MeilensteineVergessene Juwelen

HADES – Resisting Success

~ 1987 (Torrid Records)  – Stil: US Power Metal ~


Ist ´Resisting Success´ ein „Vergessenes Juwel“ oder ein „Lebensverlängerndes Werk?“ Bei HADES‘ Debüt handelt es sich schlichtweg um metallisches Kulturgut. Vorhang auf für die Ausführungen von Don Carlos:

Wenn eine Band es nach ihrer Gründung zehn Jahre lang nicht schafft, ein ordentliches Album herauszubringen, sondern lediglich Demos, eine Single, eine Beteiligung (Split) und Beiträge für Sampler abliefert, so darf man schon Mal die Frage nach der Zukunft dieser Band stellen. Da ich nun diese Zeilen schreibe ist es wohl klar, dass es für HADES eine gab und sie in meinen Augen mit ihrem Debüt ´Resisting Success´ sogar einen Meilenstein des Metal abgeliefert haben. Heutzutage sind Annalen dieses Genres ohne einen längeren Abschnitt über HADES nicht mehr denkbar, aber eigentlich beginnt meiner Ansicht nach die Geschichte dieser von Dan Lorenzo bereits 1978 in New Jersey gegründete Band ja auch erst mit dem Einstieg des Sängers Alan Tecchio im Jahr 1985. In der Zwischenzeit hatte die Band viele Mitglieder kommen und gehen sehen, was sicherlich zu einer gewissen Instabilität der Band und damit auch dazu geführt hat, dass das Debüt erst im Jahre 1987 erschien.

Aber wenn alle Debüts so ausfallen würden wie ´Resisting Success´ (ich vermute der Titel nimmt Bezug auf das Curiculum der Band), dann sollten sich alle Bands damit zehn Jahre Zeit lassen. Bereits der Opener ´The Leaders?´ ist ein Song für die Ewigkeit…und für die Ewigkeit ist insbesondere das Eingangsriff geschrieben worden, welches alleine schon den Kauf dieses Albums rechtfertigt. Knapp eine Minute lang wird eine Spannung aufgebaut, mit der in der Metal-Welt meiner Ansicht nach nur noch solche Intros vom Kaliber ´Raining Blood´ mithalten können und die sich im weiteren Verlauf des Stücks in einem galaktischen Superflare entlädt. Es trifft den aufmerksam lauschenden Hörer völlig unvorbereitet und bläst ihn förmlich von den Boxen weg. Was für eine Geschwindigkeit, was für ein Riffing an der Gitarre, was für eine Urgewalt am Schlagzeug und Bass und obendrauf die Stimme von Alan Techio. Energie pur! Er entlockt seinen Stimmbändern Melodien, die er in luftige Höhen zieht, ohne aber dabei schmerzhafte Gefilde zu erreichen und schafft es dabei auch noch, jeden Ton präzise in Form zu bringen und die hohen Frequenzen in klare Worte zu verwandeln. Unnachahmlich! Das ist die Referenz für US-Powerthrash!

Und was nach dieser Albumeröffnung kommt ist noch überraschender. Abwechslung! Wer sich nämlich nach dem ersten Stück bereits darauf eingestellt hatte, einen Nackenbrecher nach dem anderen serviert zu bekommen, der täuscht sich. ´On To Iliad´ und  ´Legal Tender´ geben noch ordentlich Gas und behalten die zu Beginn vorgegebene Richtung bei. Aber bereits  ´Sweet Revenge´ wartet mit einer Neuerung auf und beginnt mit einem schleppenden, ja ich wage sogar zu behaupten, doomigen Riff. Und auch Alan passt seine Stimme an und lässt diese von seinen Stimmbändern zwar immer noch glockenklar, aber  deutlich tiefer modulieren. Aber es geht noch doomiger, wie der Beginn des die erste Seite abschließende ´Nightstalker´ beweist. Das ist schon sehr nahe am Powerdoom von SOLITUDE AETURNUS und Konsorten. Apropos Nackenbrecher, nach dem leicht progressiven ´Resist $uccess´ wird einem mit ´Widow´s Mite´ ein eben solcher dargeboten. Ohne Worte. Und weiter geht es mit Überraschungen, denn eine solche ist ´The Cross´, welches zusammen mit ´Widows Mite´ bereits 1985 eine Single bildete. Der biblische Text wird musikalisch in ein passendes, elegisches Gewand gepackt. Erhebend, monumental, packend – einfach biblisch. Kann das noch getoppt werden, fragt sich der Hörer beim erstmaligen Hören. Ja, es kann und zwar mit dem musikalischen Triptychon, welches wie ´Der Garten der Lüste´ von Hieronymus Bosch in drei Teilen eine derartige Liebe zum (musikalischen) Detail aufweist, dass  man nach den knapp neun Minuten mit offenem Mund zurück bleibt. ´Mask Of The Red Death´ ist eine im Metalbereich oft zitierte Kurzgeschichte von Edgar Allan Poe, in welcher die Protagonisten versuchen, sich vor einer Seuche (der Rote Tod ist ein hämorrhagisches Fieber) in Sicherheit zu bringen, was ihnen jedoch misslingt. Technik, Kunst und die Liebe zum Detail, ohne selbstverliebt zu sein und sich darin zu verlieren. Bosch und HADES, HADES und Bosch…wo ist da der Unterschied?

