take with us what we learned.
All things you’ve been through will shape you and give you strength.

 

www.facebook.com/tdwmusic

tdwprog.bandcamp.com