PlattenkritikenPressfrisch

STREET KOMPASS Januar 2020

Hallo Ihr Lieben,

ein Blick in den Kalender, ja, der Januar ist schon vorbei und wir sind etwas spät dran. Immerhin hat er uns einige Höhepunkte beschert und manches Diskussionswürdige. Von einigen Helden mussten wir uns auch leider schon verabschieden. Ob neue Helden folgen, sei erst einmal dahingestellt.

Und wir wurden überflutet mit jeder Menge Tonträger. Ich weiß nicht, ob es mehr sind als früher. Zumindest aber kauft man mehr. Zumindest mir geht das so. Ich erinnere mich an Zeiten, da hat an sich mit seinen Kumpels abgesprochen. Wer kauft was? Und dann traf man sich, hörte Musik und kopierte sich gegenseitig auf Kassette. Damals gehörten in meinem Auto ein Bleistift, Schere und Tesafilm zur Grundausstattung.

Und heute? Die Fans, die noch wie früher physische Tonträger kaufen, werden weniger. Da geht es nach dem Motto: Alle kaufen alles. Tatsächlich stellt sich mir schon hin und wieder die Frage, ob ich auch wirklich alles haben muss? Ja, muss ich. Trotz Platzproblem.

Zudem glaube ich, wir haben Musik früher anders, bewusster, genossen. Das kann an anderer Stelle gerne mal diskutiert werden. Denn hier geht es zuerst einmal um weitere Neuerscheinungen des Monats.

Euer Mario

Doch zuerst hier der Verweis auf die

 

 

M o n a t s h e r r l i c h k e i t 

´The God-Shaped Void´ von PSYCHOTIC WALTZ

 

 


Q u i c k – R e v i e w s


BREAKING BENJAMIN – Aurora
2020 (Hollywood Records) – Stil: Modern Metal

BREAKING BENJAMIN sind das richtige Futter für die Laut-Leise-Fraktion des Modern Metal. Seit sechs Jahren führt das verbliebene Ur-Mitglied Benjamin Burnley nun die Geschicke der US-Stars. Im aktuellen Line-up sah sich das Quintett derzeit genötigt, eine quasi Best-of zu veröffentlichen.

Bei ´Aurora´ handelt es sich aber um neuarrangierte, neu aufgenommene Lieder von BREAKING BENJAMIN im vielmehr akustischen Gewand. Folglich bekommt die Anhängerschaft alte Hits in neuer Aufmachung plus einen brandneuen Song namens ´Far Away´, bei dem Scooter Ward (COLD) zu Gast ist, zu hören.

Dies ist auch eine Spezialität von ´Aurora´, BREAKING BENJAMIN haben obendrein Lacey Sturm (ex-FLYLEAF), Michael Barnes (RED), Adam Gontier (SAINT ASONIA) und Spencer Chamberlain (UNDEROATH) zum Mitmachen begeistern können. Folglich greifen die Die-Hard BENJAMINis zu.

(Michael Haifl)


BIFF BYFORD – School Of Hard Knocks
2020 (Silver Linings Music) – Stil: Heavy Metal

SAXONs Fronter BIFF BYFORD konnte auch nicht der Versuchung widerstehen, ein Soloalbum aufzunehmen. Was also unterscheidet sein Soloalbum von SAXON-Alben?

In erster Linie werden SAXON Alben über Biffs Gesang geprägt, das ist auf seinem Soloalbum ebenso. `School Of Hard Knocks` unterscheidet sich nicht wirklich von einem SAXON-Album. Die Gitarren sind hier und da etwas rockiger und weniger purer, harter Metal, zu dem sich SAXON die letzten Jahre wieder hingezogen fühlen. Auf diesem Album verbinden sich rockige Elemente früherer SAXON-Tage mit ganz klassischen Metalkompositionen.

Wenn man das Album als SAXON-Album veröffentlicht hätte, wäre das niemandem wirklich aufgefallen. Als Totalausfall muss man allerdings die Coverversion von `Scarborough Fair` (SIMON & GARFUNKEL) sehen. Das kann er nicht singen. Klingt einfach schrecklich. Ein paar Nummer sind ziemlich gut. Allen voran `The Pit And The Pendulum`, `Pedal To The Metal`, ´Hearts Of Steel`, aber es ist halt wie SAXON. Ein Album, das die Welt nicht wirklich gebraucht hat, unter den Solo-Aspekten eines Herr BYFORD. Auch wenn die Qualität ok ist.

