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MALÓN – Espíritu Combativo / Justicia O Resistencia

~ 1995/1996/2019 (Icarus Music) – Stil: Thrash ~


MALÓN gehört zu jenen Bands, die das Erbe der Urväter des argentinischen Metal V8 (siehe auch hier) übernommen und die argentinische Metalszene entscheidend mitgeprägt haben. Die Band wurde 1995 von Mitgliedern der im selben Jahr aufgelösten HERMÉTICA, einer weiteren argentinischen Legende, in Buenos Aires gegründet.

Lediglich Ricardo Iorio (ex-V8) entschied sich dazu, mit der Gründung von ALMAFUERTE eigene Wege zu gehen und als Sänger dieser Band etwas weniger thrashige Gefilde zu betreten. Die verbliebenen Claudio O’Connor (Gesang), Claudio Strunz (Drums), Antonio Romano (Gitarren) und der ebenfalls bei HERMÉTICA bereits live eingesetzten Karlos Cuadrado (Bass) ließen dann auch schon im gleichen Jahr das Debüt von MALÓN auf die Menschheit los…und was für ein Debüt!

 

 

´Espiritu Combativo´ liefert zehn Meisterwerke in einer Qualität und Härte ab, wie sie nicht nur auf dem amerikanischen Subkontinent ihres gleichen suchen und sowohl würdig als auch konsequent den Weg weiterverfolgen, den die Mitglieder mit der letzten Scheibe von HERMÉTICA bereits beschritten hatten. Schon im nächsten Jahr 1996 wurde mit der gleichen Besetzung der qualitativ nicht im Mindesten hinter dem Debüt zurückbleibende Nachfolger ´Justicia O Resistencia´ eingespielt und veröffentlicht.

 

 

Leider löste sich die Band bereits zwei Jahre später auf, kam aber 2011 in der Originalbesetzung zurück und schenkte uns 2015 mit ´Nuevo Orden Mundial´ ein weiteres Album. Seitdem ist die Band (zumindest live) wieder aktiv. (Es soll nicht verschwiegen werden, dass MALÓN zwischen 2001 und 2002 ein kurzes Intermezzo mit einem anderen Sänger (Eduardo Ezcurra) hatten, wovon allerdings lediglich eine selbstproduzierte EP mit fünf Stücken in die Annalen eingegangen ist.)

 

 

Natürlich ist die Stimme O’Connors, wie bereits bei HERMÉTICA, prägend. Rau, aggressiv, anklagend und…gewöhnungsbedürftig, aber letzteres gilt ja beispielsweise ebenfalls für die von vielen Fans heißgeliebten Stimmen von Udo Dirkschneider oder Steve Souza, mit dessen Band auch die Musik von MALÓN viele Parallelen aufweist. Packt man eine gehörige Portion (US-) Power Metal und eine Prise Tony Iommi-Riffs dazu (das Faible für BLACK SABBATH kommt auch in den Bonusstücken zum Ausdruck), dann hat man die Art intelligenten Thrash, den meiner Ansicht nach die Bands aus der Bay Area charakterisierte.

Sicherlich etwas moderner als EXODUS, aber mit nicht geringerer Durchschlagskraft. Die Tradition des „intelligenten Thrash“ wird von MALÓN fortgeführt, was ich an dieser Stelle nicht nur auf die Texte, sondern auch auf die musikalische Ausgestaltung der Stücke verstanden haben will. Gitarrist Antonio Romano versteht es trefflich, die Songs mit eingängigen Riffs voranzutreiben, diese aber im Wechselspiel mit großartigen Soli harmonisch in die Songstrukturen einzubetten. Ebenso muss die Schlagzeugarbeit von Claudio Strunz hervorgehoben werden, welche nicht nur beim Einsatz der Double-Bass sehr präsent ist. Sein präzises und variables Spiel verfügt stellenweise sogar über ein modernes groovendes Element. Drummer Claudio Strunz und Karlos Cuadrado am Bass harmonieren perfekt, wobei Strunz eindeutiger Sieger nach Punkten bleibt. Die Geschwindigkeit der Songs bewegt sich irgendwo zwischen gehobenem Mid-Tempo und Speed (Ausnahme ist das Instrumental ´30.000 Plegarias´), aber ein angenehmer Mindestgrad an Härte ist immer gegeben. Manche Songs kommen sogar so hart durch die Box, dass nicht einmal ein Diamantbohrer ihnen etwas anhaben könnte. Die bereits oben angesprochenen Texte behandeln die bei argentinischen Bands aus jener Zeit üblichen Themen, mit denen sich vor allem ihre jugendlichen Zuhörer in ihrem Alltag konfrontiert sahen und identifizieren konnten … und leider wieder können: Korruption, Polizeigewalt, Armut, Kriminalität, Arbeitslosigkeit. Themen, die man natürlich nur an seine Zuhörerschaft vermitteln kann, wenn man in der Muttersprache singt. (Im Booklet des 1996 erschienenen zweiten Albums steht: „20 Jahre nach Beginn des tragischen Prozesses … widmen wir dieses Werk dem Gedächtnis der 30.000 Verschwundenen und ihren Familien.“ Mit „tragischen Prozess“ ist der Beginn der Militärdiktatur gemeint, die von 1976 bis 1983 anhielt.)

 

 

Die beiden ersten, ursprünglich beim Label „Odeon“ erschienen CDs sind nun vom argentinischen Label „Icarus Music“ remastered und mit zusätzlichen Bonusstücken auf CD und in einer auf jeweils 300 Exemplare limitierten Auflage auf Vinyl neu aufgelegt worden. Beim Re-Release der  ´Justicia O Resistencia´ handelt es sich um eine Doppel-LP und das Coverartwork des Debüts wurde leicht abgewandelt, in diesem Fall könnte man sogar sagen, dass es erweitert worden ist. Es zeigt nun auch die restlichen drei Viertel des Bildes von José Perera, welches bisher nur im auffaltbaren Booklet der Original-CD in seiner ganzen Pracht zu genießen war.

 

 

Bei den Bonusstücken auf dem Debüt handelt es sich um zwei Coverversionen von BLACK SABBATH. Es sind diese ´Los Ojos Del Niño‘ (´Junior´s Eyes´ ) und ´Nunca Digas Muerte´ (´Never Say Die´). Die drei Bonusstücke auf dem Nachfolger sind eine Live-Version  von ´Gatillo Fácil´ aus dem Debüt und zwei sehr gute neue Stücke.

 

 

Es ist wirklich sehr schade, dass die Musik vom anderen Ende der Welt in unseren Breitengraden so unbekannt ist, denn verdient hätte sie es alle Mal. Ich bezweifle, dass diese beiden Re-Release daran etwas ändern werden, aber zumindest ich gebe hiermit dafür mein Bestes.

Es handelt sich bei diesen beiden Scheiben um essentielle Meisterwerke, weswegen sich eine Benotung erübrigt! 😉

 


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