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NIKOLAJ EFENDI – Vulgo

~ 2019 (RecordJet) – Stil: Dark Rock ~


Nikolaj Efendi komponiert seit einigen Jahren Theatermusik. Noch länger musiziert der kärntner-slowenische Künstler mit der 2008 gegründeten Formation ROY DE ROY folkigen Balkan-Punk. Sein drittes Werk auf Solopfaden ist nicht nur eine musikalische Ode an die Dunkelheit, sondern eine Aufarbeitung der kärntner-slowenische Widerstandsbewegung im Zweiten Weltkrieg. Seine Musik versprüht Dunkelheit und Einsamkeit, besitzt aber auch immer den gewissen Funken Hoffnung.

Derweil das erste Solo-Schaffen ´The Red Wine Conspiracy´ (2015) noch eher akustisch mit Kontrabass, Akkordeon und Trompete jonglierte, verlor sich der Nachfolger ´Temper´ (2017) in den Nachtbars des Jazz. Mit ´Vulgo´ gibt Nikolaj Efendi seinen Einflüssen aus Leonard Cohen, Johnny Cash und Nick Cave in aufwallenden Stücken des Post Rock der Moderne preis. Dynamik ist das Zauberwort aller Kompositionen.

´Vulgo´ ist Art Rock und Post Rock zugleich. Der Artrock zündelt hinter dem Vorhang, vor dem sich ansonsten die Melancholie suhlt, Keyboards treiben aus dem Hintergrund so manche Komposition ins gleißende Licht der Nacht. Etwas Elektronik vermischt sich gelegentlich im Noise Rock.

 

 

So wie in ´Leave The Wounded Behind?´ Dark Rock auf Post Punk trifft und als artrockender Post Rock seine Schönheit beweist, so gesellt sich ein Americana-Riff im nachfolgenden Song ´Look Out For Them´ zum herausragenden Post Rock, den selbst CRIPPLED BLACK PHOENIX nicht schöner zelebrieren könnten. Gleich der Briten, bekennt auch Nikolaj Efendi im mächtigen Ostblock-Prog-Song ´Domovina´ PINK FLOYD als seine Vorbilder. ´Leave It All To Me´ scheint die perfekte Symbiose aus Post Punk und PINK FLOYD widerzuspiegeln, obgleich die eigentlich dem Folk entspringende Trompeten-Noise-Offensive an MAGNUM´sche Melodieführungen erinnert.

Zwei der acht Lieder, plus Intro ´Intrude´, werden anstatt auf Englisch in Slowenisch vorgetragen. Ein weiteres, ein drittes, fiel leider der schwarzen Vinyl-Veröffentlichung zum Opfer. Nicht erst im zweiten, slowenisch gesungenen Lied ´Le Kdaj?´ krachen die Trompeten, gespielt von Thomas Liesinger, in die Szenerie hinein. Fragen über Fragen finden sich dagegen zu ´Will That Be Enough?´ ein und trompeten jede Fragestellung hin zum bitteren Endpunkt, der vom Groove ekstatisch hochgetrieben wird. Es entstehen fiebrig vibrierende Kompositionen, die sich etwa in ´Ear To The Ground´ nochmals in voller Größe zeigen, in WOVENHAND´scher Intensität, und in ´I’ll Be Waiting´ wiederholt nach dem Sonnenlicht greifen.

Die dunklen und lichtdurchfluteten Seiten des Jahres 2019 sind allein mit Nikolaj Efendis ´Vulgo´ der Vollzähligkeit nahe, für jedermann und jederfrau ein Griff zu den Sternstunden des Art- und Post-Rock.

(9 Punkte)

https://nikolajefendi.bandcamp.com/album/vulgo