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TORCH – Reignited

~ 2020 (Metalville) – Stil: Heavy Metal ~


Kinders, wie die Zeit vergeht…

zählt man die ´Dark Sinner´ von 2009 nicht mit, die lediglich zwei neue Songs und ansonsten nur neu eingespieltes altes Material enthielt, dann ist es nämlich seit der ´Electrikiss´ bereits 36 Jahre her, dass die 1980 in Eskilstuna (Schweden) gegründeten TORCH ihrer Kreativität freien Lauf gelassen haben.

Nun hieße es wohl bei den meisten Metal-Fans, die dies hier lesen, Eulen nach Athen tragen, wenn ich detailliert auf die kurze, aber intensive Karriere von TORCH eingehen würde, zumal diese das selbst wesentlich besser können. Ich empfehle deshalb jedem, der einen tieferen Einblick in die Bandhistorie erhalten möchte, einen Besuch auf der Hompage der Band (s.u.), wo man z. B. die etwas skurrile Entstehungsgeschichte der Plattencover nachlesen kann und wo man ebenfalls erfährt, wieso man 1985 gleich nach dem ersten Gig aus der Tour mit MOTÖRHEAD geflogen ist. Bereits 1986 war mit der Band nach nur einer EP und zwei LPs (und einer 12-Zoll mit drei Stücken) Schluss, als Sänger Dan Dark (gebürtig Östen Bidebo) die Band verließ. Der eigentliche Grund für den Split der Band, die eigentlich nur die schnellste, härteste und lauteste Band der Welt sein und dabei Spaß haben wollte, war nach eigenem Bekunden aber wohl ihr chaotisches Wesen und die Tatsache, dass es der Band karrieremäßig ganz klar an Zielstrebigkeit fehlte.

Auch wenn bereits drei Dutzend Jahre seit dem letzten „echten“ Studiorelease vergangen sind, so ist ihr letztes Lebenszeichen bei weitem nicht so lange her. Bereits 2003 hatte Dan Dark die Band wiedererweckt, dafür aber komplett neue Mannen um sich geschart. Interessanterweise war somit aber auch kein Gründungsmitglied mehr dabei, denn auch Dan war erst 1981 zur Band hinzugestoßen und hatte den Originalsänger Stefan Wedlund ersetzt.  In dieser Besetzung absolvierten sie nun einige Gigs, unter anderem auch im April 2005 auf dem „Keep It True Festival“, wo Dan als kurzgeschorener weißhaariger Zwillingsbruder von Rumpelstilzchen (das ist nicht despektierlich gemeint, sondern soll das charismatische Energiebündel umschreiben) mit seinem knallroten und hautengen Lederzweiteiler einen bis heute unvergesslichen Eindruck hinterließ.

Aber 2013 passierte es dann doch noch…TORCH fanden sich in nahezu alter Besetzung wieder zusammen. Lediglich Gitarrist Claus Wildt (aka Wild) war durch Håkky, einem alten Freund der Band, ersetzt worden. Nach einigen erfolgreichen Gigs entschloss man sich weiterzumachen und so begann man 2019 damit, neues Material zu schreiben und aufzunehmen.

Schaue ich mir das aktuelle Bandfoto an, so muss ich feststellen, dass sich auch in den letzten 15 Jahren eine Menge getan hat. Das heutige Erscheinungsbild von Dan, mittlerweile fast vollständig tätowiert, langhaarig und rauschebärtig, erinnert nämlich kaum noch an den ehemaligen Sänger von TORCH, sondern erweckt eher Assoziationen mit einem völlig durchgeknallten Südstaatler.

 

 

Aber gilt das auch für die Musik?

Teils, teils…

Ich muss zugeben, dass mich der erste Durchlauf der neuen Scheibe relativ kalt gelassen hat. Aber was hatte ich erwartet? Erneut Stücke wie ´The Beauty And The Beast‘, ´Fireraiser´ oder ´Battle Axe´?

Vielleicht war es auch ein Fehler, mich zur Vorbereitung auf diese Scheibe wieder intensiv mit den alten Werken von TORCH zu beschäftigen, Vergnügen daran zu finden und in alten Erinnerungen zu schwelgen. Nun muss man jedoch auch zugeben, dass TORCH bereits damals mit ihrer Musik keine sonderlich neuen Impulse gesetzt haben, aber das war ja auch nie die Absicht der Band. Sie klangen nach JUDAS PRIEST und ACCEPT, was bei der Klangfarbe des Gesangs von Dan Dark auch nahe lag und nach der Auflösung von TORCH wohl auch dafür verantwortlich war, dass er bei der ACCEPT-Coverband EXCEPT am Mikro stand, die 2001 u.a. auf dem 4. Headbangers Open Air Festival auftrat. Aber obwohl mich das Eingangsriff von ´Fireraiser´ nach wie vor an ´Whole Lotta Rosie´ erinnert, hatte sich TORCH Gott sei Dank insgesamt wenig an AC/DC orientiert, dafür aber umso mehr an der damals bereits im Niedergang begriffenen NWoBHM. Insgesamt haben TORCH aber viel Spaß gemacht und obwohl sie  in ihrer Art immer schon sehrt straight waren, hatte TORCH kompositorisch durchaus interessante Ideen und lieferten z. T. großartige Gitarrenmelodien, Basslinien und eine abwechslungsreiche Schlagzeugarbeit ab.

