MeilensteineVergessene Juwelen

NAKED SUN – Naked Sun

~ 1991 (Noise International) – Stil: Progressive Psychedelic Hard Rock ~


Es gibt Bands, die tauchen plötzlich irgendwoher auf und verschwinden genauso schnell wieder. So auch die bunte Truppe von NAKED SUN, die zumindest bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. NAKED SUN waren originell (es gibt wenige Bands, die sofort einmalig klingen) und ließen sich glücklicherweise in keine Schublade stecken, aber das war vielleicht auch ihr Problem.

Die New Yorker waren progressiv, ohne in die Progressive Rock-Schublade zu passen (dazu fehlte die Ernsthaftigkeit), schon gar keine Metaller und auch nicht gerade von kommerzieller Natur. Irgendwie künstlerisch ambitioniert, ohne sich in prätentiösem Art-Rock zu verlieren. Irgendwie trotzdem Art-Rock-mäßig wie die frühen ROXY MUSIC, aber viel härter und weit weniger elegant. Einfach eine schöne – manchmal auch abgründige – Sternschnuppe mit viel Substanz (ich weiß, das ist irgendwie ein Paradoxon).

Mit dem Opener ´The Moment (A Moment Later, C.M.F.)´ wird gleich schwer gebreakt und gemixt und einen Dreck um den Hörer geschert. Nicht nur der Titel ist sperrig, auch der Song. Songs wie ´A Song On Fire´ oder ´Psycho-Activate´ haben eine gewisse rockige Eingängigkeit, ersterer wurde deshalb auch von der Plattenfirma „Noise“ mit dem Bowie- Cover ´Andy Warhol´ als Single veröffentlicht. Aber auch bei ´A Song On Fire´ gibt es überraschende atonale Saxofoneinlagen vom exaltierten Sänger Max Vanderwolf (der ganz entfernt manchmal an einen schrägen Freddie Mercury erinnert) und Space Rock-Ingredienzien à la HAWKWIND. ´Psycho-Activate´ macht seinem Namen alle Ehre und hat zappaeske Sprengsel. ´Stillborn´ hat dagegen eine dunkle, depressive schizoide Tiefe. Beim abschließenden ´Next Stop, Chapel Perilous´ darf ausufernd und ausladend musiziert werden, ohne zu sehr auf Strukturen zu achten, und auch tief in Prog-Schubladen gestöbert werden. Dazwischen plätschert das eine oder andere auch mal vor sich hin, aber eher seltener.

Pluspunkte waren für mich der charismatische Gesang (mag aber vielleicht nicht jeder und wird bei einigen die Hörnerven strapazieren) und eine gewisse ironische Intellektualität (auch in den kurzen Intermezzi zwischendurch), die hier sehr passend war, aber bei einigen Hörern vielleicht die Ernsthaftigkeit vermissen ließ. Die Band stand hinter ihrer Musik, das war sehr deutlich und schielte nicht auf schnöde kommerzielle Erfolge. Eher was für Kunststudierende als für den durchschnittlichen „Noise“-Headbanger (hey, nicht beleidigt sein, ich bin auch ein durchschnittlicher „Noise“-Headbanger!). Nach dem nicht ganz so starken, aber mindestens genauso komplexen Nachfolger ´Wonderdrug´, der vor allem mit noch konfuseren zeilenlangen Songtiteln auffiel, und nur noch in Kanada veröffentlicht wurde, war die leuchtend bunte Sternschnuppe schon wieder verglüht. Schade eigentlich.