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DEADRISEN – Deadrisen

~ 2020 (AFM Records) – Stil: Progressive Power Metal ~


Es hätte so ein friedlicher Sonntag werden können. Wenn nur Olaf von RA’S DAWN sich nicht gemeldet hätte, um von dieser Band zu schwärmen. Da er gewöhnlich keinen Aufstand um was Neues macht, musste ich seinem Call umgehend folgen. Und wer mit dem Schaffenswerk von RA’S DAWN vertraut ist, weiß, dass dieser Mann Ahnung von guter Musik hat.

Fortan war dieser Tag gelaufen. Wenigstens konnte ich mit meiner Holden noch ein „Waldbad“ genießen, wie der moderne Mensch heutzutage sagt. Doch der Weg dahin war bestimmt von ehrfurchtsvoller, fast teenagerhafter Bewunderung und lautem Car-Audio-Worshipping von DEADRISEN, das Wandern konnte die sich kreisenden Gedanken nicht abschalten, es gab kein Entrinnen von DEADRISEN, keinen Ausweg, keine andere Möglichkeit, als nach der darauf folgenden, ungeplanten Dauerrotation ALLES stehen und liegen zu lassen, meine Frau alleine ins sonntägliche Liebesnest zu schicken, meine Kollegen zu vernachlässigen, die Welt und ihre Sorgen um mich herum zu vergessen und in die Tastatur zu hauen, auf dass diese harte Erfahrung außer mir nicht zu viele von Euch machen müssen. Die Erfahrung, am Freitag, den dreizehnten März 2020 nicht mitbekommen zu haben, dass klammheimlich, still und leise ein langgehegter Metaltraum in Erfüllung gegangen ist.

In diesem Traum wurde VICIOUS RUMORS zufolge nach Beendigung der Aufnahmen zu LIZZY BORDENs ´Visual Lies´ einem ´Digital Dictator´ die DNA dieser metallischen Ära zugespielt, die dieser für einen fernen Tag einfror, um in schwierigen Zeiten, wenn jeder Angst vor dem LEATHERWOLF hat, eine neues Zeitalter der CRIMSON GLORY auszurufen. Wie schön, dass manche Träume wahr werden und dieser Tag heute gekommen ist.

Für eine weitere Supergroup brauche ich in diesem Fall nur zwei Leute: Mike LePond am Bass (eine kleine Nachtmusik von persönlicher Auswahl einer platzsprengenden Liste: AFFECTOR, DISTANT THUNDER, ETERNITY’S END, HOLY FORCE, LALU, ROSS THE BOSS, SYMPHONY X) und am Mikro einen sympathischen Bartträger, der einen jeden von uns bereits live umgehauen und HEIR APPARENT wieder zurück auf’s Spielbrett – und zwar in die vorderste Reihe – gebracht hat: Will Shaw.

Diese beiden Schwergewichte (war nicht persönlich gemeint, Will) werden komplettiert durch Rod Rivera und Dan Prestup (Gitarre und Schlagzeug bei RIVERA/BOMMA, bei denen Mike ebenfalls mitmischt und umgekehrt Rod auf ´Pawn And Prophecy´ bei dessen SILENT ASSASSINS) und Tony Stahl (Keyboards, LIVESAY), der für die einzigartig-eigenständige Portion Prog und Glamour in diesen kraftvollen Stücken sorgt.

Wer jetzt nicht schon heiß wie ein Vulkan ist, braucht den Samba gar nicht weiterzutanzen, ääh – zu lesen. Braucht eigentlich keiner, denn diejenigen, welche die Tragweite meiner unnützen Worte im Ansatz erkennen, versuchen im Moment schon verzweifelt, schnellstmöglich an den heiligen Gral, an die Brust voll Muttermilch, an die eine Tafel Schokolade von Willy Wonkas Fabrik mit der goldenen Eintrittskarte zur US-metallischen Glückseligkeit zu kommen.

Wer nun noch da ist, für den kurz die Fakten: Fetteste Powerattacken mit vereinzelt thrashigen Ausbrüchen, Flitzefingervirtuositäten, Twingitarren, abartige Soli, brillante Bassläufe, absolutes Powerdrumming, Keyboards, die exakt das vertonen, was die Musik weiter aufwertet, auf den Punkt gesetzte, intelligente Breaks, die den Gesamtflow zu keiner Zeit unterbrechen, superbes Songwriting mit Dramatik wo sie hingehört, schöne statt show-off-gefrickelte Progparts, Al DiMeola Flamenco-Gedenkeinsprengsel, DEEP PURPLE/URIAH HEEP-Gedenkorgel, starken Chören und das alles gekrönt von einem der derzeit bestem Metalsänger mit der außergewöhnlichst vokalen Extravanganza seit dem seligen Midnight (R.I.P. my Eternal Idol) – kurzum:

Das ist alles, was melodischen US Power Metal ohne jegliche europäische Beteiligung (außer der Orgel) (daher hat der Verfasser auch bereits US vor das Genre Power Metal gesetzt – Anm. d. Red.) jemals ausgemacht hat und was auf den Tanzkarten eines jeden von uns Freaks mit einem dicken Eddingstift markiert ist.

Das METALLICA-Cover mit Keyboard wird dem ein oder anderen natürlich aufstoßen, aber nun endgültig die Progfraktion – ´For Whom The Bell Tolls´ – als lauschende Glückspuppen an die Strippen des Masters knüpfen. Dass Elektronik den Song nicht zwangsweise versaut, hatten DIE KRUPPS bereits 1992 eindrucksvoll gezeigt, wenn ich auch damals noch nicht bereits dafür war. DEADRISEN bieten die vielleicht beste Versionen dieses Songs nicht nur wegen des leicht fiesen, genialen Gesangs von Will Shaw.

Von mir gibt’s dafür die Höchstwertung, was auch immer das ist, ich habe es vergessen und muss jetzt auch flinken Fußes den Rechner ausmachen – DEADRISEN läuft gerade das siebte Mal an einem Tag und ich will das jetzt einmal in Ruhe genießen, während ich nun einfach hier im Hungerstreik sitzen bleibe, bis die direkt bestellte CD eintrifft. See you!

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