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SABOTER – Architects Of Evil

~ 2018 (No Remorse Records) – Stil: Heavy Metal ~


Meiner Wahrnehmung nach sind die allermeisten Rezensenten der Meinung, dass nach der Feststellung „Band XY hat den Metal nicht neu erfunden“ konsequenterweise auch gleich eine spürbare Abwertung des rezensierten Werkes einher gehen muss (Nein, es gibt genügend Beispiele, dass Nachahmer selbst Originale übertreffen – Anm. d. Red.)

Warum?? Man kann Hähnchen in Schokoladen-Ingwersauce essen und sich Woody Allen-Filme im Kino anschauen, aber was ist gegen die Verfilmung eines Marvel-Comics, oder ein Grillhähnchen einzuwenden? Voraussetzung ist natürlich, dass Regisseur bzw. Koch ihr Handwerk verstehen. Genau das trifft für die fünf Jungs von SABOTER zu. Sie spielen klassischen Heavy Metal, gewürzt mit einer Prise Power und einer Spur Thrash. Alles gut verrührt und heiß serviert lassen sich klare Noten von Klassikern wie PRIEST, MAIDEN, ICED EARTH, aber auch neueren, insbesondere schwedischen Bands wie z. B. RAM heraus schmecken…äh…hören. Das Ganze ist so abwechslungsreich, die hochwertigen Zutaten in einem so ausgewogenem Verhältnis enthalten und man hat sich sogar getraut, einige neue frische Ingredienzien hinzuzufügen, dass man nicht umhin kommt, dem Ganzen auch eine künstlerische Note zuzugestehen.

Was mir beim Hören dieser Scheibe gleich auffiel, war das sehr abwechslungsreich eingesetzte Schlagzeug. Leider keine Selbstverständlichkeit und etwas, was mir auf Grund des monotonen Schlagzeugeinsatzes bei der Mehrzahl der (europäischen) Power Metal-Bands gehörig auf die Nerven geht. Glanzpunkt sind aber die beiden Gitarren, die sowohl mit treibenden Riffs als auch eingängigen Melodien aufwarten und sich in wunderbarer Manier miteinander, aber auch mit dem durchaus eigenwilligen Sänger Antonis Vailas duellieren. Letzterer wartet mit einer angenehm rauen, aber kraftvollen Stimme auf, die er variabel zwischen tiefen und sehr hohen Tonlagen einsetzt, wobei sie manchmal aber auch (auf sehr charmante Weise) etwas schräg klingt.

Gleich das erste Stück geht in bester JUDAS PRIEST-Manier nach vorne los, was durch Antonis Gesang noch zusätzlich untermauert wird und…zieht mittendrin den Bremsfallschirm. Mutig und zugleich genial, denn dadurch wird Atmosphäre aufgebaut, was bei dem Thema des Songs (Chtulhu und so…siehe unten) richtig gut passt. Das Stück nimmt dann erneut Fahrt auf, um am Ende wieder an seinem Ausgangspunkt anzukommen. So schließt sich der Kreis. Ein sehr gelungener Opener. Es bleibt auch die nächsten sechs Stücke lang spannend und kurzweilig. (Auf der CD gibt es übrigens das Bonusstück ´Lamias Call´, welches noch aus der ´Mankind Is Dead´-Ära stammt, womit es dann auf diesem Tonträger summa summarum acht Stücke wären. Und schon wieder ist der Vinyl-Liebhaber benachteiligt. Das ärgert mich jedes Mal kolossal.) Mal erinnern die Gitarren an die eiserne Jungfrau, mal der galoppierende Rhythmus an ICED EARTH, mal kommen (auch gesanglich) parallelen zu 80er USMetal auf und das alles mit warmen, aber dennoch dunklen Melodien unterlegt.

Musikalisch passt das also alles sehr gut zusammen und auch textlich verlässt SABOTER, zumindest was die Grundeinstellung angeht, nicht die altbewährten Pfade des klassischen Metal. Die ersten beiden Stücke behandeln den Cthulhu-Mythos von H.P.Lovecraft (nicht sonderlich einfallsreich) und das epische ´To Glory We March´ (der Titel sagt alles) , malen heroische Schlachtengemälde vor das geistige Auge. In diesem Fall kämpfen 4.000 Helden unter dem Banner des ´Steel King´ (sic) gegen christliche Unterdrücker.

Zeilen wie:

´From the Aegean Sea
To the ice of the mother north
We won’t serve, no! We won’t kneel´

oder

´Four thousand arrived with courage at heart
From death we escape to glory we march´

stammen aus dem klassische Heavy Metal-Repertoire. MANOWAR wären stolz auf SABOTER. Dennoch verzichten SABOTER auf unsägliche Mitsingrefrains und kitschige Chöre … Gott sei Dank!

Beim letzten Stück warten die Athener dann aber doch noch mit einer Überraschung auf. Keine Klischees mehr, sondern ein sehr ernstes Thema. Das Lied handelt nämlich vom Smyllum Park Orphanage in Lanark (Schottland), in welchem jahrzehntelang Waisenkinder von Nonnen misshandelt wurden, bis dieses 1981 geschlossen wurde. SABOTER können also auch anders. Weiter so!

Eigentlich konnte man sich darauf verlassen, dass Chris Papadatos („No Remors Records“) gewusst hat was er tat, als er SABOTER für ihre zweite Langrille unter seine Fittiche genommen hat. Die 2014 in Athen gegründete Band hatte bereits 2015 eine EP (siehe hier) und 2016 ihr Debüt beim mittlerweile dahingeschiedenen deutschen Label „Witches Brew“ veröffentlicht. Von der Gründungsformation sind auf dieser Veröffentlichung nur noch drei Musiker, wenngleich mit etwas verteilten Rollen, verblieben. Nach dem Weggang des Original-Bassisten übernahm der ehemalige Rhythmus-Gitarrist Nick Markoutsakis auf dem vorliegenden Oeuvre den Bass und Neuling Apostolos Papadimitriou übernahm seine vakante Stellung. Zeitgleich verließ auch Drummer Vagelis Felonis die Band, um sich voll und ganz seiner zweiten Band, nämlich den aufstrebenden und sowohl auf Konserve als auch live für Furore sorgenden SACRAL RAGE, zu deren Gründungsmitgliedern er ebenfalls gehört, zu widmen. Eine verständliche Entscheidung. Ersetzt wurde er durch den in meinen Ohren hervorragenden (s.o.) John Votsis. Komplettiert wird das Line-Up durch Chris Tsakiropoulos an der Leadgitarre.

Für alle Traditionalisten und Dauergäste auf dem ´Keep It True´oder ´Headbangers Open Air´ ist diese Scheibe (und die beiden Outputs davor) meines Erachtens eine Pflichterwerbung.

Kaufen, auflegen, aufdrehen und hoffen, dass man sie demnächst live zu Gesicht bekommt. (Glücklich jene, die sie zusammen mit SACRAL RAGE und ARMORY im März auf ihrer Mini-Tour in Deutschland gesehen haben, oder diese Wochenende auf dem ´Up The Hammers´ in Athen weilen. Ich beneide euch.)

Ich vergebe überzeugte 8,75 Punkte

(0,25 davon sind für die Textzeile aus ´The Temple Of R’lyeh´, Leser  die mich kennen, wissen wieso:
The plasma of stars will awaken, To claim its power´)