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THE VICIOUS HEAD SOCIETY – Abject Tomorrow

~ 2017 (Independent) – Stil: Progressive Metal ~


Bereits 2017 veröffentlichte der irische Saitenhexer Graham Keane unter dem Banner THE VICIOUS HEAD SOCIETY sein Solo-Projekt-Debüt. Seit Beginn der Zehner-Dekade werkelte der Gitarrist und Bassist in seinem Homestudio in aller Seelenruhe in einer abgelegenen und verwaisten Ecke Irlands an seinen Kompositionen. Erst als 2013 bei seiner Frau grausamer Weise Krebs diagnostiziert wurde, sah er die Endlichkeit des Lebens direkt vor seinen Augen schwarz aufflackern und konzentrierte sich von nun an in Windeseile, die Songs mithilfe dreier Sänger – Wilmer Waarbroek, der auf einigen AYREON-Werken anzutreffen ist, sowie Pat Byrne und Nathan Pickering (VERBAL NARCOTIC) – sowie zwei Keyboardern – Derek Sherinan (SONS OF APOLLO, ex-DREAM THEATER) und Nahuel Ramos, ein in Argentinien lebender Italiener, – und den beiden Schlagzeugern Klemen Markelj (OBIDIL) und Kevin Talley (CHIMAIRA, THEM, DYING FETUS) fertigzustellen. Die Gäste, inklusive Gesang und Schlagzeug, nahmen ihren musikalischen Anteil natürlich nicht im kuscheligen Heimstudio von Graham Keane auf.

Zu ´Abject Tomorrow´ hat sich Musiklehrer Keane ein tiefgreifendes Konzept ersonnen, das von einem dystopischen Leben der Menschheit fantasiert, in dessen Realität alle direkt nach der Geburt emotionshemmende Implantate eingepflanzt bekommen. Dabei berücksichtigt er musikalisch selbstredend seine Vorliebe für schwermetallische Progressivität im Sinne von DEATH und MESHUGGAH sowie in rockmusikalischer Progressivität in der Linie zu RUSH, YES und GENESIS. Denn unter dem Banner THE VICIOUS HEAD SOCIETY nutzt Keane die Dramatik von GENESIS, den edlen, gern auch mehrstimmigen Gesangsvortrag von YES, die Gitarrenvirtuosität aus dem Hause RUSH sowie die vertrackten Rhythmen in der Leichtigkeit von MESHUGGAH sowie einzelne Growl-Abschnitte im Gedenken an DEATH.

THE VICIOUS HEAD SOCIETY spielen wahren Progressive Metal, keinen schnöden durchgestylten Prog Metal für die Massen, sondern breitbeinig aufgestellte Synapsenkitzler. ´The Sycophants´ führt in diese Welt des eher Neunzigerjahre Progmetal ein. Auf acht Minuten wird ein Spannungsbogen zwischen TWILIGHT KINGDOM und SYMPHONY X mit einem Schuss AYREON in einer angenehmen Gesangsbreite gespannt.

Doch die Wundertüte öffnet sich erst vollends im Folgenden, wenn nicht nur ab und an grober Gesang ausgepackt wird, sondern die herrlichsten, mehrstimmigen Chorusse erschallen. Der Titelsong ´Abject Tomorrow´ gehört in dieser Hinsicht nicht nur zu den großen Höhepunkte der Progressive Metal-Saison 2017. („Abject Tomorrow, where the soul is crushed and life is ours to design. Abject Tomorrow, endless war, the abstraction of all that’s divine.“) Dieser Schönheit ebenbürtig erweist sich im weiteren Verlauf nochmals ´The 11th Hour´ („Fly on, rest in mind. Dreaming through, astral eyes. Fly on, rest in mind. Dreaming through, astral eyes.“), schließlich mit perlend epischen Gitarren („Death calling. Silently, I, see shadows within. Sombre sky. Reflection, I, feel the end draw near.“)

Über spacige Sphären baut sich langsam der ´Downfall´ auf und verfängt sich kurzerhand länger im Geschrei, um sich mit einer strahlenden Eruption sein Kommen bis zum Ende aufzuheben, das kurzerhand kammermusikalisch ausklingt. Die Breaks tanzen und schweben hernach im zehnminütigen ´Agenda: I. Cryptograms / II. A Digital Self´, so dass schreihalsig eine düstere Stimmung aufkommt, die jedoch abermals urplötzlich von den wunderbaren Refrain-Stimmen aufgerissen wird. Die volle Breitseite, auf Tasten und Saiten, schießt das vierminütige Instrumental ´Psychedelic Torture Trip´ ab. Sogar die Elektronik wird kurzfristig in ´Gods Of The New Age´ im Sinne von freidenkenden Prog Rockern integriert.

Achtzehnminuten setzen letztlich unter dem Namen ´Analogue Spectre: I. Reflection / II. Thought Data Stream / III. The Passing / IV. Amaranthine / V. Ghost in the Machine / VI. Love´ dem Werk über einige Pfade („Time folds around me. Tears flow inside. A fabled awareness.“) und Abzweigungen („Hear my prayer. Hear my call from days unknown. Release your belief. Reject the deceit. That binds you in silence.“) die güldenen Zacken der Krönung auf.

(8,5 Punkte)

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https://theviciousheadsociety.bandcamp.com/album/abject-tomorrow