Lebensverlängernde WerkeMeilensteine

KING DIAMOND – The Eye

~ Von Mädchen, Hexen, Priestern und einem unheimlichen Amulett ~


So, liebe Freunde der gehobenen Unterhaltung. Folgendes Thema lastet schon ewige Zeiten wie ein Fluch auf meiner Seele:

Jedes Jahr zur Hexennacht, Walpurgisnacht, Beltane oder wie auch immer ihr es nennt, wird außer meinen Lieblingen WALPYRGUS natürlich mein absoluter Meister und wohl wichtigster Metaleinfluss meines gesamten Lebens akustisch zum Leben erweckt. Und zwar mit einem ganz besonderen Album. Band der Stunde sind KING DIAMOND bei mir JEDE Stunde und Meilensteine hat Kim Bendix Petersen mit seiner Schar an Mitstreitern über die Jahre ohne eine einzige Ausnahme kreiert. Also krame ich dieses verfluchte alte Amulett raus, blicke hindurch und begebe mich auf die Reise in die Vergangenheit…

 

 

Ich erinnere mich noch an den Titel des damaligen Interviews in irgendeinem Fachblatt: „Alles neu macht der Mai.“ Wie wahr…und seit dieser Zeit (und den ersten 20 Durchgängen des Albums) gibt es im Hause Lessmeister keine Frage, mit was der erste Mai musikalisch eingeläutet wird, nach dem erfolgreichen Zelebrieren der Walpurgisnacht, bevor das Wandern, Radfahren und Trinken seinen Lauf nimmt.

Unser KING und die Hexen – „a dangerous meeting“, wie man so im Volksmund sagt. Man denke nur an eines der bedeutendsten gesprochenen Intros aller Metalzeiten, als ´The Candle´ erleuchtet wurde und der Spirit von MERCYFUL FATE in eine neue Ära treten sollte. Dieser unheimliche Anfang ist für mich von der Atmosphäre her die vertonte Eingangssequenz des cineastischen Meisters aus Italien, Mario Bava und seines Klassikers „Die Stunde, wenn Dracula kommt“ (original: „La maschera del demonio“ / englisch: „The Mask Of Satan“ / „Black Sunday“ in den US von A):

7 years have gone, it can no longer be left undone
The candle must burn again
And pain must follow the unholy flame
So burn… burn… burn…
And free the spirit from its chain

Die wiederum cineastische Stimmung auf ´The Eye´ erzeugte der Meister selbst an den Keyboards zusammen mit Roberto Falcao. Mikkey Dee hatte seine persönlichen unheiligen Jahre, war exkommuniziert und durch Tausendsassa Snowy Shaw ersetzt worden, ansonsten hexten 1990 neben KINGs unersetzbarem Partner-In-Crime Andy La Roque – was bei MERCYFUL FATE eben Hank Shermann darstellt – ein letztes Mal Pete Blakk an der zweiten Axt und sein GEISHA-Kumpel und die spätere FORCE OF EVIL Hal Patino am Bass…was auch irgendwie in Bezug auf die anderen „Kräfte des Bösen“ – nämlich die Herren Denner und Shermann – irgendwie ein Fall von „Mercyful Fate“ war. Wenn das nicht alles höchst mysteriös ist…

 

 

Erneut war also die Zeit der Abrechnung gekommen, doch ging es nicht um die angeblich teuflische Seite der vielen ermordeten Kräuterfrauen (und irgendwann JEDEM, der den Oberen ein Dorn im Auge war), sondern mehr um das Böse selbst, das genau dort lauerte, wo man es am wenigsten wahrhaben wollte.

Der Beginn des Albums, mit seinen unheilvollen, doch wunderbaren, sakralen Orgelklängen, ist einfach überirdisch und zieht dich durch besagtes Amulett ein in die Welt des dunklen Mittelalters, zurück in die Zeit, zurück zu ´The Eye´ (Of The Witch) und bietet einfach alles, was uns der Meister verspricht und bisher jedesmal gehalten hat.

