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HEATHEN – Empire Of The Blind

~ 2020 (Nuclear Blast Records) – Stil: Speed-/ Thrash Metal ~


Nein, nein, nein. Auch wenn die Euphorie zum neuen HEATHEN-Album fast schon Hype-mäßige Ausmaße angenommen hat, `Empire Of The Blind` wird es nicht einmal in meine Jahres-Top 30 packen. Und das hat Gründe.

Als die Jungs in der Besetzung Jon Torres (Bass, R.I.P.), Darren Minter (Drums), Lee Altus und Kragen Lum (Gitarren) sowie Sänger David White mit ‚The Evolution Of Chaos‘ vor zehn Jahren ihr Comeback-Album veröffentlichten, stand die Szene Kopf. Kein Wunder auch, hatte das Album doch die grandiosen Trademarks der frühen Jahre gut eingefangen und mit einer leicht modifizierten Note einen neuen HEATHEN-Sound geschaffen. Das Album war ein Knaller. Noch besser war dann aber der diesjährige Reissue dieses Albums, mit einem gewaltigen Remaster des Sounds, der das Album noch einmal auf eine neue Stufe hievte. Brachial!

2020 liefert die Bay Area-Band nun den Nachfolger ab und die Szene wartet gespannt. Für den 2013 verstorbenen Bassisten Jon Torres zupft nun Jason Mirza den Bass, während an den Drums inzwischen Jim DeMaria sitzt. Das Triple Altus, Kragen und White, der Kern der Band, ist weiterhin am Start.

Produziert hat das Album Zeus (SHADOW`S FALL, HATEBREED, etc..), die Songs stammen überwiegend aus der Hand von Kragen Lum. An Gästen finden sich auf dem Album Gary Holt (ex-SLAYER, EXODUS), Rick Hunolt (ex-EXODUS) und Doug Piercy (ex-HEATHEN). Soweit zu den Rahmenbedingungen.

Musikalisch ist das Album deutlich thrashiger und weniger Speed Metal, für das HEATHEN eigentlich mit ihren frühen Alben eher stehen. Rhythmik und die meisten Riffstrukturen klingen mehr nach Thrash Metal, was die ganze Kiste dann doch irgendwie limitiert. Zudem hat sich David Whites Stimme eher zum Nachteil entwickelt. Er klingt deutlich roher, kantiger, was im Gesamtkontext den Stücken eine nicht zu überhörende rohe Härte gibt. Die Gitarrenarbeit ist über weite Strecken stark, das Duo Altus/Kragen feuert aus allen Rohren und doch bleibt auch etwas die Kreativität auf der Strecke, weil man sich zu sehr auf „Härte“ konzentriert und zu wenig auf speedig-fliegende Riffs wie auf dem Vorgänger. Ich gehe davon aus, dass Zeus` Einfluss an diesem Gitarrenaspekt nicht unerheblich war. Und dadurch hat man sich deutlich von seiner speedigen Grundeinstellung entfernt, leider.

Komischerweiser gefällt mir bei den ersten Durchgängen auf Anhieb das Instrumental `A Fine Red Mist` am besten. Hat es doch noch die meiste musikalische Verbindung zum Vorgänger. `In Black` lebt von einer grandiosen Gitarrenarbeit und einer brachial energischen Spielweise. Eigentlich geil, aber dann haut Sänger White rein und entzaubert das Stück. Hierbei wirkt sein „Gesang“ einfach zu kantig in diesem geschmeidigen Riff-Feuerwerk. Das gleiche kann man für `The Blight` sagen. Durch Whites Gesang driftet man ins Mittelmaß. Wie würde das erst mit einem Sänger klingen, der Höhen und Screams liefern könnte?

Nicht viel schlechter und in einem Affentempo unterwegs ist `The Gods Divide`. Da bluten die Ohren. Schön. Und doch will das alles nicht wirklich zünden oder Euphorie entfachen. Was zum einen vielleicht auch an der Tonlage der Gitarren oder am grundsätzlichen Sound liegt, wie schon zuvor erwähnt, der nicht diese old schoolige Tonlage wie der Vorgänger bereithält. Das klingt für mich nicht wirklich nach HEATHEN. Bums. Jetzt isses raus. Meine kleine bescheidene Meinung zu diesem Album, von dem ich einiges erwartet hatte. Man hört sich schnell daran satt und das ist das wirklich traurige.

Sicher werde ich mit dieser Meinung weitgehend alleine stehen. Aber Musik ist auch persönliche Geschmackssache. Die Gitarrenarbeit ist, ohne Frage, mörderisch, aber durch den zu hohen Thrash-Anteil leider auch schnell unattraktiv. Und wie gesagt, ein Sänger mit einer höheren Stimmlage und die ganze Kiste würde auf einem anderen Level spielen. Und das letzte „und“: vielleicht nicht mehr Zeus als Produzent nehmen. Danke für die Aufmerksamkeit.

(6,5 Punkte)