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PARADISE LOST – Obsidian

~ 2020 (Nuclear Blast Records) – Stil: Gothic/Doom Metal ~


Die fünf Engländer kennt ihr. Ihr kennt auch ihre Glanztaten Beginn der 1990er. Vor ´Icon´ (1993) hat sich damals angeblich auch James Hetfield verneigt – obgleich immer klar war, wer hier wem nachgeeifert hat…

Nun, aktuell sind PARADISE LOST immer noch nicht auf Augenhöhe mit den Metal-Pionieren METALLICA, zumindest was Kontostände und Immobilieneigentum betrifft. Gut daran: Damit bleiben uns PARADISE LOST fern des Stardoms als easy Lads von nebenan erhalten – ohne Drittwohnsitze auf Südinseln, Modelgirlfriends und Rehab-Yellow Press. Immerhin haben PARADISE LOST in den 90ern im Zuge softerer Songs auch ordentlich mit MTV, Groupies und Geld hantiert – aber sie haben sich spätestens seit ´The Plague Within´ (2015) komplett vom Kommerz verabschiedet und sich wieder top in der Holzklasse eingerichtet.

Heuer ist die Härte zurück. Der Biss zählt wieder. Schon auf dem Vorgänger ´Medusa´ (2017) war Wumms! angesagt. Ganz so kaltblütig und vor allem doomig geht es auf ´Obsidian´ nicht zu. Nick Holmes singt wieder mehr, grunzt und grummelt weniger. Die Gitarrenarbeit findet über das gesamte Saiten-Spektrum statt, mit elegischen Melodienbögen teils wie auf ´Gothic´ (1991) und dem noch grandioseren ´Shades Of God´ (1992). Manche Altmeister verlieren nichts an Können und Charme – und PARADISE LOST bewahren dabei sogar ihre Selbstironie: „Es ist eines der vielseitigsten Alben, die wir je gemacht haben: Es gibt trübsinnige Songs, traurige Songs, langsame Songs und schnellere Songs. Hatte ich trübsinnig schon erwähnt?“, so Nick Holmes zu ´Obsidian´.

Der Opener ´Darker Thoughts´ zeigt direkt, wie sehr in Saft und Kraft die Engländer stehen. Muskulös. Mit Streichern. Aber ohne Kitsch. Auch weitere Songs wie ´Fall from Grace´ und ´Ending Days´ sind Musterbilder des Gothic’n’Doom. Die Gitarrenarbeit – und damit meine ich Riffs wie Leads – sind wieder auf bandtypischem Niveau. Durchdacht, dennoch nie komplex oder verkünstelt. Nicht nur James Hetfield – auch „Gottvater“ Tony Iommi dürfte diesmal anerkennend nicken.

(8 Punkte)

www.facebook.com/paradiselostofficial


(VÖ: 15.05.2020)