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DZJENGHIS KHAN – Dzjenghis Khan

~ 2007/2019 (Heavy Psych Sounds) – Stil: Psychedelic / Acid Rock ~


Dschingis Khan, oder mongolisch Temudschin, vereinte im frühen 13. Jahrhundert die mongolischen Stämme. Mit einem riesigen Reiterheer eroberte er die halbe, damals bekannte Welt, vom Kaspischen zum Japanischen Meer und verheerte das östliche Europa. Er ließ seine Krieger besonders grausam vorgehen. Daher rührte sein Beiname Geisel Europas. Zur Verwaltung seines Reiches ließ er eine Schrift entwickeln und setzte für alle verbindliche Gesetze durch. Zwei Generationen nach seinem Tod zerfiel das Reich. Der Ruf Dschingis Khans blieb aber über die Zeiten und inspirierte Schriftsteller, Maler und Musiker zu ihren Werken. Auch für verschiedene Filme bot sein Leben Stoff. Und er gab der vorliegenden Band seinen Namen. Ob und welche Musik er gehört hat, können wir heute kaum noch nachvollziehen. Ob er DZJENGHIS KHAN geniessen würde, wäre reine Spekulation.

1977 in San Francisco gegründet, haben DZJENGHIS KHAN 2007 ihr wohl erstes Album in der Besetzung Binksebus Eruptum am Bass (was für ein Pseudonym!), der in Wirklichkeit womöglich Carson Binks heißt, Drummer Tommy Tomson und Lane Rider an der Gitarre in Holland via Motorwolf auf den Markt gebracht – und läuteten damit die Rückkehr des Psychedelic Rock ein. Dieses Werk erscheint 2019 als Wiederveröffentlichung via Heavy Psych Sounds auf CD, Vinyl und Download. Viel mehr ist über DZJENGHIS KHAN nicht bekannt. Die Identität der beteiligten Musiker wurde nie geklärt und die 333 Line-up-Wechsel nie belegt. So muss die Musik ganz für sich alleine stehen.

Was schallt also Mysteriöses aus den Boxen? Zehn Songs, so dermaßen Lo-Fi, dass nicht zu erkennen ist, wann die Aufnahmen erfolgt sind. Sie könnten Mitte der 70er in einer Garage entstanden sein, oder im neuen Jahrtausend, in der Nachfolge der Originale. Das hypnotische Instrumental ‚Snake Bite’ zieht den Hörer direkt in seinen Bann. Und das komplette Album lässt ihn tatsächlich nicht mehr los. Der Bass brummelt im Untergrund, treibt die Songs zusammen mit dem Schlagzeug nach vorne. Dazu jammert, singt, schreit und kreischt die Gitarre. Der Gesang bewegt sich zwischen aggressiv und verzweifelt, ohne ins Weinerliche abzudriften.

Das Songwriting ist durchweg gelungen, so dass es sich fast verbietet, Stücke hervorzuheben. Dennoch sollen zwei erwähnt werden. Das kurze, rockige ‚Against The Wall’ mit Vocals, die an Rap aus den Eighties erinnern, sowie ein weiteres Highlight mit dem Acht-Minüter ‚Rosie’. Ein Gitarrensolo führt in das Lied hinein, welches sich zu einem Trip entwickelt. Augen schließen und fortfliegen, könnte das Motto an dieser Stelle heißen.

Zur Beruhigung steht als Abschluß des Albums ein kurzes Akustikgitarrenstück. ‚Sister Dorien’ zeigt, dass DZJENGHIS KHAN auch die leisen Töne beherrschten. Die lauten Klänge sind jedoch die dominierenden. Das tun sie mit aller Macht und sehr erfolgreich – und sorgen für viel Freude beim Hörer.

(7,5 Punkte)