Livehaftig

TRIUMPH OF DEATH & KETZER

~ 19.06.2019, Nachtleben, Frankfurt/M. ~


Besser hätte man den Bandnamen nicht wählen können, denn exakt ein Triumphzug sollte es werden, das allererste Konzert der HELLHAMMER-Tribute-Band TRIUMPH OF DEATH um Thomas Gabriel Fischer aka Tom Warrior im kuscheligen Frankfurter Nachtleben.

Die beiden Warm Up-Shows für die anstehenden Auftritte auf u.a. dem Hellfest, Kilkim Žaibu, Wacken, Brutal Assault und PartySan sowie später in Übersee waren in kleine Clubs gebucht, einen Tag später gastierte das Quartett in Essens Turock, und es gab sogar beinharte Fans, die beide Auftritte besuchten…aber jetzt ist erstmal die Live-Premiere angesagt, und entsprechend dem Mythos um HELLHAMMER ist der Abend natürlich schon längst ausverkauft. Also runter in den wohnzimmerkleinen Club und aufgemerkt!: „Denkt an die Elektrolyte!“… 😉

 

KETZERs Aufgabe des Anheizers kann man heute tatsächlich nur im übertragenen Sinne verstehen, ein schwülheißer Sommertag und die Vorfreude auf eine legendäre Band reichen vollkommen aus, um Nacken und Fäuste von Beginn an zu lockern. Auch wenn einige sich bereits jetzt ihren Platz in der ersten Reihe für die Hauptband gesichert haben, drängen auch für die Kölner einige Fans nach vorne und feiern deren leidenschaftlichen Auftritt ab, die sich von der Hitze kein bisschen beeindrucken lassen.

Sie präsentieren sich heute mit Songs aus allen vier Langeisen und Schwerpunkt auf dem neuen Album ´Cloud Collider´, ihr roher, jedoch immer wieder mit viel Atmosphäre angereicherter Blackthrash macht nicht nur den Jungs auf der Bühne viel Spaß, sondern ebnet auch mächtig und mit Highspeed den Weg für die Herren plus Dame, wegen denen schließlich doch alle heute hier sind.

Setlist KETZER:
Keine Angst
The Fever’s Tide
Starless
Cloud Collider
Forever Death
The Wind Brings Them Horses
Witchcraft
Satan’s Boundaries Unchained
The Fire to Conquer the World
(The Taste of) Rust and Bone

 

Die kurze Pause dient dann vor allem zum Sauerstoff auffüllen, Bandshirt und Elektrolytnachschub sichern, dann geht`s hurtig schon während des Umbaus wieder runter, denn mittlerweile haben sich die ersten Reihen panzergleich formiert, ein richtiges Durchkommen ist da bereits jetzt nicht mehr möglich. Zu unserem Entzücken läuft als Pausenmusik DEAD CAN DANCE, die wir gerade vor drei Tagen hier in Frankfurt in der Alten Oper erleben durften! Tja, aber wundern tut es uns natürlich nicht, Toms exzellenter Musikgeschmack ist ja bekanntlich äußerst breit gefächert. Dann geht endlich das Licht aus und die Jubelchöre an, als erster erscheint der Drummer von TRIUMPH OF DEATH und stellt erstaunt fest, dass der Techniker noch auf seinem Hocker sitzt, man sieht Tom bereits am Bühnenrand und der Jubel wird noch ekstatischer, er kommt ungewohnt freudestrahlend auf die Bühne, beginnt mit ´The Third Of The Storms´und markiert damit die Marschroute für die nächsten 60 Minuten (=Schätzung, vor Begeisterung haben wir ganz vergessen auf die Uhr zu schauen…). Hui, geht da die Post ab! Alle geraten in Bewegung, und man kann es sich kaum vorstellen, aber es gibt noch eine Steigerung von „schwitzen“…

Nach dem zweiten frenetisch bejubelten Lied, dem schmerzensreich doomigen ´Massacra´, begrüsst der Warrior das Publikum und freut sich über bekannte Gesichter: “Hallo Freunde! Es ist schön, Euch zu sehen. Ahh, Dennis ist auch da, das ist ja ein richtiges Familientreffen…!“, und weiter geht`s mit extraschnellem Punk’n’Thrash-Proto-Extremmetal vom Allerfeinsten. Tom kündigt ein „romantisches Liebeslied“ an, und ´Decapitator´ fräst uns zumindest mal die Schädeldecke weg. Man muss zugeben, dass der Altersdurchschnitt des Publikums nicht weit weg von dem der Band liegt, trotzdem gibt es ganz schnell einen Moshpit und diverse Stagediver werden Zentimeter unter der niedrigen Decke herumgereicht. Vor lauter Highspeed kommt man gar nicht zum ehrfürchtigen Worshippen, schweißnasses verbliebenes Haupthaar folgt den Gyralkräften sowie der Gravitation auch bei unter 45 rpm, die klatschnassen Menschen hier unter dem Höllenhammer singen glückselig jede einzelne Zeile textsicher mit, und rufen in den Pausen, dass sie immerhin 30 Jahre darauf gewartet hätten! Da muss keiner mehr groß zum perfekten „Ugh!“ animiert werden, es sprudelt nur so aus uns heraus. „Ugh!“, der ‚Aggressor‘ regiert unser Nervenkostüm, „Ugh!“ wir schreien es so oft wie der Meister uns auffordert, und fügen noch „Hell-ham-mer, Hell-ham-mer“-Chöre hinzu. Was für ein Ritt!

