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BETH HART – War In My Mind

~ 2019 (Mascot Label Group/Provogue) – Stil: Blues ~


Ich kann mich noch an das gar nicht so weit zurückliegende Livealbum erinnern, wo ihre Mama mit im Publikum saß und Beth ganz sympathisch mit großer Freude darauf hinwies. Musikalisch war es diesem neuen Werk ähnlich. Straighter, bodenständiger Rock, mainstreamig, mit Elementen aus Blues, Soul und Gospel darin verwurstet. Melodien, die freundlich sind, die zuweilen schön sind, oberflächlich betrachtet. Gute Performance, sehr exakt, aber dennoch lebendig, schöne, üppige Arrangements, alles war gegeben, was den Freund von wirklich guter Musik zufriedenstellen sollte. Und genau das ist auch beim neuen Album wieder so.

Eines vorweg, ich bin absolut kein Fan dieser Künstlerin und hatte schon nach sechs von zwölf Songs den Wunsch, jetzt andere, mir besser liegende Musik zu hören, ich habe es aber trotzdem bis zum zwölften Stück durchgehalten und bin zufrieden, dies getan zu haben. Es ist viel von dem neueren Soulpop oder R’n’B, wie man es im Fachjargon nennt, zu hören. Beth Hart legt enorm viele und sehr intensive Emotionen in ihren Gesang, der wirklich gut, wenngleich für mich etwas austauschbar klingt. Sie hat Erfolg mit allem, sie ist also auf dem richtigen Kurs. Daher voller Respekt, aber ohne Liebe mein Review.

Objektiv sind da wirklich gute Stücke, ´Without Words In The Way´ mit seinem Nina Simone-Ausdruck, dem gezupften Kontrabass, seiner eindringlichen Melodie und dieser ergreifenden Atmosphäre und ´Rub Me For Luck´, der üppigen Superballade mit wuchtigen Pianoläufen, großen Melodien und machtvollen Streicherarrangements sind meine beiden Highlights. Die anderen fallen alle für mich unter perfekt gemachten Mainstreamrock mit Blues, Soul und Gospel darin verwurstet. Ihr sagt, ich wiederhole mich? Nun, die Musikgeschichte wiederholt sich hier.

1972 hatten die ROLLING STONES mit ihrem ´Exile On Mainstreet´-Album für meinen Geschmack in diesem Bereich die wichtigsten Worte gesagt und eine größere, spirituellere Platte ist hier danach nie wieder erschaffen worden. Auch von Beth Hart und ihren Mitstreitern nicht, die sich aber wahrlich nicht daran stören werden. Das hier ist solide Musik mit zwei Ausreißern nach oben, für einige sicher eine Offenbarung, für mich gutes Hintergrundgeräusch, wenn ich mit einem Kumpel in einer Bar hocke und ein Bier trinke. Oder zwei Biere, sofern es denn schmeckt. Es tut nicht weh, es fühlt sich gut an, es bleibt eben nur für den Moment bei einem, zumindest bei mir. Das wiederum kann daran liegen, dass mir diese Sparte der Rockmusik emotional fernbleibt, weil es schon immer so war. Neil Young oder die STONES sind da meine Helden, auf deren Grundmauern sich nun die soundsovielte Generation ihre Paläste baut. Vielleicht sollte sie das mit mehr Demut und insbesondere mehr Eigensinnigkeit und Mut zur Kreativität tun. Das hier ist Top Musik, ganz klar, aber die Grenze der Komfortzone bleibt unberührt.

(7 Punkte)