(7 Punkte – Jürgen Tschamler)


THE CONTORTIONIST – Our Bones (EP)
2019 (eONE – SPV) – Stil: Tech Metal

Nach der gewöhnlichen Zeitspanne, in der THE CONTORTIONIST immer ihre Scheibchen seit 2008 veröffentlichen, war es 2019 Zeit, ein weiteres Werk unters Volk zu tragen. Eine EP muss daher den Namen in der Öffentlichkeit präsent halten. Mit vier Songs, davon mit ´1979´ eine Coverversion der SMASHING PUMPKINS, sind sie also wieder im Geschäft.

Dem frühen Death Metal-Stil technischer Ausführung pflegten sie bereits 2017 auf ´Clairvoyant´ nicht mehr. Diesmal schielen sie mit dem kleinen, ruhigen ´All Grey´ sowie ´1979´ noch mehr in Richtung Mainstream, allein die beiden Songs – ´Follow´ und ´Early Grave´ – gehen mehr in die derbe Richtung. So sehen THE CONTORTIONIST also ihren Prog Metal im Jahre 2019.

Insgesamt kann ´Our Bones´ kein aussagekräftiges Urteil liefern, in welche Richtung sich THE CONTORTIONIST zukünftig bewegen wollen.

(Michael Haifl)


DAWN OF SOLACE – Waves
2020 (Noble Demon) – Melodic Doom

Dunkelschön, diese Wellen, die deinen Körper nicht allzu düster-doomig umhüllen. Wer sich bei melodischen ANATHEMA, den IDLE HANDS oder KATATONIA wohlfühlt, sollte einen Gang runterschalten, den Alltag vergessen und sich dem DAWN OF SOLACE widmen, denn was WOLFHEART- & BEFORE THE DAWN-Chef Tuomas Saukkonen hier auf Tonträger gebannt hat, ist schlichtweg dunkler Honig für verzweifelte Ohren. Herrliche Gesangslinien und Leads bei getragenen Rhythmen und vereinzelten Pianoklängen lassen den Hörer abtauchen im Sonnenuntergang der Einsamkeit, der zeitweise die Überlegung zulässt, wie THE CURE in ihren düsteren Zeiten als Metalcombo hätten klingen können.

Anspieltipps: das treibende ´Lead Wings´, ´Hiding´, die Hymne ´Choice´ und der gefühlvolle Rausschmeisser ´Ghost´

(7,5 Punkte – Less Lessmeister)


DEPRESSED – Beyond The Putrid Fiction
2019 (Black Lion Records) – Stil: Death Metal

Zwar schon gut zwei Monate auf dem Buckel, möchten wir euch dieses Werk feinsten Old-School-Death Metal á la CANNIBAL CORPSE, MALEVOLENT CREATION und Konsorten natürlich nicht vorenthalten.

Vielleicht zwar nicht unbedingt ganz so technisch und verspielt wie genannte Bands, geht es auf `Beyond The Putrid Fiction` eher etwas straighter und direkter voll auf die Zwölf und dies selbstredend und überwiegend in höllischer und wahnwitziger Geschwindigkeit. Ganz im Stile der guten alten Florida-Schule (oder ihren Landsleuten von KRISIUN), böllert das aus Brasilien stammende Quintett auf seinem bislang zweiten Longplayer ohne Rücksicht auf Verluste elf Nackenbrecher (plus Intro) ins Todesblei-Universum, die in Sachen Brutalität und Härte keinerlei Kompromisse kennen oder Vergleiche zu artverwandten Bands nicht zu scheuen brauchen.

Okay, wenn auch nicht sonderlich originell, ist `Beyond The Putrid Fiction` dennoch ein richtiges Festmahl für alle Death Metal-Anhänger geworden und so ist es eine echte Wohltat, sich von DEPRESSED die Rübe abschrauben zu lassen. Geil!!!

(7,5 Punkte – Armin Schäfer)


CARL DIXON – Unbroken
2019 (AOR Heaven) – Stil: Melodic Rock

CARL DIXON, bekannt als Fronter der kanadischen CONEY HATCH, liefert ein weiteres Soloalbum ab. Sein siebtes in seiner langen Karriere.

