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MSG (MICHAEL SCHENKER GROUP) – Immortal

~ 2021 (Nuclear Blast) – Stil: Hard Rock ~


Ich muss zugeben, die letzte Veröffentlichung, die ich von Michael Schenker gekauft habe, war ´Sharks´ mit UFO. Das ist jetzt doch schon 19 Jahre her. Michael Schenker ist natürlich einer meiner Gitarrenheroen und deshalb freut es mich, seine neue Platte zu besprechen. Ab dem spektakulären ´Phenomenon´ gehören die Veröffentlichungen von UFO in den 70er-Jahren mit Michael Schenker zu meinen absoluten Favoriten und in jede Rocksammlung. Letztes Jahr gab es eine „Deluxe-Version“ von ´Phenomenon´ mit einem großartigen Live-Konzert, das die Genialität des deutschen Gitarren-„Wunderkinds“ auch nach 45 Jahren beeindruckend hörbar machte. Auch die hervorragenden ersten MSG-Alben bis Mitte der 80er und ab und zu auch die Comeback-UFO-Platten um die Jahrhundertwende sind immer wieder in meiner Playlist. Nach ´Sharks´ kam eine (nicht die einzige) harte Zeit für Michael. Schön erst einmal, dass sich sein Leben – mit jetzt auch schon 66 Lebensjahren und 50 Jahren Musikgeschichte – stabilisiert hat.

Nun zu ´Immortal´. Trotz Lockdown pendelte Michael zwischen Holland und England (inklusive Quarantäne). Bei Michael waren immer die Sänger ein Gradmesser für die Güte der Veröffentlichung, die Gitarrenarbeit selbst war meist konstant auf hohem Niveau. Nun mit Ronnie Romero (u.a. RAINBOW), Michael Voss (u.a. MAD MAX, hat auch mitproduziert), Ralf Scheepers (u.a. PRIMAL FEAR) und Joe Lynn Turner hat er gleich vier ins Studio einberufen. Das ist jetzt nicht unbedingt der Konsistenz dienlich, trotzdem macht das Album keinen zerrissenen Eindruck. Ein weiteres entscheidendes Kriterium war immer das Songwriting, da gab es in den letzten Jahr(zehnt)en doch immer wieder deutliche Schwächen.

Mit dem vorab veröffentlichten Opener ´Drilled To Kill´ wird es gleich ziemlich heavy, aber natürlich kein wirklicher Metal. Der von Ralf Scheepers gesungene Song hätte auch auf ´Assault Attack´ gepasst und ist ein starker und treibender Opener. ´Don’t Die On Me Now´ führt mit Joe Lynn Turner in deutlich melodischere Gefilde. Plätschert etwas vor sich hin, ist aber gitarrentechnisch ganz nett. Härter dann ´Knight Of The Dead´ mit Ronnie Romero, vom Songwriting aber eher B-Klasse. Mit ´After The Rain´ folgt die erste Ballade mit Michael Voss, klingt anfangs herzerwärmend nach glorreichen UFO-Tagen (Gitarre und Keyboards) und ist auch ganz okay. Phil Mogg hätte den Song auf ein ordentliches Niveau gehoben, der ist aber ja nicht da. Da fehlt mir auch ein schönes Gitarrensolo. ´Devil’s Daughter´ ist dann schon prägnanter und auch da hätte Graham Bonnet gut gepasst (ja, ja, ich höre mit dem Lamentieren auf). ´Sail The Darkness´ klingt stark nach Dio / RAINBOW. Ein stärkerer Refrain und das wäre ein sehr guter Song. Saubere Gitarrenarbeit.

´The Queen Of Thorns´ wieder solide. ´Come On Over´ ist dann ein sehr guter Hard Rock-Song, wo alles stimmt (Gesang, Songwriting und Gitarre). Das klingt am ehesten nach glorreichen MSG-Tagen. ´Sangria Morte´ ist okay und hält den guten Standard. Dann kommt zum Abschluss vielleicht für manche Nostalgiker der umstrittenste Song: ´In Search Of The Peace Of Mind´, der alte SCORPIONS-Gassenhauer gesungen von Romero verstärkt durch Gary Barden, Doogie White und Robin McAuley zum 50jährigen Jubiläum. Das ist gesanglich in Ordnung, ich hätte nicht gedacht, dass ich mich (heutzutage) noch einmal nach Klaus Meine sehne. Manche werden darin „Gotteslästerung“ sehen, für mich ist es interessant. Vor allem weil Michael mit dieser doch sehr freien Interpretation des Titels endlich einmal das „Schema F“ (auch gitarrentechnisch) verlässt, das ansonsten auf ´Immortal´ etwas zu stark zur Anwendung kommt.

Insgesamt ist ´Immortal´ sicher kein „unsterbliches“ Werk, an solchen war Michael ja schon vielfach beteiligt (siehe oben). Die Sänger machen durchaus alle ihre Sache sehr ordentlich bis gut. Das Songwriting hängt doch teilweise etwas durch und klingt dann und wann zu vorhersehbar. Die Gitarrenkünste sind nach wie vor vorhanden, sehr solide bis erfreulich (vor allem, wenn er – wie zum Schluss – mal richtig loslegt). Insgesamt mit „Wunderkind“-Bonus für mich leicht über „gutklassig“ liegend.

(7,25 Punkte)

https://www.facebook.com/MichaelSchenkerRocks/


(VÖ: 29.01.2021)