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ARMORED SAINT – Punching The Sky

~ 2020 (Metal Blade/Sony Music) – Stil: Heavy/Power Metal ~


 

 

 

 

 

 

Sie sind die ewigen Underdogs des Heavy Metal, natürlich nur im Vergleich zu den Million Sellers des Metal-Business, denn im Underground sind sie seit jeher die Größten: ARMORED SAINT. Die Klassiker-Alben der Achtzigerjahre – ´March Of The Saint´ (1984), ´Delirious Nomad´ (1985) und ´Raising Fear´ (1987) – sind längst Legende und das letzte Aufbäumen vor der Bandauflösung, ´Symbol Of Salvation´ (1991), ist bis heute ein Fabelwerk vor dem Herrn; angetrieben von dem Gedanken, für den verstorbenen Dave Prichard ein Denkmal zu setzen. Doch ARMORED SAINT kamen zurück und überspielten das Problem, dass sie nie einen echten Anführer in der Formation hatten, sondern nur gleichermaßen starke Persönlichkeiten. Da das letzte Werk allerdings abermals Maßstäbe setzte, ´Win Hands Down´ (2015), sind die Erwartungen an das achte Studioalbum nicht gering.

Obwohl sich die Zeiten in den vergangenen Dekaden geändert haben, das Quintett ein Album inzwischen in Gemeinschaft komponiert, aber nicht mehr in der Garage wie einst, sondern sich neue Ideen hin- und herschickt, und die Plattenveröffentlichungsshow im Whiskey A Go-Go nur eine virtuelle sein wird, können die gepanzerten Heiligen mit einem variantenreichen Werk und einigen Überraschungen glänzen.

Der Opener ´Standing On The Shoulders Of Giants´ startet mit dem von Patrick D’Arcy gespielten Dudelsack, ehe die Gitarren das Zepter übernehmen. Ein klassischer Song, der auch auf ´Symbol Of Salvation´ seinen Platz gefunden hätte. Das schlichte Lied mit dieser Melodie, die bis in den Schlaf weiter im Kopf mitheulen will, trägt den Titel ´Lone Wolf´ und gehört ebenfalls zu den hervorstechenden Kompositionen. Mit dem ruhigen und erst langsam aufwallenden ´Unfair´ haben ARMORED SAINT aber noch eine weitere Überraschung parat. Hochemotional und aufwühlend wird der Wandel zu schnelllebigen Zeiten eindringlich angesprochen.

Obgleich ´End Of The Attention Span´ von der Härte prinzipiell in die Frühphase der Gruppe verweist, dürfen keine Kompositionen in ihrer Ausprägung hinsichtlich dieser längst vergangenen Zeiten erwartet werden. Der Song über unsere schwindende Aufmerksamkeitsspanne und die immer größere, digitale Vernetzung der einzelnen Menschen, ohne tatsächlich und real miteinander zu leben, mahnt in seiner Gitarrenmelodie gar ein Stück weit, ebenso das Finalstück ´Never You Fret´, an SAVATAGE. Der Aufruf zur Abkehr vom Waffenbesitz, ´Missile To Gun´, holt nochmals die Metal-Kante ordentlich heraus.

Das lockere ´Bubble´, mit winzigen elektronischen Spielereien zu Beginn und zwischendurch, könnte womöglich im US-amerikanischen Alternative Rock endlich für etwas Heavyness sorgen. Und nicht nur die Halbballade ´Fly In The Ointment´ zeigt Ausnahmesänger John Bush in Hochform. Trotz aller Liebe zur Formation, müssen jedoch ´My Jurisdiction´ und das allein von seinem fetten Riffing lebende ´Do Wrong To None´ zu den Standard-Nummern der Bandhistorie gerechnet werden.

March on, my Saint.

(8 Punkte)

Michael Haifl

 

 

 

 

Qualität stand für ARMORED SAINT schon immer über Quantität. Wie sonst kommt eine Band mit knapp 40-jähriger Laufbahn gerade einmal auf acht Alben?

Auf ´Punching The Sky´ musste die Anhängerschaft der Kult-Metaller fünf Jahre warten, so lange ist ´Win Hands Down´ auch schon wieder her. ARMORED SAINT sind sich auf ihrem achten Album stilistisch treu geblieben. Treu geblieben in diesem Sinne, dass man die musikalische Linie der letzten beiden Alben fortsetzt. Man hat inzwischen seinen Stil und Sound gefunden, was Überraschungen weitgehend im Kontext zu den beiden letzten Alben ausschließt.

Dass sich ARMORED SAINTs Stil bzw. die Songs voll und ganz um den einzigartigen, unverwechselbaren Gesang von John Bush aufbaut, ist nicht zu überhören. Dazu kommt eine der besten Gitarrenduos im Heavy Metal: Jeff Duncan und Phil Sandoval. Mit der Rhythmusmaschine Joey Vera (Bass) sowie Gonzo (Drums) rundet man das Gesamtpaket ab. So ist es kein Wunder, dass auch auf ´Punching The Sky´ der groovende, energische Stil der Amis dominiert, für den die Truppe bekannt ist. Dass der Schwerpunkt auf den typischen ARMORED SAINT Gitarren liegt, ist selbstredend. Nur bei wenigen Bands hört man innerhalb von Sekunden, wer da gerade am Start ist.

