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LORD MANTIS – Universal Death Church

~ 2019 (Profound Lore Records) – Stil: Blackened Sludge ~


Perverse brauchen Ventile. Vor allem LORD MANTIS. Musik ist ihr Ablasshandel, ihre Therapie. Dies sind Männer, die uneingeschränkt von Negativität leben. Die Amis haben mit ihren beiden vorherigen Alben – 2014: ´Death Mask´ und 2012: ´Pervertor´ – zwei der ätzendsten und hasserfülltesten Alben der jüngsten Zeit veröffentlicht. Und jetzt ist die Band nach einer kurzen Trennung zurückgekehrt; die Mitglieder brauchten einfach ein wenig Abstand voneinander und ihrer destruktiven Kunst, einer beging 2016 sogar Selbstmord. Alles keine Gründe, aufzuhören.

Es gibt wieder Black Metal, es gibt wieder brutal verzweifelten Sludge. Doch diesmal haben sie sich deutlich weiter in Richtung Noise bewegt: mit noch abrasiveren Sound-Elementen, die wie Schleifpapier auf nackter Haut ihre Spuren hinterlassen – und klinisch-kalten Stampf-Beats, die an GODLFESHs Hochphase Mitte der 1990er erinnern. Fies, bitterböse und dank den Herren Markuszewski und Sorceron mit den richtigen Händchen für kantige Riffs und lüsterne Licks. Dazu das Gewohnte: Charlie Fells und Dylan O’Tooles irre Black Metal-Screams – getragen von arschgeilen Grooves der Rhythm-Section.

Gucken wir uns mal ein paar Songs genauer an: ´Low Entropy Narcosis´ fesselt in Sado-Maso-Manier, mit 1980er-Wave-Industrial-OOMPF-Geräuschen, die im gesprochenen Wort punktiert werden. ´Qliphotic Alpha´ zertrümmert einfach nur – bis zum Anschlag vollgepackt mit Doom-Riffs. Und der letzte Track, ´Hole´, ist eigentlich das Highlight des Albums. Abartig. Anders. Asozial. Wie die SWANS im Blutrausch. Ach, noch was zum Opener: ´Santa Muerte´ ist dieser typisch niederstreckende Faustschlag ins Gesicht – wenn jemand dir sagen will: Hey, ich bin wieder da, zurück im Spiel, stärker als zuvor! Kaum zu ertragender, reinster Black Metal mit Borderline-Syndrom, weil doch Noise Rock auch die Seele reinigt. Höllisch ist insbesondere hier Fells wahnsinnig intensives Gekreische. Als würde er versuchen, eine drohende Heroin-Überdosis abzuwehren, indem er nach drei durchzechten Nächten morgens um 6 Uhr Kette raucht, eine Kanne Kaffee trinkt – und dann kathartisch seine zitternde Hand in einen Fleischwolf hält…

LORD MANTIS. Das war schon immer eine besondere künstlerische Entität, bei der es um mehr als starke Songs ging. Was ja schon viel ist. Bei LORD MANTIS geht es neben hoher Qualität um absolute Alleinstellung. Keiner ist wie sie. ´Universal Death Church´ vergrößert den Abstand weiter. Musikalisch anno 2019 etwas subtiler, breit gefächerter und damit spannender aufgestellt als auf vorigen Alben. Weniger Metal – mehr Noise Rock. Und über 44 Minuten qualvoll schön.

(8,5 Punkte)