DIXON hat eine starke Stimme mit hohem Wiedererkennungswert und setzt diese auf seinem neuen Album perfekt ein. Das Album bietet supersoliden Melodic Metal mit, natürlich einem großen CONEY HATCH Einfluss. Was ja sozusagen selbstredend ist. Die Stücke sind perfekt arrangiert, leben von toller Gitarrenarbeit und diesem harmonischen Gesang. Einzig, man hätte zwei/drei wuchtigere Stücke mit aufnehmen sollen. So in der Art wie `Drive Just Drive`, das aus meiner Sicht den Übertrack des Albums darstellt, dicht gefolgt von `Nothing Last Forever`. Aber auch das teilweise an JOURNEY erinnernde `Roll The Dice` gefällt umgehend.

Das Material ist catchy, sehr unterhaltsam, hat diesen ursprünglichen AOR-Flair der Achtziger ohne wirklich altbacken oder zu Retro zu klingen. Zeitloser AOR-Sound eben. DIXON wird mit diesem Album leider keine neuen Fans generieren, aber die, die auf den Kanadier stehen, werden dieses Album lieben.

(7,5 Punkte – Jürgen Tschamler)


DUBIOZA KOLEKTIV – #fakenews
2020 (Koolarrow Records) – Stil: Dub

Lust, das Tanzbein zu schwingen? Kein Problem! DUBIOZA KOLEKTIV, 2003 irgendwo in einem vergessenen Land auf dem Balkan, in Bosnien-Hezegowina, gegründet sind bereit, Dir so richtig auf die Sprünge zu helfen.

Die Stilbeschreibung Dub ist nur die halbe Wahrheit. In ´#fakenews´ findest Du Reggae, Punk, Rock, Ska, Hip-Hop, Electronica, Balkan-Beats… Und jede Menge Tanzlust. Hier kannst Du erleben, dass Engagement und politische Meinung und Spaß sich nicht ausschließen. Die neun Songs werden zum Teil von Gästen veredelt, der prominenteste sicher MANU CHAO. Das mit ihm eingespielte ´Cross The Line´ ist auch die erste Single. Und nicht der letzte Höhepunkt.  Und kostenlosen Französischunterricht kannst Du auch noch nehmen.

„Bonjour, merci, merde, c’est la vie, santé, s’il vous-plait, parlez-vous francais?“ Dann noch  Lovesong, Marine Le Pen und einen Molotow-Cocktail in einen Satz zu bekommen, ist schon große Kunst. Und nein, es ist kein Aufruf zu Gewalt. Dank ´Hoy Marijuana´ sind ja alle entspannt. So tanzen wir die Revolution herbei.

(8 nofakepoints – Mario Wolski)


LEE EVANS – Mississippi Flood
2019 (M & O Music) – Stil: Rock

Schade, dass diese kleine Stippvisite nur 16 Minuten dauert, so lange dreht sich das Scheibchen ´Mississippi Flood´ des jungen Komponisten Lee Evans.

Der Multi-Instrumentalist spielt und komponiert natürlich alles höchstpersönlich. Auf dieser EP sind sechs Songs von ihm gelandet, schöner Vintage Rock, mit Stoner-Anleihen.

Der 24-jährige Solo-Künstler hat dieses zweite Werk in den „Flat Black Studios“ in Iowa sowie in Seattle, in den „Litho Studios“ aufgenommen, den Gesang dagegen in einer kleinen Hütte nahe der kanadischen Grenze.

Als Einflüsse gibt er LED ZEPPELIN und BLACK SABBATH, aber auch BEATLES, FOO FIGHTERS und JOHNNY CASH an. Hier klingt nichts aufgesetzt, alles leicht und locker eingespielt.

Da kommt noch mehr …

(Michael Haifl)


FOREIGNER – Double Vision: Then And Now
2019 (earMUSIC) Stil: Hardrock

Clash of the Titans: Bei der Jubiläumsshow zu ´Double Vision´ vereinten sich am 6. und 7. Oktober 2017 „FOREIGNER Then“ und „FOREIGNER Now“ im Soaring Eagle Casino & Resort in Mount Pleasant, Michigan. Gründungsmitglied/Gitarrist Mick Jones brachte zum 40-jährigen des Albums seine einstige Besetzung – mit Lou Gramm, Al Greenwood, Dennis Elliott, Ian McDonald und Rick Wills – auf einer Bühne mit der aktuellen Besetzung von FOREIGNER – mit Kelly Hansen, Tom Gimbel, Jeff Pilson, Michael Bluestein, Bruce Watson und Chris Frazier – zusammen.

In Ton und Bild festgehalten, aus über 24 Kamerapositionen in 4K Ultra HD, ist die Veröffentlichung als CD/DVD-Package ein schönes Vermächtnis einer Legende. Am sinnvollsten ist ohnehin der Genuss der DVD.

