MeilensteineVergessene Juwelen

LIONSHEART – Lionsheart

~ 1992 (Music for Nations) – Stil: Classic Heavy Metal ~


NWoBHM-Legende Steve Grimmett bekannt durch GRIM REAPER (Legende!) und als Leiharbeiter bei CHATEAUX (Legende!! ´Spirit Of The Chateaux´, da kommen bei mir die Tränen der Freude auf!) kehrte 1992 nach einem Gastspiel bei ONSLAUGHT mit dieser starken Veröffentlichung zurück. Man muss wissen, Steve ist noch stimmgewaltiger als er sowieso schon aussieht. Ein mächtiger Sänger vor dem Herrn, mit einem Stimmvolumen, das wirklich nur sehr wenige toppen können.

Er hatte junge, hungrige Musiker im Gepäck wie das eineiige Zwillingspaar Steve Owers (Bass) und Mark Owers (Gitarre). Mark Owers gefiel sich dabei als wilder „Shredder“, so dass das Ganze nicht unbedingt altbacken klang, trotz traditioneller Metal- und Heavy Rock-Anleihen.

Der Opener ´Had Enough´ kommt schnörkellos sofort auf den Punkt. Kraftvolle Riffs und ein – wie oft auf dem Album – schleppender Sound bilden die fruchtbare Basis für das Shouten, Singen und Röhren von Steve Grimmett, den man sich auch gut bei RAINBOW als Dio-Ersatz vorstellen hätten können. Der zweite Song ´World Of Pain´ ist schon zu Beginn ein Genuss als Steve seine Stimme doppelt. ´So Cold´ kann locker DIO-Perlen Paroli bieten. Unheimlich schwer und heavy, aber auch von durchdachten Melodien getragen. Ein Genuss. Trotz gewisser Eingängigkeit weit von Kommerz-Metal entfernt, dafür singt Steve auch viel zu gut. Wenn das folgende ´Can’t Believe´ dann etwas einfallslos klingt, kommt mit dem Schwermetall-Banger ´Portrait´ dann ein weiterer Höhepunkt. Mit schönen Chören und klug eingesetzten Keyboards setzt man einmal mehr eher an glanzvollem 70er Heavy Rock als den speedigen NWoBHM-Traditionen an. ´Living In A Fanstasy´ wäre auch als PRETTY MAIDS-Titel durchgegangen. So reiht sch Lied an Lied ohne, dass (zumindest bei mir) Langeweile aufkommt. Nur gegen Ende geht mit ´All I Need´ und dem oft gecoverten Klassiker von Don Nix ´Going Down´ der Band etwas die Luft aus, was bei 53 Minuten Spielzeit nicht ungewöhnlich ist.

Wenn David Coverdale richtig viel Volumen und Power hätte und in die Metal-Ecke abgedriftet wäre, statt in die AOR-Jetset-Langweilerklasse, hätten WHITESNAKE vielleicht einmal so geklungen. Na ja, das ist dann doch ein schwachsinniger Vergleich. RAINBOW und DIO und der Schweden-Yngwie bei den Gitarren treffen es besser. Die vielen Assoziationen sind vielleicht das einzige Problem, denn bis auf Steves Stimme ist Originalität nicht gerade auf der Habenseite von LIONSHEART zu buchen.

Aber egal, Steve könnte auch Hair Metal oder Poser-Schrott singen und es wäre immer noch irgendwie gut. Nur Kal Swan (LION, TYTAN) oder Sumo-Ringer Nicky Moore (SAMSON) haben auch annähernd so viel Luft in den Lungen. LIONSHEART veröffentlichten bis 2004 noch einige Alben, hatten vor allem in Japan Erfolg, aber das Debüt findet bei mir den größten Anklang.

Leider hat das Schicksal Steve übel mitgespielt, im Jahr 2017 musste ihm ein Teil seines Beines amputiert werden. Bald sah man ihn aber wieder auf dem „Bang your head“-Festival im Rollstuhl in Aktion. Hoffen wir, dass der alte Recke auch das wegsteckt und – singt.