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DAGOBERT – Jäger

~ 2021 (Recordjet) – Stil: Deutschpop ~


Er ist der Retter, der Heilsbringer, die Lichtgestalt der deutschsprachigen Musik.

DAGOBERT steigt herab von den Schweizer Bergen, aus der Einöde ohne jeden Alm-Öhi, tanzt süffisant lächelnd durch den Fernsehgarten (´Dagobert´, 2013) und fühlt sich seither gut in Berlin. DAGOBERT pflegt Freundschaften mit KREATORs Chefdenker Mille Petrozza und Konstantin Gropper von GET WELL SOON, obwohl er selbst weder im T(h)rash noch im Indie Pomp zu Hause ist (´Afrika´, 2015). Erst Jahre später packt ihn erneut die Wehmut, die Sehnsucht nach den Bergen und er schreibt an einem himmlischen See in Brandenburg traurige Liebesbriefe an verflossene Liebschaften aus eigenen Traumbotschaften (´Welt ohne Zeit´, 2019).

Jetzt kehrt er zurück, in die echte Welt ohne Zeit, ohne existierenden Alm-Öhi, aber randvoll mit frischer Luft, Musiker/Produzent Konrad Betcher im Schlepptau. Oben auf dem Berg schreiben sie frische Liebeslieder, voller Sehnsucht und Hoffnung. Die Melancholie nimmt ab, verschwindet jedoch nie vollständig. Die Schwermut tänzelt nun wie beiläufig zur wieder gefundenen Beschwingtheit und Lockerheit. Doch auch finsterste Gedanken begleiten ein triales Seelenempfinden.

 

 

(Kuh-)Glöckchen schlagen und DAGOBERT marschiert zu ´For The Love Of Marie´ los im Takt. Er schreitet wie zu besten Debüt-Zeiten nonchalant über ein Tränenmeer, das sich aus der Trauer über eine herzallerliebste, womöglich gar nie angesprochene Marie speist. Indie-Schlagerpop-Deluxe – und in Gedanken immer nur bei den Frauen, so kennen wir DABOGERT. Er verschwendet weiterhin jeden Gedanken an diese „komplizierten“ Wesen und gleitet sogar zum Disco-Beat über die Tanzfläche, wenn er sich im Glitzer-Leibchen eines Null-Bock-Songs ´Nie wieder arbeiten´ erbittet. Er hat sich nicht verändert, nicht gebessert. Das Leben ist ein einziger Kreislauf, nichts ist für immer vorüber, alles kehrt wieder. Und so mag das Leben ein lustiges Karussell sein, auf dem man immer wieder eine weitere Lebensrunde drehen will. Ein Hoch auf das Leben. Ein Hoch auf die Wiederauferstehung. Die Klavier-Ballade hierzu nennt sich ´Ich will noch mal´. Ein Hoch auf die Liebe. Ein Hoch auf das ´Wunderwerk der Natur´, auf die Frauen, die uns Liebe schenken. Kein Hoch auf die Arbeit. Ein Song jedoch, der in einem ähnlichen Kontext die Musikwelt vor Jahrzehnten hätte erschüttern können. NDW á la DAGOBERT.

DAGOBERT lebt im gesamten Universum. DAGOBERT schlendert im Pop-Beat durch das All bis zum ´Aldebaran´. Auf diesem Planeten, und im All, liebt DAGOBERT alle Frauen, selbst das funkelnde ´Mädchen aus der schönen Welt´. Die ewige Suche nach dem ´Heiligen Gral´, nach der Schönheit, nach der Liebe in völliger Lockerheit und Leichtigkeit bleibt eine ewige Jagd. Alle drei jedoch nicht im ansonsten gegebenen intergalaktischen DAGOBERT-Qualitätsniveau. Cool bleiben. DAGOBERT liegt auf der Wiese. Er lebt ´Im Wald´, lauscht den Tieren und der Pflanzenwelt und spürt dabei den Geist, der sich jede Nacht in einem Opferritus eine Seele des Waldes aneignet. Neuer Okkult-Pop á la DAGOBERT.

Dabei zeigt sich DAGOBERT, bürgerlich Lukas Jäger, in der Komposition ´Jäger´ als großer Familienmensch. Ein Hoch auf die Familie. Zu einem mächtigen Beat spricht er sich für deren Zusammenhalt aus und plaudert anscheinend ungeschminkt über den Seelenzustand der eigenen Verwandtschaft. Wohl als Lukas Jäger schreibt er sich zudem die sinfonische Klavier-Ballade ´Für Dagobert´ selbst ins Stammbuch. Er wird die Damen sogar noch lieben, beteuert er, wenn er im Jahr ´2070´ längst verrottet six feet under liegt. Er ist eben der Jäger des verlorenen Schatzes, er ist der Jäger des Augenblicks. Er ist DAGOBERT.

(8,5 Punkte)

https://www.facebook.com/DagobertOfficial/


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Pic: Regina Olev
(VÖ: 29.01.2021)