MeilensteineVergessene Juwelen

ACCU§ER – The Conviction

~ 1987 (ATOM H Records) – Stil: Thrash Metal ~


Die deutsche Thrash-Geschichte war in den 80er-Jahren lang und erfolgreich. Es gibt zumindest für mich aber wenige deutsche Thrash-Platten, wie die erste ACCU§ER, die eine so brutale Präsenz vom ersten Ton an zeigen und sich gleichzeitig nicht nur am Ziel orientieren, möglichst schneller und härter als die Konkurrenz zu sein. Für mich hat die Band auch nie mehr diese Frische und Intensität erreicht, trotz vielen guten bis sehr guten Veröffentlichungen bis heute.

Von Beginn an gibt es eine natürliche notwendige Härte, aber alles auf hohem Spielniveau, ohne in akademische Techno Thrash-Gefilde zu verfallen. Spätestens ab dem fiesen zweiten Track ´Sadistic Terror´ läuft die Band zu großer Form auf. Ein Riff jagt das andere, der Gesang passt sich dem düsteren Geschehen an. Der dritte Track ´Down By Law´ beginnt melodisch, bevor es auch hier ordentlich eine saubere Faust ins Gesicht gibt. Gesellschaftskritik und klare Warnungen vor dem Kalten Krieg und Atomwaffenwahnsinn, Appelle gegen Tierversuche für die Entwicklung von Kosmetik statt satanischer Kindergeschichten auf Geisterbahnniveau oder Sauflieder. Auch das hat die Band von vielen ähnlich gelagerten Bands unterschieden. Und sie haben die Texte authentisch ohne „Native Speaker“ oder Pseudonyme (so genanntes „Gaby Hauke-Syndrom“) geschrieben, das ist deutlich ablesbar. Die düsteren Chöre im Refrain und die starken Breaks machen ´Down By Law´ zu einem der Glanzlichter.

Nächster Höhepunkt ist das über 10minütige ´Accu§er´, zunächst von leichten Akustikgitarren und einem unheilvollen Bass eingeleitet, bevor Riff auf Riff und Break auf Break den Hörer zu einer Tour de Force zwingen. Aber immer sind auch die notwendigen melodischen Sprengsel dabei, die den Wiedererkennungswert deutlich über bloßes Thrash-Gekloppe stellen. Da werden zumindest mir auch die zehn Minuten nicht zu lange. Der Gesang von Eberhard Weyel passt aus meiner Sicht super zur Musik, wenn seine Variationsbreite auch eher schmal ist. Nach sieben Songs ist Schluss und man wischt sich den Schweiß von der Stirn. Das war einfach sauberer deutscher Teutonen-Thrash, der gar nicht so sehr teutonisch klang, der aber leider auch nicht die Bekanntheit anderer deutscher Bands erreicht hat, vielleicht war es ja ein, zwei Jährchen zu spät. Die „Big Teutonic 4“ (aus meiner Sicht genauso Quatsch zur reinen Unterstützung der Kapitalakkumulation wie die Vorbilder „Big Four of Thrash Metal“), wie die verdienten KREATOR oder DESTRUCTION (die anderen zwei Namen habe ich leider gerade vergessen) hatten 1988 schon ihre ersten umjubelten Alben unters Metal-Publikum gebracht.

Auch die nächsten Veröffentlichungen waren sehr stark bis zur Auflösung 1995, wo sich dann aber auch der charakteristische Stil schon etwas im Zeitgeist aufgelöst hatte. 2009 kam man dann mit einigen starken Alben zurück, aber die Aufbruchszeit der 80er ist unerreicht.

´Conviction´ bleibt für mich deshalb das Album mit ihrem wertvollsten Inhalt. Ich habe übrigens die „No Bull Records / Koch international“ CD-Ausgabe, auf der auch noch die empfehlenswerte ´Experimental Errors´-EP enthalten ist, die sich schon irgendwie mit heute noch populären Themen wie Terror oder Technikgläubigkeit auseinandergesetzt hat. Lobenswerte Band und Veröffentlichung.