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AVANDRA – Descender

~ 2019 (Blood Music) – Stil: Klassischer Progressiver Metal ~


XILLA, TANAGRA und nun AVANDRA. Ziehe ich Gruppen mit einer Endung auf „A“ an? Und warum bin ich gerade gefangen im Universum des Progmetal? Mmmh – vielleicht weil momentan ein wahrer Dauerregen an Highlights dieser Sparte stattfindet. Dazu noch die neue ARCH / MATHEOS, da soll man mal ruhig bleiben. Also: Valium rein, um nicht total überzappelt ein weiteres übermotiviertes Review rauszuhauen.
Wie lange braucht so ein Valium, um zu wirken? Naja, viel hilft viel, also den ganzen Streifen rein, Kaffee dazu und los geht’s. Tja, hilft alles nichts, denn auch diese zweite Veröffentlichung der Jungs aus San Juan, Puerto Rico, packt mich sanft an meinen primären Geschlechtsorganen. Und wieder einmal ist alles anders und individuell. AVANDRA gehen klassischer zu Werke, kreieren OPETH’sche Stimmungen, lieben virtuose Keys und Gitarrensynths, können ebenfalls Doublebass, wissen genau, wie Spannungsbögen erzeugt werden und tendieren eher in Richtung der großen MAGELLAN, SHADOW GALLERY als auch SPOCK’S BEARD.

 

 

Eindeutig dem Progmetal zugehörig finden sich jedoch allgegenwärtig klassische Progressive Roots, deren letzter Schliff diese erwachsene Stimme von Christian Ayala (aka Volteau) ist. Das Anfangsdoppel ´Beyond The Threshold – Part 1 – Helios Awakens / Part 2 – Helios Descends´ beseitigt schonmal alle Kaufentscheidungszweifel, bevor man bei ´A Decision Must Be Made´ bereits bestellt hat, sich zurücklehnt und einem Chorgesang á la CROSBY, STILLS & NASH oder BARCLAY JAMES HARVEST lauscht. Die hervorragende Akustik- und Solo-Gitarrenarbeit von Luis Javier Rivera Guilbot setzt das I-Tüpfelchen auf dieses wunderbar sentimentale Stück, welches durchaus auch ANATHEMA Qualitäten besitzt.

Flotter und progressiv vertrackt zeigt ´The Narrowing Of Meaning´ speziell die Rhythmusgruppe Gabriel Rodríguez Martinez (Tieftonartistik) und Adrián Arroyo Schuck (Schlagwerk) von ihrer technisch überragenden Seite. Erneut fällt auf, wie brillant sich der warme Gesang Volteaus von allen High-Pitchern des Genres absetzt und einfach ein wohliges Gefühl hinterlässt. Einfach traumhaft. Selten so eine Verbindung von fettem Riffing, flotten Drums und immer wieder gefühlvollen Passagen mit unnervigen, mal dramatischen, mal klassisch inspirierten Solos gehört. Da wo Villa Riba sich hektisch im Abwasch verliert, strahlt die reinigende Kraft von Villa Bacho (hier: AVANDRA) über dem verzückten Haupt des Rezensenten. Ja, ich glaube mit dem Verweis auf die kongenialen Österreicher SECOND RELATION könnte man euch am Ehesten locken.

Damit wäre schon nach der Hälfte der Songs alles Wissenswerte gesagt, käme ´Even You´ nicht so mächtig entspannt-episch wie DEADSOUL TRIBE rüber, wären die dreizehn Minuten ´Adder’s Bite´ nicht eine einzige Offenbarung, würden die ´Derelict Minds´ mit Gaststar Kevin Moore das meinige nicht mit einem psychotischen Walzer komplett zerlegen und hätte ´Q.E.´ nicht gigantische Synth-Sphären-Rausschmeisserqualitäten.

Fertig. Fix und fertig. Entweder hat das Valium nicht gewirkt, oder diese Band entwickelt ein dermaßen starkes Gegenmittel mit ihrer Musik, dass ich mich schon wieder den höchsten Werten meiner „Perfektes Dinner“ Punktekarten nähere. Wie gut, dass ihr mittlerweile alle wisst, wie ich ticke, dann können wir uns auch diesmal eine Schulbenotung sparen. Möglicherweise hilft euch noch die Bemerkung, dass der Abwechslungsreichtum und die Gefühlspalette – ständig einem roten Faden folgend – eine Gesamtstimmung hinterlässt, die letztes Jahr nur OLD MAN WIZARD bei mir erzeugen konnte. Mal gespannt, ob in zehn Jahren mal jemand Klassiker dazu sagt.

 

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