Dass bei dem Konzert von ´Double Vision´ nur drei Songs zum Zuge kommen, eröffnet zumindest weiteren vielen Bandklassikern die Möglichkeit zur Präsentation. Von ´Cold As Ice´, über ´Head Games´, ´Headknocker´ bis ´Starrider´ und ´Juke Box Hero´ zelebrieren die aktuellen FOREIGNER, ehe die alten Recken zu ´Feels Like The First Time´ auf die Bühne kommen. ´I Want To Know What Love Is´ präsentiert man gemeinsam.

Diese Show werde ich nie vergessen! Die Bühne zu teilen mit den Jungs, die FOREIGNER am Anfang geformt haben, und den großartigen Musikern, die heute FOREIGNER weitertragen, war ein wahrhaft emotionaler Moment.“ – schwärmt Mick Jones noch heute.

(Michael Haifl)


FREAKS AND CLOWNS – Freaks And Clowns
2019 (Metalville) Stil: Heavy Metal

FREAKS AND CLOWNS sind keine Unbekannten und bemalen sich auch nicht ihr Gesicht clownesk bis zur Unkenntlichkeit. FREAKS AND CLOWNS sind Schweden.

Man nehme die halbe Mannschaft der ASTRAL DOORS, in Form von Bandgründer Johan Lindstedt (Drums), Mats Gesar (Gitarre) und Ulf Lagerström (Bass), schlage ebenso die Richtung des Siebzigerjahre Hardrock und Achtzigerjahre Heavy Metal ein, verpacke ihn in eine moderne Produktion, tragen ihn kraftvoller vor und stelle der Band einen kleinen Bösewicht vor. FREAKS AND CLOWNS waren geboren.

Die Rolle des Sängers fiel Chrille Wahlgren zu, der natürlich nicht in die Fußstapfen von Ronnie James Dio wie ASTRAL DOORS-Sänger Nils Patrik Johansson treten will, sondern vielmehr den Bösewicht in der Nachfolge zu JUDAS PRIEST und METAL CHURCH antritt.

Auch wenn sich die Geschwindigkeit der Kompositionen oft eine Stufe höher als im gewöhnlichen Midtempo auspendelt, fehlt über die volle Distanz der Varianten- und Ideenreichtum.

(6,5 Punkte – Michael Haifl)


HUMAN FORTRESS – Reign Of Gold
2019 (AFM Records) – Stil: Melodic Powermetal

Hail to real Powermetal! Von der ersten Minute an bin ich am Faustrecken, war doch die Vorfreude schon sehr groß auf den neuen Output meiner einstigen Lieblinge HUMAN FORTRESS, die mit ´Defenders Of The Crown´ für mich persönlich einen Metal-Meilenstein in mein Hirn zementiert hatten. Leider verlor ich die Band aufgrund stilistischer Veränderungen aus den Augen, doch schon die ersten Höreindrücke von ´Reign Of Gold´ können wieder begeistern. Allen voran der Brasilianer Gus Monsanto, der mit seiner fantastischen Stimme perfekt zu den epischen Songs passt. Dazu entsprechend ansprechende galoppelnde und doublebassige Rhythmen vor Powergitarren und bandtypischen Heldenkeys.

Es ist songschreiberisch nicht alles mein persönliches Gold, was glänzt, doch man spürt den unverminderten Spirit des verbliebenen bzw. wiedervereinten Ur-Trios Volker Trost, Torsten „Todd“ Wolf (beide Gitarre) und Drummer Apostolos „Laki“ Zaios. Somit sollte ich HUMAN FORTRESS keinen Strick daraus drehen, dass sie 2003 bereits mein Überalbum geschrieben haben. In der ersten Liga der deutschen melodic Powermetalszene rangieren die Hannoveraner mit ihrem aktuellen Werk ohne wenn und aber.

(8 vergoldete Punkte – Less Lessmeister)


IRONFLAME – Blood Red Victory
2020 (Divebomb Records) – Stil: Heavy Metal

Viel- und Überall-Musiker Andrew D´Cagna hat sich wohl übernommen. Vielleicht auch kein Wunder bei seinen vielen Projekten von BRIMSTONE COVEN bis ICARUS WITCH.