Nach dem zweiten Album, welches zwar programmatisch ´If At First You Don’t Succeed´ hieß, aber mit welchem der ersehnte Erfolg ebenfalls nicht Einzug hielt, löste man sich konsequenterweise auf. Dan Lorenzo gründete danach 1988 NON FICTION, zu denen sich im Jahr 1991, nachdem er für WATCHTOWER die ´Control And Resistance´ eingesungen hatte, auch Alan Tecchio hinzu gesellte. NON FICTION brachten es bis zu ihrer Auflösung immerhin auf drei Alben, aber bereits 1995 geschah ein halbes Wunder und HADES reformierten sich wieder. In annähernd der Besetzung, mit der das Debüt eingespielt worden war, nahmen sie noch im selben Jahr ´Exist To Resist´ auf. Lediglich Basser Jimmy Schulmann wurde durch Ed Fuhrmann ersetzt, welcher die Gitarre von Scott LePage übernahm, der wiederum ab sofort den Bass zupfte. (Alles klar?)

Danach wurden noch drei Alben aufgenommen, aber seit 2001 herrscht bei den Veröffentlichungen Funkstille. Wahrscheinlich hat Dan Lorenzo keine Lust mehr und bereist lieber wieder mit seiner Frau die Welt. Originalzitat: „Anyhow, about a year after HADES put out ´DamNation´ on „Metal Blade Records“ I/we decided to stop playing live. I really had more fun playing basketball and traveling with my wife, Gina.“(www.danlorenzo.net) Formal existiert die Band aber noch, obwohl er sich wohl eher um seine Doom-Band VESSEL Of LIGHT kümmert. Aber man weiß ja nie, was die Zukunft bringt, denn nach Auflösung seiner Band THE CURSE gab es im April des Jahres 2010 ein auf  DVD festgehaltenes Reunionkonzert in Clifton, New Jersey, bei welchem HADES Stücke der ersten beiden Alben zum Besten gaben. Noch im gleichen Monat sollten sie auch auf dem „Keep It True“-Festival auftreten, mussten ihren Gig jedoch leider krankheitsbedingt absagen. Wenige Wochen später konnte man sie dann aber auf dem „Bang Your Head“- Festival bewundern. Vom Debüt fehlte lediglich Jimmy Schulmann, der von Kevin Bolembach (u.a. NON FICTION) am Bass ersetzt worden war. (Somit durfte LePage – wie anno dazumal – auch wieder an die Gitarre.) Nach fast zehn Jahren wäre es also mal wieder an der Zeit.

 

 

Neben der Originalpressung von „Torrid Records“ mit goldenen Schriftzügen auf dem Cover, gab es für den europäischen Markt auch eine Pressung von „Roadrunner“ auf der an Stelle des edlen güldenen ein sattes saftiges Pink für die Schriftzüge genutzt wurde. Ich möchte an dieser Stelle nicht spekulieren, was der Hintergrund hierfür gewesen sein mag, aber interessieren würde es mich schon. Vielleicht ist die Antwort jedoch so banal wie bei der ´Born Too Late´ von ST. VITUS. Da waren alle Beteiligten sehr darüber überrascht, wie sehr sich das Endergebnis vom freigegeben Muster unterschied.