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CRO-MAGS – In The Beginning

~ 2020 (Mission Two Entertainment) – Stil: Crossover/Hardcore ~


Harley Flanagan. Hardcore-Hooligan. Larger than Life. Einzig verbliebenes Gründungsmitglied von 1981. Er ist nach Pöbel- und Schlägereien sowie langem Rechtsstreit mit dem Ex-Sänger Jon Joseph nun CRO-MAGS in Personalunion. Flanagan war und ist ohnehin, das muss gesagt sein, auch der Hauptsongwriter dieser New Yorker Hardcore-Institution. Einer, der auch immer ein Händchen für gute Gitarristen hatte. Das bleibt. Und so unterstützen ihn aktuell Gabby Abularach, der schon mal von 1991 bis 1995 dabei war sowie Ex-SUICIDAL TENDENCIES-Ikone Rocky George.

„Set the record straight“

CRO-MAGS. Mehr Claim als nur Name. Ein Logo, so markant wie das von SLAYER. Botschaft und Haltung zugleich. Allein der erbarmungslos grandiose CRO-MAGS-Klassiker ´The Age of Quarrel´ von 1986 sorgt für tiefe Verbeugungen: in der Hardcore- wie Metal-Szene. ´Best Wishes´ von 1989 nahm vieles vorweg, was Hardcore-Bands noch heute beschäftigt – und selten erreichen. Danach folgten weitere Ganztaten, leider zusehends begleitet und nicht selten überlagert von Streitereien zwischen Flanagan und Joseph. Seit 2019 liegen die Namens- und Nutzungsrechte nur noch bei Flanagan. Gegenüber Streetclip.de erklärte er kürzlich im Interview, dass er sich seine Krone wiedergeholt habe und einige Sachen nun endgültig richtiggestellt seien. Der Phönix sei wieder aus der Asche gestiegen. Damit kam auch seine Energie zurück. Flanagan startet also nochmal durch.

„Don’t give in“

Nach zwei Top-EPs seit der Reunion endlich wieder ein Longplayer. 20 Jahre nach ´Revenge´, das damals eher unterging. ´In The Beginning´ ist ein kalkuliert platzierter Schlag ins Gesicht. Voller Wut, aber auch Berechnung. Absolute Hingabe. Echte Gefühle. Sensible Seiten trotz Straßendreck. 13 Songs in knapp 40 Minuten: typische Klopper wie ´Drag You Under´, aber auch Experimentelles wie das Instrumental ´Between Wars´, was wiederum angenehm daran erinnert, dass das NY-Hardcore-Label den CRO-MAGS eigentlich nie vollends gerecht wurde. So präsentiert sich ´No Turning Back´ mit Alternative-Groove und Streichern und verdeutlicht, dass die CRO-MAGS im Grunde geliebt werden wollen – sich mit Charme und Härte um ihre Hörer bemühen.

Kurzum: Flanagan keift, singt, malträtiert in Lemmy-Manier seinen Bass, streichelt die vier Saiten aber auch gern. Er empfiehlt sich wieder für höhere Weihen. Zumindest ist ´In The Beginning´ ein weiterer Beleg, warum die CRO-MAGS weltweit geschätzt sind. Nicht nur von tätowierten Durchtrainierten, sondern Musikliebhabern generell.

(8 Punkte)


(VÖ: 19.06.2020)