Ich habe mich mächtig gefreut auf neuen Stoff aus dem Hause IRONFLAME. Ihre ersten beiden Alben liegen gern auf meinem Plattenteller, der Liveauftritt im 7er Club im letzten Sommer hat endgültig überzeugt. Und nun? Vorfreude fast dahin. Schon der Sound von ´Blood Red Victory´ ist ziemlich abtörnend. Oder liegt das nur an der Qualität des Downloads? Und die Songs bewegen sich auch eher in der Mittelklasse.

Und jetzt gehe ich ´Tales Of Splendor And Sorrow´ auflegen. Das kann mir möglicherweise über die Enttäuschung hinweghelfen.

(6,5 Punkte – Mario Wolski)


IRONSWORD – Servants Of Steel
2020 (Alma Mater Records) – Stil: Heavy Metal

Trotz 25jähriger Geschichte sind mir die Portugiesen bisher noch nicht untergekommen. Muss ich das bedauern? Sie verorten sich im traditionellen Metal, eine Genre, das aktuell sehr viele sehr gute Releases hervorbringt. Dazu braucht es schmissiges Riffing, mitreißenden Gesang und fesselndes Songwriting.

Das Intro´Hyborian Scrolls´, das das Gefühl des alten Italo-Western weckt, lässt hoffen. Doch die Hoffnung geht ins Leere, Riffs, Gesang, Songs – alles kommt meist nicht über Mittelmaß hinaus. Einzig ´Sons Of Crom´ hat mich aufhorchen lassen. Da hilft auch Gast Brian von MANILLA ROAD nicht weiter.

So hält sich das Bedauern in Grenzen, IRONSWORD noch nicht zu kennen. Und man kann sich auf die Sachen konzentrieren, die gelungen sind.

(6 Punkte – Mario Wolski)


KNIGHTMARE – Space Nights
2019 (Rafchild Records) – Classic Heavy Rock / Metal

Wie auch ihre Kollegen MEGA COLOSSUS, bei denen Sänger und Bassist Anthony Micale ebenfalls die Saiten bedient, kommen KNIGHTMARE aus dem wunderbaren Raleigh, North Carolina – und nehmen uns mit auf einen klassischen Trip in ihrer Zeitkapsel, deren Hauptantriebsaggregate melodische Twin-Gitarren sind.

Lecker, lecker – nicht nur der Geist von THIN LIZZY fliegt mit an der Seite der spacigen Albtraumritter, nein, auch ein historisches Stück NWoBHM als auch US-Metal in einer locker-flockigen Weise, wie sie uns der TWISTED TOWER DIRE-Ableger WALPYRGUS etwas metallischer präsentierte. Backgroundgesang, dezent eingesetzte Screams, doppelläufige Klampfen und feine Soli befeuern die Triebwerke, was speziell bei den flotten ´Khazad-Doom´, ´Flame Of The West´ und dem Titeltrack eine Power entwickelt, die der eines NIGHT DEMON in nichts nachsteht. Ein herrlich altmodischer Sound passt dazu wie die Faust aufs Auge. ´Witchburn´ ist ein gottverdammter Überhit mit Klassikerpotential, der nicht nur wegen dem gigantischem Finale an Parramore McCarty und WARRIOR zu ´Fighting For The Earth´ – Zeiten erinnert. KAUFEN!

(8,5 Punkte – Less Lessmeister)


NORTHWIND WOLVES – Mountains And Darkness
2019 (Black Lion Records) – Stil: Black Metal

Black Metal aus dem sonnigen, eher kuschelig warmen Kalifornien und dann noch unter dem Banner NORTHWIND WOLVES – kann das gutgehen? Ja verdammt, und das sogar ganz ohne Kriegsbemalung. Glücklicherweise setzt das Quartett aus Los Angeles nur dezent und wohl dosiert auf symphonische Elemente, um der nötigen Stimmung und Atmosphäre ihrer Kompositionen mehr Nachdruck und Tiefe zu verleihen, prügelt indes vielmehr mit einem gelungenen Bastard aus Death- und Black Metal im Fahrwasser von gleichgearteten Bands der Marke DISSECTION und Co. gnadenlos drauflos.

NORTHWIND WOLVES servieren auf `Mountains And Darkness` insgesamt zehn Mal feinste nordische Hausmannskost, die vor allen Dingen durch die präzise und messerscharfe Gitarrenarbeit besonders lecker mundet. Garniert wird das Menü mit diabolisch bitterbösem Gekeife, und so wird hier wirklich jeder Black Metal-Feinschmecker rundum satt – höllisch gut, das Ganze!!!