Das Urteil lässt nicht lange auf sich warten, denn ´The Trial (Chambre Ardente)´ findet riffstark direkt nach unserer Ankunft im düsteren Zeitalter statt und die perversen, als „Verhöre“ getarnten Spiele des Scharfrichters Nicolas de la Reymie (oder Reynie – ich halte mich mal an KING und an‘s Booklet) nehmen ihren Lauf…ganz in der grausamen Tradition eures Lieblingsinquisitors Bernard(o) Gui aus dem famosen Umberto Eco Roman „Der Name der Rose“, zu deren mächtiger Verfilmung sich mittlerweile eine sehr stark besetzt und produzierte Miniserie gesellt – für alle, die nicht genug Hass bekommen können.

We are the servants of god, we believe in the devil
And we’ve found his mark on you, confess witch

Thou shalt not suffer a witch to live
Who soever lieth with a beast shall surely be put the death

Tja, das war‘s dann sozusagen für die arme Jeanne Dibasson stellvertretend für viele arme Seelen, die im Namen Gottes und der Institution Kirche zum „Schutze der Gesellschaft“ in Einvernehmen der politischen Mächte ihre Leben verwirkten. Es geschahen die unmenschlichsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte und berufliche Massenmörder verrichteten mit Freude ihr schmutziges Handwerk mit einer Hingabe und Ideenreichtum bei Foltermethoden, die ihresgleichen suchten:

“Lead the witch to the dungeon for the test…
Bring out the glowing pins. Do it now!“

This is rotten to the core
Jeanne is naked on the floor
In the dungeon they want more

„Oh Jeanne, you feel so good“

Wie zuvor erwähnt, hatte unser Meister schon zuvor auf seinem ersten Werk unter seinem Trademark-Namen KING DIAMOND akustisch eine Hexenverbrennung entfacht, hier lässt er die Schergen gleich in einer erstklassigen Uptemponummer zur Tat schreiten: ´Burn´.

 

 

Looking at the sky, soon the girl will die
Nobody will cry, hear her screaming „why?“
The priests are all in line, now they give the sign
Let the fire shine

Burn in the night, you’re the devil’s child

Mit Glockenspiel, bedeutungsschwangeren Keyboards und gänsehautverursachenden Stimmen versteht es KING auf unnachahmliche Weise, Atmosphäre zu erzeugen, wenn Jahre später die unschuldigen ´Two Little Girls´ auf dem grausamen Boden der Geschichte spielen, nicht wissend, welche Greuel hier auf dieser Erde geschehen sind und dabei das magische Medaillon „The Eye Of The Witch“ fanden (das der Einen von ihnen später glücklicherweise abluchsen konnte):

I wish they could have seen beyond the ground they played on
They would be laughing still, having the best of fun
They would be far away watching the sun go down

 

 

Weiter geht’s ´Into The Convent´ – ein weiterer Hit aus Andy und Snowys Feder, Metal at it’s Best als Soundtrack zu den lüsternen Spielchen der scheinheiligen Klostergemeinschaft, die eines der Mädchen – Madeleine Bavent, die im „Eye“ Jeannes Schicksal gesehen hat – voller Verzweiflung aufsuchte und im wahrsten Sinne des Wortes vom Father Pierre David „eingeführt“ wird:

„Welcome sister, I’m your chaplain
Down on your knees and pray if you please
In this convent I’m your master
Kiss my cross now dearest sister
In the name of…“

Madeleine is running away from herself
As father David said: „at communion you must be undressed“
Why did she go

Glücklicherweise macht’s der olle Lustmolch jedoch nicht mehr lange, aber wie wir wissen, kommt selten was Besseres nach. Nicht unser allseits beliebter Föderations-Captain, nein, ein anderer fehlgeleiteter, kranker Geist namens ´Father Picard´ kümmert sich ab jetzt liebe(st)voll um die geweihten, handgepflückten Seelen – zum Klang einer echten Hymne:

