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LORD – Fallen Idols

~ 2019 (Dominus Records) – Stil: Heavy- / US- / Power Metal ~


Wow. ´United (Welcome Back)´ – ja, schön, dass ihr wieder zurück seid, aber etwas erschrocken bin ich schon bei dieser Thrashgranate von Opener meiner australischen Melodie-Lieblinge. Knallt mindestens so rein wie damals der ´Painkiller´ unserer britischen PRIESTer. Da bewegt man sich zum Einstieg in der Liga von den famosen ARTILLERY, ANTHRAX on Speed oder FLOTSAM und überrollt den Hörer förmlich, um das ganze Brett dann doch noch nach genialem Songaufbau durch einen typischen LORD-Ultrachorus zu krönen – Jahresnummer!

Sie sind definitiv wieder da, Freunde der gepflegten SYMPHONY X,  VICIOUS RUMORS, LIZZY BORDEN oder QUEENSRYCHE-Unterhaltung. Die ehemaligen DUNGEON mit ihrem fünften LORD Output, der es ein weiteres Mal in sich hat und eine Schippe an Heavyness und Finesse auf den ureigenen, melodischen Powermetal ohne klar definierte Genregrenzen drauflegt. Mastermind Lord Tim (Voice, Strings & Keys), Andy Dowling (Tieftöner, Backings) und Mark Furtner (mehr Strings, Backings, weitere Tasten) präsentieren zehn neue Hits aus Riffs, heavy Rhythmen, irren Gitarrensoli und erstklassigem Gesang. Ausgefeiltester US-Metal aus Down Under sozusagen. Besser geht es dieser Gattung kaum. Geschrieben wurde das Album von LT und Mark, eingezimmert wurde es diesmal erneut von Tausendsassa Tim Yatras, der neben fast allem, was man in der Musikbranche so machen und spielen kann, bereits seit dem letzten DUNGEON Album auf mehreren LORD Veröffentlichungen mitmischte.

Der Anspruch war laut Band schon immer “the best damn mix-tape you’ll ever hear” zu kreieren und das ist ihnen spätestens dieses Mal mit Bravour gelungen, denn auf diesem einen Album ist der gesamte Metal, den ihr dieses Jahr hören wolltet! Und ich weiß gerade, von was ich spreche, denn anlässlich meines 50igsten habe ich mich in meiner Reviewabstinenz monatelang in einer nostalgischen Stimmung durch das gehört, was für uns seit den 80igern essenziell war und auf Nerdtreffen Pflichtprogramm ist – die neue LORD wurde dazwischen immer wieder aufgelegt. Ein Blick auf die Texte lohnt sich dazu ebenfalls, denn besonders dieses Mal gönnen sich die Männer auch einen Blick zurück auf ihre persönliche Vergangenheit und die wesentlichen Dinge des Lebens.


Der nächste Hit steht bereits mit dem rollenden Panzer einer Draculageschichte namens ´Immortal´ und seinen ICED EARTH als auch CRIMSON GLORY Gitarren an, bevor der Namensgeber des Albums dich eher europäisch platthämmert – wir erinnern uns: zu DUNGEON – Zeiten waren die HELLOWEEN der Kiske-Ära oder BLIND GUARDIAN stets mit in der Stahlpfanne der Kostbarkeiten. Eine straightere Nummer erinnert an visuelle Lügen eines gewissen LIZZY BORDEN, als der noch wie auch wir zu einer gewissen Zeit ´Wilder Than The Wind´ war.

Der digitale Diktator würde wahrscheinlich ebenfalls zu der insbesondere textlichen Reminiszenz an die DUNGEON -Vergangenheit ´Nod To The Oldschool´ bangen, bei der „Phönix aus der Asche“-Thematik ´Chaos Raining´ denkt man zuerst an unseren düstersten Peavy und RAGE, bevor die Dunkelheit im strahlendsten Thema schwindet – sehr originell und unerwartet, dieser kontrastreiche Song. Verschnaufpausen gibt es außer der schönsten DOKKEN-Reminiszenz seit ´Under Lock And Key´-Zeiten ´Counting Down The Hours´ keine – Jahresballade! Witzigerweise fallen gerade bei dem lediglich als Bonustrack vorhandenen ´In Dreams´ die Begriffe DOKKEN, DIO, DURAN DURAN, MAIDEN und 1986, also unbedingt her mit der DeLuxe Version! Wenn die Instrumentalfraktion dich nicht kleinkriegt, dann spätestens die Refrains mit fetten Chören wie einst der LEATHERWOLF sie in die mondhelle Nacht rausheulte.

Einer der absoluten Höhepunkte ist für meine Wenigkeit die Zukunftswarnung ´The Edge Of The World´ , welches erneut wild thrashend beim Opener ansetzt mit bösem Growling in den Strophen und sich mit einem unglaublich geilen Refrain in dein Hirn bohrt – Jahresnummer! Dieser äußerst gelungene Kontrapunkt zu den Melodien wurde bereits beim Über-Album ´Digital Lies´ ähnlich praktiziert und außer ARTILLERY fällt mir kaum jemand ein, der dies auf beiden Seiten der Härteskala zur Perfektion ausreizt.

Die True Metaller dürfen sich kurz vor Schluss vom klischeebeladenen PRIEST-Fetzer ´Kill Or Be Killed´ mitreißen lassen, der alles verbindet, was für Heavy Metal lebenswichtig ist: Mitgrölpart, Gitarrenharmonien, Soli, Halford-Screams, Rhythm & Riffs – macht trotzdem oder gerade deswegen diebische Laune – Livenummer! Der Ohrwurm ´Master Of Darkness´ beendet powermetallisch zumindest die mir vorliegende Version ohne ´In Dreams´ und den Coverversionen von JOHN FARNHAM und ICEHOUSE. 

Falls die nicht gehörten Songs wider Erwarten nix taugen, dürft ihr gerne ein halbes Pünktchen abziehen. Fakt ist, dass ich mit niemandem über die Genrehighlights 2019 diskutiere, der bis Jahresende nicht das abwechslungsreichste LORD-Album aus den DUNGEONs gehört hat. Ein Album, um sie alle zu knechten. DEPECHE MODE nannten das mal ´Music For The Masses´ – aber hier in ´State-Of-The-Art´.

So, jetzt mach‘ ich erstmal Platz in der Jahresliste und schaue, wo ich die DeLuxe-Version oder Vinyl herkriege. Amen, my LORD.

(9,5 göttliche Punkte)

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