(7,5 Punkte – Armin Schäfer)


POP. 1280 – Way Station
2019 (Weyrd Son Records) – Stil: Industrial Punk

POP. 1820 – den Namen einem Jim Thompson Roman entliehen – bringen ihr viertes Album ´Way Station´ heraus und werfen den Zuhörer zurück in die Achtziger.

Gitarren, Synthesizer, alles tönt nach dem goldenen Jahrzehnt, Sampler, Drum Machines, akustische Gitarren, Piano finden hier zusammen. Die Kompositionen besitzen Vibes des Gothic, des Blues, bleiben aber der derbe Industrial, weder avantgardistisch wie in den späten Siebzigerjahren noch im modenen Zeitalter angekommen.

Vieles sammelt sich im Sound von POP. 1280, doch der 80s und 90s Industrial sowie EBM sind unbedingt enthalten

(7 Punkte – Michael Haifl)


LINDSAY SCHOOLCRAFT – Martyr
2019 (Eigenproduktion) – Stil: Female Fronted Gothic Metal

Die Keyboarderin und Sängerin von CRADLE OF FILTH verlässt ihre düstere Komfortzone, um ihren eigenen künstlerischen Kosmos zu erkunden. Dabei wird sie songschreiberisch von EVANESCENCE-Drummer Rocky Gray unterstützt, was auch den eingeschlagenen Weg ziemlich genau aufzeichnet.

Nun sollte man auf keinen Fall sofort abwinken, denn wer sich in dieser Liga behaupten kann, verdient Gehör und die richtig tiefgehenden Acts sind sehr rar gesät. ´Martyr´ ist uneingeschränkt jedem zu empfehlen, dem die meisten Bewerber dieser Sparte zu Schlager-esk ans Werk gehen.

Den Songs liegt durchgehend eine wunderschöne Grundtraurigkeit zugrunde, das Piano als auch die teilweise üppige Orchestrierung unterstreichen diese sehr gefühlvoll.

Anspieltipps: der cineastische Sirenengesang ´Dawn´ , das sentimentale ´Remember´ mit Harfe, der eruptive Metaller ´See The Light´ inklusive Growler-Duett und das episch-atmosphärische ´Lullably´

(7 Punkte – Less Lessmeister)


STEFANIE SCHRANK – Unter der Haut eine überhitzte Fabrik
2019 (Staatsakt/Bertus/Zebralution) – Stil: Avantgarde Elektropop

Auch wir haben sie, diese modernen Wunderkinder, die Underground Pop – aus dem damals die sogenannte Neue Deutsche Welle entstand – neu definieren. Gerade wir, die wir besonders in Düsseldorf damals den Grundstein für elektronische Musik gelegt haben. Und Stefanie macht sich abseits ihrer eigenen, zeitgenössischen Kompositionen ebendiese Vergangenheit zu Nutze, wie Reminiszenzen an den Dinger’schen Motorik Beat in ´Fabrik´  und ´Möbiusschleife´ oder minimalistisch-verträumte HUMPE & HUMPE-artige Klangarrangements wie ´People Are Strange´ und ´Spooky Action´ deutlich zeigen. Das ist das Conny Plank‘sche Oevre in Reinkultur, er hätte bestimmt gerne mit ihr gewerkelt, kreiert oder sie produziert. Sie teilt sich oft in ihrer Muttersprache als auch in englisch mit, abwechselnd im gleichen Lied. Fantastisch schwebende Beatsounds (´Stadt unter der Stadt´) und Synthieteppiche (´Mothra´) treffen auf die ´Ministrantin Stefanie´ inmitten ihrer EINSTÜRZENDEN NEUBAUTEN und geben sich dem 80iger New Wave ´Flow´ hin.

Sophisticated Elektropopinteressierte begeben sich auf eine unvergleichlich kreative Zeitreise mit einer Künstlerin, die klassische Essenz in ihre Kunst integriert und die man (nicht nur bei ihrer Stammband LOCAS IN LOVE) im Auge behalten sollte.

(Wertungslos wertvoll – Less Lessmeister)


SHAGGY – Fighting Angels And Demons
2019 (GMR Music Group) – Stil: Hardrock

SHAGGY rocken seit 1972 anfangs eher klassisch, kurz darauf dann aber wie zu dieser Zeit (und auch teilweise immer noch) die Großen des Genres – als da wären: DEEP PURPLE, URIAH HEEP oder RAINBOW. In dieser Tradition steht das neue Werk bereits seit April in den Startlöchern, nachdem 1977 die Geschichte schon zu Ende schien und nur ein Output von 2015 noch einige gesammelte und neu aufgenommene Stücke bot.