„I’m Father Picard, I’m taking over
Things will be different here
You are the four god has chosen
To be his angels in white
Drink my sweet holy wine“
….
The nuns freak out, lust in their eyes
From now on every sunday this time
Father Picard’s in control of their minds

Father Picard is hiding something
A white powder in the wine

 

 

Ein paar zermahlene Pilze von Kaia machen natürlich extragfügig, so geschehen ´Behind These Walls´ merkwürdige Dinge, über die sich unsere Madeleine ihren hübschen Kopf zerbricht…nicht ahnend, dass sie nur 22 Jahre alt werden würde…bekifft wie Atze:

All the birds are singing, but Madeleine can’t hear their song
Memories of screams in the night
Moaning coming from below where the prison cells are cold
She does not understand what’s going on

Now the bell is ringing, communion time has come again
Is Father Picard really a friend?
The Bible in her hand reminds her of the wine
The sour tasting blood of Christ
What’s going on? What’s going on behind these walls…

Doch bald, bald schon wird sich unserer tragischen Heldin die grausame Wahrheit durch einen Schleier erschließen – wurde doch auch sie erwählt in den Kreis der Verschwörer als eine der vier Zeremonienmeisterinnen, die sich mit dem Klostervater und zwei seiner Priester um unerwünschte Kinder und ihre (nicht-) Zukunft kümmern:

The strangers brought
The sweetest little child, but something’s wrong
The baby cries, someone here will die
And now the nuns pray

The meetings held in secrecy
Evil company full of secrecy, again and again

Madeleine and the other nuns
They hold the infant up to the cross
As father Picard and the priests
Approach with hammers and nails
There’s no more to tell

 

 

Wunderschön, wie ein Licht in der Dunkelheit ergreift Madeleine die ´Insanity´ kontroverserweise auf die friedvollste Art, die Andy La Rocque fantastisch instrumentiert auf seiner akustischen Gitarre zaubern kann. Balsam für Herz und Seele…bevor das unausweichliche, finale Kapitel bevorsteht, welches das Ende des wahnsinnigen Picards und seiner Anhängerschaft aus Opfern sieht:

In the year of 1642, it came to an end
In 1642, imprisonment

Sacrifice, holy rites, secrecy and alter wine
The nuns can’t take the blame
One after one they suffer a breakdown
Confession, confession, they confess to diabolic possession
Oh it’s shame, even Madeleine has gone insane

In the year of 1642, Madeline was leaving hell
In 1642, she found freedom in her prison cell

Doch KING DIAMOND wäre nicht er selbst, wenn damit der Schrecken ein Ende gefunden hätte. Denn wenn es denn wirklich einen Teufel gibt – egal, ob er sich unter dem Schutz des Kreuzes versteckt – dann gibt es auch ´The Curse´ und die Macht des Übersinnlichen, der geneigten Personen ermöglicht, diese dunklen Kapitel der Geschichte wieder und immer wieder zu erleben…zum Beispiel heute, wenn auch ich erneut ´The Eye´ benutze:

It was only the 1st of May, thunder rolling by, breaking up the sky
And the rain was pouring down
The inquisition came, I felt the pain
I had to relieve it all in just one day

The curse of „The Eye“, it will take you back in time
If you look at „The Eye“, it will take you back in time

The power I get from the chain is mine
Only I can use it

 

 

Auf die musikalische Seite näher einzugehen, wäre wie dem Gläubigen den Stellenwert der Bibel erklären zu wollen, also lasst einfach die Musik sprechen, wenn ihr – so schnell wie möglich – euren ersten Mai zu etwas Besonderem, Unvergesslichem machen wollt.

Alles nur ein Ammenmärchen oder Aberglaube?

Dann traut euch doch und schaut hinein, in „The Eye Of The Witch“…

HAHAHAHAHAHAHAHA!

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