´Crucifixion´ zocken TOD im Überschall, so dass der Refrain eher nach „Crucif..nnn“ klingt, was für ein Spaß, das fühlt sich an wie die ersten Konzertbesuche in einem abgeranzten Jugendzentrum…und offensichtlich geht es der Band genauso. Die neue ABBATH-Bassistin Mia Wallace (aka Soulfucker, KIRLIAN CAMERA) gewinnt dabei eindeutig den Coolnesspreis, so groß ist sie nicht nur am Bass, sondern auch im Posen. Da wird so manchem noch heißer, nur gut, dass der Chef uns ermahnt: „Denkt an die Elektrolyte!“. Vervollständigt wird die Band mit André Mathieu (PUNISH, UNLIGHT) an Gitarre und Vox, sowie Alessandro Comerio (aka Algol, FORGOTTEN TOMBS, HIEMS) an den Drums. Tom Warrior bleibt mit der Verpflichtung eher unbekannter Musiker seiner Devise treu, dass die großen Namen nicht unbedingt auch große Künstler sein müssen.

Interessant ist, wie sehr Tom Warrior mit HELLHAMMER viele der späteren Entwicklungen im Metal bereits vorweggenommen oder zumindest angedeutet hat. Der Übergang zwischen thrashiger Härte, Rock’n’Roll-Rotz, punkiger Geschwindigkeit und Wut hin zu Black Metal-Rohheit und Kälte, sowie Death Metal-Rhythmik und -Technik ist im Rückblick extrem faszinierend und vor allem eindrucksvoll, und gerade die doomigen Passagen weisen in die Gegenwart, die damals noch weit in der Zukunft lag…

Ich habe ihn auch schon sehr lange nicht mehr so krass „singen“, lies: kreischen hören, und das ganze Ding hier taugt wirklich allen zum Jungbrunnen. Jugend durch Schweiß, sozusagen. Oder wie es ein Besucher später auswring, äh ausdrücken wird: „Mein T-Shirt tropfte, und 40% der Feuchtigkeit war Fremdschweiß!“. ´Messiah´ fordert nochmal alles von unseren Stimmbändern, und mit ´Visions Of Mortality´, dem letzten vor dem Ende von HELLHAMMER zusammen mit Martin E. Ain komponierten Song, kommt auch ein Hauch CELTIC FROST zum Zuge, auf deren ´Morbid Tales´ er schließlich veröffentlicht wurde.

 

Und dann – purer Doom, ein schier endloses Intro kündigt natürlich als letzten DEN Song des Abends an. Wie heutzutage mit ´The Prolonging´ lässt Tom den Abend ausschweifend ausklingen. Doch dann der Eklat: Coitus interruptus, Andre an der Gitarre verpasst seinen Einsatz und kommt zu früh, und erhält postwendend die große Schule des Abstrafens – der Alphawolf bricht ab: „You`re all fired! This is the first time in my career that I stop a song!“. Doch es muss natürlich weitergehen, und beim zweiten Versuch klappt schließlich auch alles.

Aus Essen hörte man später von einem musikalisch noch perfekteren und auch stimmungsmässig kaum zu toppenden Abend, doch wer heute hier dabei war, nimmt die Erinnerung an einen unvergesslichen Abend mit nach Hause – oder auch nach einem Absacker im Irish Pub mit ins Hotel. Ughhh!!!

PS: Denkt an die Elektrolyte! ☝️

In Frankfurt worshipten, bangten, tranken und schwitzten: U. Violet & D. F. Heinkele

 

Setlist TRIUMPH OF DEATH:
The Third Of The Storms (Evoked Damnation)
Massacra
Maniac
Blood Insanity
Decapitator
Crucifixion
Reaper
Buried And Forgotten
Aggressor
Revelations Of Doom
Messiaaaaaaahhhhhhhhhh!
Visions Of Mortality
Triumph Of Death (as its own encore)

 

 


Bilder: U.Violet