Was soll ich sagen? Boombastic! Es ist wie mit dem Fahrradfahren: Wer’s einmal gelernt hat, der fällt nicht mehr vom Sattel. Somit ist ´Fighting Angels And Demons´ ein alles andere als angestaubtes Werk von ein paar Altrockern und jüngeren Ersatzspielern. Im Gegenteil – man denkt sich beim Hören ständig, was aus dieser Band wohl hätte werden können, wenn das nötige Quäntchen Glück ihnen holde gewesen wäre. So liegt es nun an Euch, den Männern die lange verdiente Achtung zu schenken – denn wer sich dieses knapp 30 minütige Album anschafft, verschenkt definitiv nichts, denn es gibt hier Klasse statt Masse!

Anspieltipps: gleich der Opener ´Black Hearted Angel´ und das sabbathige ´Dark Symphony´ mit seinem famosen ´Clockwork Orange´ Zwischenpart – ein Brecher, liebe Devotchkas & Droogs!

(8,5 harte Punkte für ein Halleluja – Less Lessmeister)


STEEL SNAKE – First Contact
2019 (Narcoleptica Prod.) – Stil: Heavy Metal

Hm, selbst das Releasejahr 2019 ist eigentlich nicht ganz korrekt. Im Dezember 2018 hat die mexikanische Band um Sängerin Andrea Rufin ihr Album veröffentlicht. Aber erst Ende letzten Jahres ist das Ding endlich bei mir gelandet und jetzt erst, leider, komme ich zum Hören und besprechen des Albums.

Es wäre schade wenn das Teil untergehen würde, denn die Mexikaner haben da wirklich ein feines Album am Start. Sie selbst nennen es EP, wobei sieben Songs schon fast einen Longplayer darstellen. STEEL SNAKE bieten klassischen, geradlinigen Heavy Metal irgendwo in der Schnittmenge aus SIGN OF THE JACKAL, ACID, MESSIAH FORCE oder auch MALTEZE. Der Gesang ist prägnant, aber nicht dominant. Druckvolle Up-Tempo-Kracher wie `In Hardest Duels` (superb, ACID lassen hier schon kräftig grüßen) oder `As The Rage` überzeugen umgehend.

Sicher, Innovationsfans werden hier verzweifeln, denn hier gibt es nichts für sie zu holen. STEEL SNAKE bedienen den klassischen, traditionellen Headbanger und das ziemlich klassisch. Mir gefällt der Silberling ziemlich gut und angesprochenen Fans kann man das Teil wirklich ans Herz legen.

Eile ist allerdings wohl angebracht, da die CD nur in einer Mini-Auflage erschien, leider.

(7,5 Punkte – Jürgen Tschamler)


SUPERSUCKERS – Play That Rock`n`Roll
2020 (Steamhammer/SPV) – Stil: Rock`n`Roll

SUPERSUCKERS Fronter Eddie Spaghetti scheint im Arbeitsmodus zu sein. Nach etwas mehr als einem Jahr schiebt er schon den Nachfolger zu `Suck It` an die Startlinie. In nur vier Tagen in Austin aufgenommen, entpuppt sich das Album als erstklassiger Wüstentrip-Soundtrack. Im Gegensatz zum Vorgänger gibt es hier weniger Country-lastige Einflüsse, man orientiert sich mehr an Stromgitarren.

Schweiß, abgestandenes Bier und Fuck you-Attitüde prägen dieses Album. Fröhliches R`n`R-Flair geht anders, hier kommt die schwarze Seele des Mr. Spaghetti zum Vorschein. Neben elf recht guten Eigenkompositionen haut man auch eine MICHAEL MONROE-Coverversion raus, den MICHAEL MONROE-Klassiker schlechthin: `Dead, Jail Or Rock`n`Roll`. Die SUPERSUCKERS geben dem Stück mehr Dreck und Rotz und liefern eine gute und eigenwillige Interpretation.

`Play That Rock`n`Roll` macht seinem Titel alle Ehre und ist deutlich `Suck It` vorzuziehen. Im März sind die Herren in deutschen Clubs unterwegs. Lohnt sich hinzugehen.