Und nun?

Für eine Fackel passend heißt das neue Lebenszeichen nicht Rebirth oder Resurrection, wie man das von anderen Reunions her kennt, sondern ´Reignited´ (Re-Ignition war ja bereits im letzten Jahr von TANK verwendet worden), aber leider überstrahlt das neu entflammte Feuer nicht die aktuell herrschende Szene und weist ihr den Weg in glorreiche Zeiten…

Man kann TORCH nicht wirklich vorwerfen, dass sie irgendetwas falsch gemacht hätten. Sie klingen immer noch nach PRIEST und Dan Dark gibt wirklich alles. Mit seiner harten, aggressiven, aber dabei immer auch melodischen Stimme, ist er nach wie vor das Aushängeschild von TORCH. An ihm liegt es weiß Gott nicht, dass mich die Scheibe auch nach 5-6 Durchläufen nicht wirklich packt. Irgendwie ist alles schon mal dagewesen und wenn ich mir die Frage stelle, ob ich mir angesichts der aktuell z. T. hochklassigen Veröffentlichungsflut diese Scheibe in den nächsten 2-3 Monaten erneut anhören werde, dann lautet die Antwort…eher nein.

Schade eigentlich, denn das Potential wäre wirklich da gewesen, aber irgendwie hat dann wohl nach 36 Jahren etwas der Mut gefehlt und man ist bei seinen Leisten geblieben, d.h. bei Songstrukturen, mit denen man nicht viel falsch machen kann. Aber das ist eben auch das Problem, das ich mit dieser Scheibe habe. Sie bedient vor allem die niederen Instinkte des gemeinen Metalfans, was auch mit einem Titel wie ´All Metal, No Rust´, unverkennbar eine Ode an den Heavy Metal, unmissverständlich deutlich gemacht wird. Ich bin mir sicher, dass das neue Album bei der breiten Masse sehr gut ankommen wird, was ich mit „sie haben nichts falsch gemacht“ zum Ausdruck bringen wollte. Vor allem der Eingangsdreier bestehend aus ´Knuckle Duster´, ´Collateral Damage´ und das bereits erwähnte ´All Metal, No Rust´ werden auf jeder Metal-Party perfekt funktionieren.

Zu Beginn von ´Knuckle Duster´ ist eine aufsetzende Plattennadel zu vernehmen, die wohl nostalgische Gefühle vermitteln soll, bevor der Gesangspart von einem halfordschem Scream eingeleitet wird und der Song seinen Lauf nimmt. Vielleicht soll der Beginn des Songs den Übergang in eine neue Epoche symbolisieren. Ist das gelungen? Zweifellos! Der Song ist zwar tief in der Heavy Metal-Tradition verwurzelt, bietet aber auch der nach 1986 geborenen Heavy Metal-Generation alles, was diese glücklich machen wird. Und sonst? Habe ich oben noch behauptet, dass TORCH wenig mit AC/DC gemein haben, so straft mich das Riff von ´Cradle To The Grave´ Lügen. Insgesamt ein geradliniger Stampfer in eben jener Tradition. ´Dead Of The Night´ hingegen ist eine für TORCH ungewöhnlich nachdenkliche Midtemponummer mit stark balladesken Zügen. ´Intruder´ plätschert etwas dahin und auch das abschließende, über sieben Minuten lange ´To The Devil His Due´ beginnt zwar mit einem gefälligen Gitarrenriff, bietet auch durchaus Abwechslung, wird aber auf lange Dauer bei mir ebenfalls keinen nachhaltigen Eindruck hinterlassen.

Ich werde wohl einer der wenigen bleiben, die sich mehr Stücke wie ´Feed The Flame´ und ´Snake Charmer´, bei welchem sogar, falls ich mich nicht verhört habe, passenderweise eine Talk Box bei der Gitarre zum Einsatz kommt, gewünscht hätten.

Was bleibt sind

7 (nostalgische) Punkte.

 

´Reignited´ wird am 25.9.2020 als Digipak und auf LP erscheinen.

http://torchrocknroll.com/thestory.html

https://www.facebook.com/torchrocknroll/

 

TORCH sind:

Dan Dark – Gesang
Chris J First -Gitarre
Håkky – Gitarre
Ian Greg – Bass
Steve Streaker – Schlagzeug


(VÖ: 25.09.2020)