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INTER ARMA – Sulphur English

~ 2019 (Relapse Records) – Stil: Extreme Metal ~


Vorab: Sulphur English ist die düsterste, aber auf ihre nahezu einzigartige Art auch brutalste Platte, die INTER ARMA bisher gemacht haben. Zugleich sind die neun Songs mehrdimensionaler und mutiger als das Schaffen auf den vorigen Alben Sky Burial‘ (2013) und Paradise Gallows‘ (2016). Am ehesten kommt ‘Sulphur English‘ dem schon sehr gewagten Stil-Potpourri auf ‘Paradise Gallows‘ gleich.

Bei INTER ARMA machen stets die Zutaten einen Großteil des Zaubers aus. Sie sind, um in Vergleichen zu sprechen, generell eine Mischung aus YOBs böser Seite, MORBID ANGELS Sinn auch für schleppenden Death Metal und PINK FLOYDS Eskapaden in den 1970ern. Dazu eine gute Prise NEUROSIS hier, dort ein bisschen CROWBAR fertig! Eher elaboriert, rund 70 Minuten Musik sollten es schon immer sein. Früher sagte man: CD-Länge.

Auch Sulphur English dauert in etwa so lange. Und wird nie langweilig. Das Album ist noch mutiger als die bisherigen. Noch unmittelbarer. Es ist nicht ihr härtestes, aber sicherlich ihr bösestes Werk. Hinzu kommt eine neue Facette: Halboffene Türen nach ‘Paradise Gallows wurden nun vollends aufgestoßen. Songs wie ‘Howling Lands, Destroyer und Summer Drones sind Doom bis Drone vermählen aber auch NICK CAVE mit NEUROSIS, YOB und SUNN O))). Vermeintliche Gegensätze, gekonnt vereint. Das heißt auch: Der Tempo-Wechsel ist ein häufig genutztes Mittel bei INTER ARMA.

Dann gibt es Lieder wie A Waxen Sea und Citadel. Ersteres ist eine Mischung aus unerbittlich zähfließender Sludge-Lava, begleitet von üblem Todesknurren und langen Passagen DEATHSPELL OMEGAähnlichen Black Metalswährend letzteres eher Stoner-Routine ist; bis es voll auf die Mütze gibt, mit einem SLAYERmäßigen Gitarrensolo voller Wahnwitz. Dann kommt ‘Stillness‘. Sanft und zart. Dauert zehn Minuten. Fesselnd. Auf die schönste und ruhigste Art, die diese Platte zulässt. Am Ende kalkulierte Kakophonie, kontrolliert auf Krawall gebürstet. Dient dem Übergang.

Es folgt der Wandel ab Albumhälfte zwei: Hier regieren Wahnsinn und Verzweiflung. Es sind zugleich auch in die vielleicht besten 30 Minuten Musik, die diese Band bisher aufgenommen hatund das ist beileibe kein leichtfertig geäußertes Kompliment. Beispiel ‘The Atavist‘s Meridian‘: Selten entfalten Songs eine so erschöpfende (weil fast schon körperlich fordernde) und faszinierende Wirkung. Das Trommeln von T. J. Childers ist insbesondere hier monströs. Hingebungsvoll mit hypnotischer Wirkung, es zieht dich herab und herab und herab. Der abschließende Titel-Song deckt das gesamte Spektrum aller gemeinen Dinge ab, die diese Band auf dich loslassen kann: sludgy, technisch-vertrackte Riffs direkt aus dem Drehbuch der Apokalypse, dissonante Wirbelstürme, ein bisschen Ruhe – dann die Katharsis: pure f*ckin‘ Extreme Metal. Schlag auf Schlag ohne Gnade. Ein absolutes MonsterFinale.

Offensichtlich ist das keine Musik für die Massen. Kein Fast Food für Song-Skipper. Diese Platte ist ein auditiver Alptraum für den Durchschnitt. Aber: was für Masochisten. Und: vielleicht ein Meisterwerk.

(8,5 Punkte)


(VÖ: 12.04.2019)