PlattenkritikenPressfrisch

CARCASS – Despicable (EP)

~ 2020 (Nuclear Blast) – Stil: Grind ~


Die wilden Grind-Jahre von CARCASS in den frühen 1990ern sind stilprägend. Gemetzel ohne Gnade, immer voll auf dem Gaspedal. Ab `Heartwork` (1993) wollten die Briten sich und der Welt wirklich was beweisen. Mehr Geld verdienen. Melodien zulassen. Millionen Metalheads begeistern. War rundum gelungen. Ein Referenzwerk. Unerreicht. `Swansong` (1996) war dann ein eigenes Ding. Es tönte, wohl weil ENTOMBED große Erfolge feierten, in etabliertem Death`n`Roll. Das Album wusste in seiner Eingängigkeit zu begeistern – und brachte dennoch die Auflösung. CARCASS waren erstmal weg.

Bis ihnen langweilig war. Zu langweilig. Also mussten sie ein so genanntes Comeback bemühen. Die Metal-Welt ist voll davon. Die Plattenregale auch. „Nuclear Blast“ standen bereit. Die Meldung des Rückkehralbums `Surgical Steel` weckte 2013 dann viele Hoffnungen. Manche sagen, das Album sei das Diskografie-Glanzlicht. Ich finde es nicht ganz so exzellent wie `Heartwork`. Aber: beachtlich. Auf alle Fälle: CARCASS. Kein Anlehnen an Zeitgeist & Co.

Sieben Jahre später kommt nun `Despicable`. Eine EP. Kein Longplayer. Erneut begleitet von großen Erwartungen – die sozialen Medien und dortigen Meinungsmacher gingen schon seit Sommer steil. Der Auftakt mit `The Living Dead At The Manchester Morgue` ist auch sofort ein Lehrstück in Sachen Tonleiter-Rauf-und-Runter. Mit Verstand und Seele. Technik trifft Hooks. Der Song stellt aber auch gleich die folgenden drei Smasher in den Schatten. Sind gut, sauber gezockt. Aber keiner mehr so mitreißend wie der Opener.

Irgendwie werde ich den Gedanken nicht los, dass alle vier Songs Leftovers von `Surgical Steel` sind. Kalkuliert aufgespart fürs Extrakassieren. Ausgeworfen, um zu schauen, ob ein Gang ins Studio sich nochmals lohnt. Wie auch immer: typisch CARCASS.

(7,5 Punkte)


(VÖ: 30.10.2020)