PlattenkritikenPressfrisch

BORKNAGAR – True North

~ 2019 (Century Media) – Stil: Atmospheric Metal ~


Der gemeine Borkennager ist nun auch schon seit 23 Jahren aktiv. Obwohl er ab und an noch immer böse hineinfaucht, ist er doch im Gegensatz zum lautähnlichen Schädling ein wahrer Freund des Waldes und seiner Poesie. Innerhalb der Naturschutzgebiete verhält er sich sehr gesittet, heutzutage fast lieblich auf seinen Spazierpfaden, die ihn aber auch in die Weite der Tundra entführen, gar bis auf die Lofoten, wo er den auf dem Cover abgebildeten Arbostadtinden oder den ´Mount Rapture´ besteigt.

Einen Jahrmarkt gibt es dort offensichtlich nicht, trotzdem hat sich das Personalkarussell erheblich gedreht. Drummer ausgetauscht, der neben Mainman und Songwriter Oystein G. Brun langjährige zweite Gitarrist Jens F. Ryland noch weiter Richtung dem wahren Norden von dannen. Und vor allem, Vintersorg singt nicht mehr für die Bergener! Die Vocals teilen sich nur noch Simen „I.C.S. Vortex“ Hestnaes und Keyboarder Lars A. Nedland.

Dieser Wechsel gelingt zwar immer stilvoll, besonders herausragend ist aber der Sonnenaufgang am Arbostadtinden im Überhit ´Lights´, der eine edle Melange aus GHOST und IDLE HANDS vereint! In der Mitte des Albums zusammen mit der folgenden Ballade ´Wild Father’s Heart´ der emotionale Stimmungshöhepunkt. Quasi eingerahmt ist das Album von den beiden 9-minütigen Longtracks ´Thunderous´ und ´Vidal´, die mit mehr Bandbreite auch mal die noch vorhandene blackmetallische Seite von BORKNAGAR preisgeben. Immer noch der Ursuppe entsprungen, der (nicht mehr ganz so) neuartige hymnische Grundtenor bleibt allerdings erhalten.

Die rockige Seite zeigt der Titelsong, der instrumental wie ein verschollener AUDREY HORNE-Hit ertönt. Irgendwie hat alles auf dem Album eine tolle Atmosphäre, stilistisch bunt gemischt, der allerletzte Kick fehlt mir aber zumindest in Teilen, um in völlig ausufernde Lobpreisungen einzufallen.

Trotzdem ein tolles Album. Liebhaber der wahren stimmungsvollen nordischen Natur sollen sich entsprechend aus ihrem Sessel bewegen und sich das Album besorgen. Es ist sicherlich eines der ruhigsten Alben von BORKNAGAR geworden, aber eben auch ein wunderschönes! Ob es für ausreichend Gänsehaut sorgen wird, um Karl den Käfer am Ende aus dem Wald zu verjagen, bleibt noch der Langzeitbeurteilung vorenthalten.

(derzeit wahre 7,5 Punkte)