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NAILS – Unsilent Death

~ 2010/2020 (Southern Lord Records) – Stil: Hardcore/Powerviolence  ~


Wer ein Fan von Hardcore in seiner gewalttätigsten Form ist, der kennt die NAILS. Die in Kalifornien ansässige Gruppe ist eine der angesehendsten einer erlesenen Reihe von Bands, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Death Metal- und Grindcore-Einflüsse in ihre eigene Art von wildem Hardcore-Punk zu injizieren. Seit ihrer Gründung im Jahr 2009 haben sie drei im Untergrund gefeierte Platten veröffentlicht. Kurze Angelegenheiten zwar – aber umso heftiger umgesetzt. ´You Will Never Be One Of Us´ aus dem Jahr 2016 markierte für so manchen Connaisseur einen besonderen Höhepunkt. Und bescherte ihnen weltweit Ansehen – auch dank der Vertriebsunterstützung von „Nuclear Blast Records“.

Seitdem haben wir, abgesehen von ein paar Sieben-Zoll-EPs, nicht mehr allzu viel von den NAILS gehört. Jetzt kehrt die Band mit einer Neuauflage ihres Debütalbums ´Unsilent Death´ zurück – zum zehnten Jahrestag in erweiterter Länge.

Wiederaufgelegt – und gezielt ergänzt

Während viele von euch bestimmt auf neue Musik gehofft haben, macht es immer noch Spaß, daran erinnert zu werden, wie brutal NAILS von Beginn an gewesen sind. Sogar nach zehn Jahren ist ´Unsilent Death´ noch genauso alleszersetzend, bedrückend und intensiv wie bei Erscheinen. Die Band bietet zudem, zumindest das gehört sich beim zweiten Kassengang auch so, zwei bisher unveröffentlichte Titel an. Beide stammen aus den ursprünglichen ´Unsilent Death´-Sessions. Überdies gibt es drei Tracks von der ´Obscene Humanity´-Siebenzoll, 2012 veröffentlicht. Diese zusätzlichen Songs wurden vom legendären Kurt Ballou neu abgemischt und von Nick Townsend gemastert. Die ursprünglichen zehn Tracks der Platte bleiben hingegen unangetastet. Um ehrlich zu sein, sie brauchen auch keine Kosmetik. Einst von Ballou angepackt – immer noch zeitgemäß; sie zeichnen ihn einmal mehr als Meister dieser Art von Musik aus.

Auch mit fünf weiteren Tracks geht diese Platte blitzschnell vorüber. Bis auf drei sind alle Lieder weniger als zwei Minuten lang. Einige erreichen kaum 30 Sekunden. Jeder Song auf ´Unsilent Death´ hastet in einem schwindelerregenden Tempo von Idee zu Idee. Jeder Stopp – sprich: Mosh-Part – auf dem Weg ist aber kein Ruhepol, sondern so heftig, dass viele Menschen wahrscheinlich nicht viel mehr als die 23-minütige Laufzeit aushalten könnten.

Glücklicherweise haben NAILS verstanden, wie wichtig Kürze ist, wenn es um ihre Musik geht. Infolgedessen leistet ´Unsilent Death´ Großartiges, um das Interesse der Zuhörer aufrechtzuerhalten – wenngleich es wenig Abwechslung für ungeschulte Ohren gibt.

Ein Titel, der wirklich zeigt, wie viel NAILS in so kurzer Zeit leisten können, ist ´Traitor´. Mit nur 28 Sekunden die kürzeste Eruption der Platte. Beginnt mit einem schnellen, heftigen Tritt ins Gesicht, bevor er alles im wilden D-Beat-Galopp zerfetzt. Danach fallen NAILS in einen vernichtenden Feldzug, bevor sie mit einem abschließenden Punching-Riff enden.

So gut sie auch darin sind, scheinbar schieres Chaos zu schaffen – die NAILS sind wohl am besten, wenn sie den Zuhörern etwas mehr als nur Speed, also auch was zum Anfassen, geben. Lieder wie ´Suffering Soul´, ´I Will Not Follow´ und der Titeltrack sind Paradebeispiele. Diese Tracks sind etwas länger und enthalten eher mittellange, unerwartete Teile, die direkt aus dem ENTOMBED-Drehbuch entnommen zu sein scheinen. So ziemlich jedes Mal, wenn NAILS in dieses Terrain eindringen, funktioniert es gut, vor allem beim endgültig bestrafenden Titeltrack. Bemerkenswert ist auch ´Depths´, dessen langsamere, schlammigere Parts die beträchtlichsten Tempowechsel auf dem gesamten Album sind. Und dich danach platt und leer zurücklassen.

Wie bereits erwähnt, ist „nur“ eine Neuauflage nicht ganz das, was sich die NAILS-Fans erhofft hatten. Aber es lässt sich nicht leugnen, dass ´Unsilent Death´ immer noch verdammt gut ist. Selbst eine Dekade später ist es immer noch eine der brutalsten Platten, die ich kenne – und eine der besten ihrer Art.