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EARLY MOODS – Spellbound

~ 2020 (Dying Victims Records) – Stil: Doom Metal ~


Bei der Herkunft der Band und den Familiennamen der Mitglieder hätte ich spontan auf Thrash Metal getippt, obwohl der etwas merkwürdige Bandname natürlich nicht allzu thrashig klingt. Fakt ist aber, dass Alberto Alcaraz, Chris Flores, Edward “Eddie“ James Andrade, Elix Feliciano und Oscar Hernandez allesamt aus Los Angeles kommen, wo EARLY MOODS bereits im Jahr 2015 durch Eddie und Alberto gegründet wurde. Aber so weit daneben habe ich dann auch nicht gelegen, denn schaut man sich die bisherigen Wirkungsstätten der Musiker an, dann entdeckt man dort ausschließlich Bands aus den Bereichen des Black/Death/Speed und Thrash Metal. Und die sollen jetzt Doom spielen? Meine Neugier ist geweckt!

Und was soll ich sagen, anders als ich es bereits bei vielen sogenannten Doom-Bands an dieser Stelle angemerkt habe, spielen EARLY MOODS tatsächlich Doom…und zwar richtigen, echten traditionellen Doom. Kein Funeral, Epic, Gothic, Death, Black, Drone oder Stoner Doom, sondern den tief bis in die frühen Siebzigern hineinreichenden Doom, der von BLACK SABBATH erschaffen und von Bands wie WITCHFINDER GENERAL, PENTAGRAM, SAINT VITUS, THE OBSESSED und nicht zuletzt auch TROUBLE weiterentwickelt worden ist. Vielleicht ist der Bandname ja genau eine Anspielung darauf, aber zumindest machen die Bandmitglieder keinen Hehl aus ihren musikalischen Vorlieben und zelebrieren gekonnt schleppende einprägsame Riffs in Kombination mit melodischem Gitarrenspiel und klarem Gesang, alles mit einer soliden Rhythmusfraktion unterlegt.

 

 

Ich versuche mal Anhand des die EP eröffnenden Titelstücks ´Spellbound´ zu verdeutlichen, was ich meine.

Nach einem zum Titel passenden „spooky“  Beginn, legt der Song bereits nach wenigen Sekunden mächtig flott los und demonstriert ohne weitere Umschweife sehr überzeugend, was EARLY MOODS perfekt beherrschen, nämlich packende und treibende Riffs, zu denen die Bein- und Nackenmuskulatur sogleich einen Bewegungsreflex vom zentralen Nervensystem erhält. Dann wird leicht auf die Bremse getreten und die tonnenschwere Doom-Karawane bahnt sich unaufhaltsam und unerbittlich ihren Weg in die kognitiven Regionen des Gehirns. Beim Einsetzen des Gesangs werde ich dann aber kurz aus der beginnenden Trance in die Realität zurückgeholt, hatte ich doch eine tiefe bedrohliche Stimme erwartet. Ich muss nun aber, nachdem ich ihr eine Zeit lang gelauscht habe zugeben, dass die helle, klare, akzentuierte und nur leicht verzerrte Stimme von Sänger Alberto sehr gut mit der Musik kontrastiert und dem Gesamtwerk eine besondere Nuance und leicht okkulte Note verpasst. Ein erster Eindruck, der sich nach mehrmaligem Zuhören sogar noch erhärtet. Im weiteren Verlauf entwickelt der Song eine derartige Dynamik und Abwechslung und fährt solch tolle Melodien auf, dass die Entscheidung des Essener Labels „Dying Victims Records“, dieses Stück bereits vor dem offiziellen Veröffentlichungstermin der Doomgemeinde für eine Testhörung zur Verfügung zu stellen, absolut nachvollziehbar ist. Nicht nur in diesem Song herausragend ist der Beitrag der beiden ineinandergreifenden Gitarren, die egal ob mit eingeschalteter Distortion, bearbeitetem Wah-Wah-Pedal oder was auch immer für eingesetzten Effekten, dem doomaffinen Zuhörer in ihren Bann schlagen. Die letzten 90 Sekunden dieses Stückes sind Gänsehaut pur und beweisen, dass den Jungs von EARLY MOODS die Hauptwerke der NWoBHM nicht ganz fremd sind. Was für ein großartiges Stück Musik. Doom und Heavy Metal in perfekter Harmonie!!

Auch die restlichen vier Songs der knapp 27 Minuten langen EP bieten klassischen sabbathesken Doom mit Verweisen auf die Bands, die Gitarrist Eddie, der in seinen anderen Bands interessanterweise auf dem Schlagzeugschemel sitzt, als seine Haupteinflüsse nennt, nämlich IRON MAIDEN, ANGEL WITCH, KISS, VENOM und MOTÖRHEAD. Weiter geht es auf der EP mit ´Starless´, welches, nicht zuletzt auch durch die von Sänger Alberto bedienten Keyboards, intensive 70ies Vibes ausstrahlt und atmosphärisch eine andachtsvolle musikalische Messe zelebriert. Bei dem etwas flotter startenden ´Isolated´ wird EARLY MOODS durch Alan Jones (Gitarrist von PAGAN ALTAR und Sohn des verstorbenen Terry Jones) verstärkt und gleich zu Beginn das Wha-Wha-Pedal mächtig durchgetreten. Das Stück beschränkt sich zwar im weiteren Verlauf hauptsächlich auf gemächliches Riffing, diesem werden aber immer wieder sehr erfrischende kurze Intermezzi der Leadgitarre aufgesetzt. Lediglich ´Desire´ fällt mit seinem verträumten Beginn zunächst etwas aus dem Rahmen, bevor das einsetzende Gitarrendoppelpack wieder unmissverständlich deutlich macht, dass es hier um Doom geht. Und erneut ist es die Leadgitarre, die diesem Song das besondere Etwas, nämlich die Leichtigkeit und das Fluffige verleiht. Wie Eischnee, den man unter einen schweren Butterteig rührt. Auch das die EP abschließende ´Living Hell´ bewegt sich zwar insgesamt tempomäßig ganz klar in doomigen Gefilden, ruft bei mir aber aufgrund des zu Beginn des Stückes verwendeten Gitarrensounds und des später hinzukommenden Backgroundchors Assoziationen zum Grunge hervor und ist nicht zuletzt auch deswegen, wie alle auf ´Spellbound´ dargebotenen Songs, alles andere als eintönig oder gar langweilig.

Falls sich jemand darüber wundern sollte, dass auf dem hiesigen Bandfoto vier Personen abgebildet sind, das aktuelle Profil auf Facebook aber derer fünf enthält, so legen meine Recherchen nahe, dass Elix Feliciano erst nach den Aufnahmen zu ´Spellbound´ den Bass von Alberto übernommen hat, der sich nun voll und ganz auf seinen Gesang und die Arbeit an den Keyboards konzentriert.

´Spellbound´ ist für Fans des klassischen Doom ganz klar ein Pflichtkauf und bekommt daher von mir

(8 Punkte)

Die EP steht bereits seit April zum Download auf Bandcamp bereit und erscheint am 25. September via „Dying Victims Records“ ebenfalls auf CD und sowohl in schwarzem als auch in einer Special Edition auf buntem Vinyl.

 

EARLY MOODS sind:

Alberto Alcaraz – Gesang und Synthesizer
Eddie Andrade – Rhythmusgitarre
Elix Feliciano – Bass
Chris Flores – Schlagzeug & Percussions
Oscar Hernandez – Leadgitarre

 

https://earlymoods.bandcamp.com/releases

https://www.facebook.com/earlymoods/


VÖ: 25.09.2020