Interessant ist allerdings der Umstand, dass die Halbballade ´Unfair´ mit zu den Höhepunkten des Albums gehört, neben druckvollen, hoch energischen Dampfhammertracks wie ´Never You Fret´, ´Do Wrong To None´ oder ´Missle To Gun´, die das Rückgrat des Albums bilden.

Anderseits zündet eine Nummer wie ´Bubble´ beim Erstkontakt nicht, sondern entfaltet seine Größe erst nach mehreren Durchgängen. Gerade die eher melodischere Ausrichtung in der ersten Hälfte des Stücks begeistert. THIN LIZZY Einflüsse lassen sich bei ´Bark No Bite´ ausmachen, während man bei ´Lone Wolf´ experimentierfreudiger agiert und dabei den Groove nicht vergisst.

Wie schon auf den Vorgängern variiert man und bleibt dennoch ganz nah an seinem ursprünglichen Sound der, wie schon erwähnt, letzten beiden Alben. Wer auf ein ´Raising Fear´- ähnliches Album gehofft hatte, wird auch dieses Mal enttäuscht und letztendlich auch in Zukunft. ARMORED SAINT haben ihren Stil definiert und sind somit unverwechselbar geworden. ´Punching The Sky´ steht erneut für diese Einmaligkeit.

(8 Punkte)

Jürgen Tschamler

 

 

 

 

ARMORED SAINT könnte man fast schon als eine Art „Kritikerlieblinge“ bezeichnen. Von der Fachpresse stets hochgelobt, blieb ihnen der ganz große kommerzielle Durchbruch bislang allerdings leider verwehrt. Wieso eigentlich frage ich mich? Kaum eine zweite Band mit einer gut 40-jährigen Karriere schafft es in beständiger Regelmäßigkeit, ein klasse Album nach dem anderen aus dem Hut zu zaubern. Und kompositorisch glänzen die Kalifornier immer mit tollen Melodien und Hymnen, die eigentlich jeden Metalhead zum Durchdrehen bringen sollten. Zudem hat das Quintett mit dem Duo Phil E. Sandoval und Jeff Duncan zwei herausragende Gitarristen, sowie mit John Bush einen der weltbesten Metal-Sänger in seinen Reihen. Solch ein Schicksal wurde leider aber schon vielen Bands zuteil…

Widmen wir uns also lieber erfreulicheren Dingen wie dem neuen Album ´Punching The Sky´ zum Beispiel. Und bereits mit dem Eröffnungsduo ´Standing On The Shoulders Of Giants´ und ´End Of The Attention Span´ zeigen sich ARMORED SAINT von ihrer Schokoladenseite. Zwei echte Granaten, die locker auch auf ihren Meisterwerken ´Delirious Nomad´ oder ´Symbol Of Salvation´ hätten stehen können. Fantastische, packende Melodien und fesselnde Refrains, die auch zu keiner Zeit die nötige Portion Härte und Power vermissen lassen. Angetrieben vom Rhythmussegment Joey Vera und Gonzo Sandoval läuft die Truppe hier zur Höchstform auf. Beeindruckend!

Mit dem folgenden Triple, bestehend aus ´Bubble´, ´My Jurisdiction´ und ´Do Wrong To None´ machen es die Amis einem nicht auf Anhieb leicht, braucht man doch den ein oder anderen Durchlauf mehr, um sich mit den zunächst streckenweise etwas sperrigeren und leicht experimentellen Kompositionen anfreunden zu können. Dann zünden aber auch diese drei Titel, wenngleich das Niveau der ersten beiden nicht ganz erreicht wird. Das ändert sich mit dem sehr eingängigen Ohrwurm ´Lone Wolf´ wieder sehr schnell – keine überragende, aber dennoch gefällige Nummer. Ein weiteres Highlight indes knallt mit dem flotten und von geilen Gitarren angetriebenen ´Missile To Gun´ mächtig ins Gemächt. Stark!

Die anschließende Halbballade ´Fly In The Ointment´ glänzt mit herrlichen Akustik- und ganz dezent im Hintergrund eingestreuten Klavierklängen. Ja, genau so muss eine packende Halbballade klingen – well done, guys! ´Bark No Bite´ ist ein toller und straighter Heavy-Rocker, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Fesselnd und balladesk hingegen geht es mit ´Unfair´ in den Endspurt, bevor ´Never You Fret´ mit flottem Tempo ´Punching The Sky´ beschließt. Kein Meisterwerk, aber einmal mehr ein verdammt fettes Album aus dem Hause ARMORED SAINT. Bleibt abschließend nur noch die Frage offen: „…wer dudelt denn da den Sack zu Beginn des Openers ´Standing On The Shoulders Of Giants´ so schön?“

(8,25 „fette“ Punkte)

Armin Schäfer

 

 

 

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(VÖ: 23.10.2020)