(7 Punkte – Jürgen Tschamler)


UNIVERSAL HIPPIES – Astral Visions
2019 (Grooveyard Records/Just For Kicks Music) – Stil: Blues Rock / Hardrock

Wer sich für gewöhnlich mit heißer, hardrockender Instrumental-Musik vergnügt, ist bei den UNIVERSAL HIPPIES an der richtige Adresse.

Mastermind/Gitarrist Stavros Papadopoulos (FREEROCK SAINTS, SUPER VINTAGE, HARD DRIVER) führt mit seinen beiden Kollegen – Jim Petridis (Bass) und Chris Lagios (Drums) – dieses heißblütige Trio an.

Die Griechen zaubern dabei keinen gewöhnlichen Blues Rock, sondern binden mit viel Groove auch Psychedelic Rock ein. Keine weltbewegenden Tonfolgen, doch UNIVERSAL HIPPIES nehmen jeden Willigen auf ihren Trip zwischen Space und Time mit.

Nicht zu verachten.

(7 Punkte – Michael Haifl)


V/A The Great Tragedy – Winter Dance Party 1959 – No. 2
2020 (Bear Family Records) – Stil: Rock’n’Roll

Mit einer weiteren Veröffentlichung gedenkt die „Bear Family“ erneut dem tragischen Flugzeugabsturz vom 3. Februar 1959, an dem Buddy Holly, Ritchie Valens und The Big Bopper ums Leben kamen.

Diese tragische „Winter Dance Party“-Tour wurde einst trotz des tödlich endenden Flugzeugabsturzes gnadenlos fortgesetzt. Frankie Avalon, Jimmy Clanton, Fabian, Bobby Vee and his Shadows und Bill Parsons stießen schnell zur Tour hinzu und spielten mit Dion & The Belmonts, Frankie Sardo und die Crickets (Buddy Hollys Band) weiter.

Der Silberling ´The Great Tragedy – Winter Dance Party 1959´ widmete sich den Hits der unsterblichen Stars, doch die aktuelle Fortsetzung No. 2 nimmt sich nun denjenigen an, die noch – ohne Unterbrechung – weitere anderthalb Woche on Tour waren: Dion and The Belmonts, The Crickets und Frankie Sardo sowie die neubesetzten Frankie Avalon, Jimmy Clanton, Fabian, Vee und Bill Parsons.

Tolle Musik, aus traurigen Tagen. That´s the business. That´s Rock’n’Roll.

(Michael Haifl)


VULCANO – Eye In Hell
2020 (Mighty Music) – Stil: Thrash Metal

VULCANO ist einer der langlebigsten und einflussreichsten Thrash Metal-Bands der südamerikanischen Szene. Dass sich die Band bisher nicht in Europa durchsetzen konnte, liegt weniger an ihrem Können als an suboptimaler Veröffentlichungspolitik. Die Brasilianer gehören eher zur Spezies DIY, was sich somit negativ auf die Veröffentlichungen außerhalb des Landes auswirkte. Mit „Mighty Music“ könnte sich das nun ändern.

Vielleicht fallen ja auch ein paar Wiederveröffentlichungen alter Klassiker in Europa durch den Deal ab, was zu wünschen werden. VULCANOs Stil hat nicht wenige Death Metal-Einflüsse, anderseits hört man aber auch alte SLAYER durch. Auf dem neuen Album gut zu hören bei `Mysteries Of The Black Book` oder `Sirens Of Destruction`.

Die 13 Songs sind ziemlich aggressiv produziert, gerade die Gitarren wüten dabei beeindruckend. `Eye In Hell` lässt aufhorchen mit dem hohen Aggressivitätslevel, guten Ideen und auch mit einer ungebrochenen Spiellust. VULCANO empfehlen sich mit diesem beachtlichen Release den europäischen Thrashern.

(7,5 Punkte – Jürgen Tschamler)


 

 

DOOM – Zugabe

 

 

SPACESLUG – Reign Of The Orion
2019 (BSFD records) – Stil: Doom/Stoner

Wenn man von einer der besten Space-Stoner-Doom-Bands aus Polen spricht, fällt wohl nicht nur mir diese Band ein: SPACESLUG.

Mit ihrem neuen Album hat die Band aus Breslau wieder mal erstklassige Musik aus ihrem Hut gezaubert. Also, Konzertveranstalter, bitte buchen!

(Thomas Wolff)

 

 

 

 

 

See you after the hurricane
Michael und das gesamte Streetclip-Team

 


Bombardiert uns mit Eurem Feedback und Euren Reaktionen (via Facebook oder E-Mail) !