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DARK QUARTERER – Pompei

~ 2020 (Cruz Del Sur Music) – Stil: Epic Metal ~


79 nach Christus krochen immense Lavamassen am Golf von Neapel Richtung Erdoberfläche. Erst schwankte die Erde, den Menschen wurde der Boden unter den Füßen weggezogen. Risse in den Häusern der Umgebung von Pompeji, Herculaneum, Oplontis oder Stabiae waren das geringste Übel. Wände fielen einfach um, Dächer stürzten ein, Leitungen wurden aufgerissen. Gase von Schwefel und Kohlendioxid flüchteten durch alle Bodenritzen in die von nun an stinkende Luft. Monströse Lavamassen stiegen gemächlich empor und dann, eines Vormittags, eruptierte der Vesuv. Als der Schlot den Druck nicht mehr aushielt, gaben die letzten Gesteinspfropfen nach und flammende Magma schoss in einer bald 30 Kilometer hohen Säule aus Gas, Gestein und Asche in die Höhe. Die Menschen wurden unter den Gesteinsbrocken begraben, auch in ihren Häusern. Nachmittags raste der Tod auf leisen Sohlen in Form von strömender Glutasche den Vesuv herab und begrub alles Weitere unter sich. Die Temperaturen von bis zu 500 Grad überströmten die Körper der Menschen und ließen das Blut noch innerhalb des Leibes verdunsten und die Gehirnmasse regelrecht explodieren. Im nahen Herculaneum verdampften die Opfer, in Pompeji erstickten sie an den Gasen oder wurden von herabstürzenden Gegenständen erschlagen. Hier 5.000, dort 20.000 Tote.

Beinahe 2.000 Jahre später resümiert der italienische Schriftsteller Alberto Angela diese Stunden um den Ausbruch des Vesuvs in seinem Buch „The Three Days of Pompeii“. Angeregt von dessen Ausführungen statten zwei Musiker von DARK QUARTERER – Sänger/Bassist Gianni Nepi und Schlagzeuger Paolo „Nipa“ Ninci – unabhängig voneinander Pompeji einen Besuch ab. Beeindruckt von Literatur und einer von der Geschichte geprägten Realität beginnen sie ein Konzeptalbum auszuarbeiten.

Ziemlich genau 38 Jahre nachdem sich die italienische Cover-Band OMEGA R in DARK QUARTERER umbenannt hat, um eigene musikalische Kreationen zu schöpfen, präsentiert das Quartett um die beiden Urmitglieder das achte Werk ´Pompei´. Es ist ein typisch italienisches Epic Metal-Album geworden, das seine Besonderheit aus einem hohen Doom- und Prog-Anteil erhält. Eine gedankliche Kreuzung aus ADRAMELCH und etwas BLACK OATH kommt den Ausführungen irgendwie nahe.

Sehr leise schleichen sich die Töne im Sinne von Ennio Morricone in der neunminütigen Eröffnung ´Vesuvius´ an, die der Vulkan persönlich vorträgt. Aus den schweren Tiefen des Doom schält sich letztlich eine progmetallische Komposition heraus, die obendrein den Spirit der Siebzigerjahre insbesondere über die Orgel-Klänge und die solistischen Spielfreuden miteinbezieht, bis es im Temporausch zur Eruption kommt. Während der Gesang in ´Welcome To The Day Of Death´ noch seine lieblich-theatralische Ader offenbart, legen die Instrumentalisten Speed und Power des klassischen Hardrock an den Tag – sinfonisch aufbauschend, metallisch aufgehend. Die achtminütige Komposition ´Panic´ ist weit heroischer, wahrer italienischer Prog Rock mit Klavierbegleitung, später auch Orgelklänge integrierend. Schlichtweg nonkonformistische Musik, wie es selbst der Heavy Metal in ´Plinius The Elder´ beweist. In der Montur des schweren und heldenhaften Echtmetalls zeigt sich dagegen der ´Gladiator´. Die anfangs zarten Töne von ´Forever´ lassen zum Finale peu a peu das gesamte Geschehen emporsteigen, sanfte Chöre erschallen zum gerne endlos aufspielenden Gitarrensolo. Bisweilen im Sepiaton cinemaskopisch und dramatisch. Originell. Italienisch. Majestätisch.

(8 Punkte)

https://www.facebook.com/DarkQuarterer


(VÖ: 6.11.2020)